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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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gesellte sich ein distinguierter Herr mit grauem Haarkranz und Wohlstandsbauch zu ihnen. Ein gewisser van Weinhuus, der Lea im Foyer überschwänglich wie eine gute Bekannte begrüßt hatte. »Wie hübsch Sie sich wieder einmal zurechtgemacht haben, mein Kind«, plauderte er fröhlich auf sie ein. »Ganz wunderbar, die Grazie in Person, alle anderen Damen sind bei Ihrem Anblick von Neid erfüllt.« Während seiner Lobpreisungen klopfte van Weinhuus einem kühl dreinblickenden Adam unablässig die Schulter, als wolle er ihm zu seinem erfolgreichen Rennpferd gratulieren.
    Unterdessen suchte Lea noch immer verzweifelt ihre Erinnerung ab.Woher kannte sie diesen Mann? Sie glaubte, sich dunkel an van Weinhuus' Gesicht mit den Hängebacken zu erinnern. Das Abendessen vor ein paar Tagen bei diesem exquisiten Italiener, bei dem sie wegen des Cocktails aus Schlafmittel und Alkohol vollständig von der Rolle gewesen war, dämmerte es ihr schließlich. Nun verstand sie auch, warum van Weinhuus mit ihr wie mit einem kleinen Kind sprach, das man bloß nicht überfordern durfte und besser bei Laune hielt. Wahrscheinlich sollte sie dankbar dafür sein, dass sich über diesen Abend der Schleier des Vergessens gelegt hatte.
    Peinlich berührt schweifte Leas Blick zur Seite und fiel auf van Weinhuus' Gattin: eine Eisprinzessin wie aus dem Bilderbuch, samt eingefrorenem Lächeln und dauerhaft überrascht aussehenden Augen. Madame Gattin hatte längst mit dem Rest der kleinen Gesellschaft in derselben Loge Platz genommen und schaute nun ungeduldig zu ihnen herüber.
    Doch van Weinhuus schien noch nicht gewillt, sich zu ihr zu gesellen. Vielmehr trat er einen Schritt zur Seite und gab die Sicht auf einen Asiaten mittleren Alters frei, der einen überaus vornehmen Smoking trug. Der Mann erhob sich mit Anmut und fixierte unumwunden Adam, der den Blick mit gleicher Intensität erwiderte.
    Das rundliche Gesicht des Mannes wurde von tief liegenden Augen hinter dicken Brillengläsern dominiert. Seine Haut war großporig und erinnerte von der Farbe her an eine Zeitung, die wochenlang vergessen auf der sonnigen Fensterbank gelegen hatte. Die Mundwinkel hingen schlaff herunter und verliehen ihm den Ausdruck eines Quenglers. Doch Mimik und Körperspannung strahlten Disziplin und Ehrgeiz aus, gepaart mit einem hohen Maß an Neugierde. Dieses hoch konzentrierte Interesse ließ sich auch nicht verbergen, denn sein Blick blieb ungebührlich lange an Adams Gesicht hängen, der ihn mindestens um zwei Kopflängen überragte.
    Väterlich legte van Weinhuus dem Asiaten die Hand auf die Schulter und unterstrich die Bekanntmachung mit einer ausladenden Geste. »Mein lieber Freund, das hier ist Doktor Kizu Akinora, von dem ich Ihnen schon so viel erzählt habe. Adam ist sehr an Ihrer Forschung interessiert, müssen Sie wissen. Er ist zwar ein Laie, aber im aktuellen Forschungsstand besser bewandert als manch einer Ihrer Kollegen, wenn ich das unter uns einmal so behaupten darf.«
    Fragend blickte Lea Adam an, denn sie konnte sich nicht vorstellen, auf welchem Forschungsgebiet er es mit diesem Akinora aufnehmen konnte. Der berechnend wirkende Mann erweckte nicht gerade den Eindruck, ein Vertreter der Geisteswissenschaften zu sein.
    »Die Richtung, in die Ihre Experimente zielen, haben mein Interesse geweckt. Sie scheinen tatsächlich vor einem Durchbruch zu stehen«, erklärte Adam, die an seinem Arm zupfende Lea ignorierend. »Allerdings hat sich bei mir der Eindruck eingestellt, dass Ihnen zur Lösung des Problems noch etwas Besonderes fehlt.«
    »Ja«, erwiderte Akinora mit einem angedeuteten Nicken. »Damit könnten Sie recht haben. Haben Sie vielleicht eine Idee, mit der Sie mir auf die Sprünge helfen könnten? Ich würde mich für jede Unterstützung ausgesprochen dankbar zeigen.« Als Adam nicht sogleich antwortete, hakte Akinora noch einmal nach. »Wenn Sie sich so sehr für meine Forschung interessieren, können Sie sicherlich auch ermessen, wie weit ich für einen Durchbruch gehen würde. Also, haben Sie etwas für mich?«
    Mit einer Hand fuhr Adam über seinen Nacken, als wolle er einen unsichtbaren Griff abschütteln. »Vielleicht«, antwortete er schließlich.
    Van Weinhuus setzte ein breites Lächeln auf, als hätte er die beiden Männer gerade vor den Traualtar geführt.Adam und KizuAkinora hingegen musterten sich weiterhin ununterbrochen, als ringen sie auf einer unsichtbaren Ebene miteinander. Dann verzog Akinora seinen Mund zu einem

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