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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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widerwilligen Lächeln und deutete mit dem Kopf eine leichte Verneigung an.
    Während van Weinhuus ein aufgesetztes Lachen erschallen ließ, beugte er sich zu Lea und zog sie am Ellbogen ein Stück zu sich herüber. »Und das hier ist seine bezaubernde Begleitung Lea - eine sehr reizvolle Persönlichkeit, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben. Die junge Dame versteht es auf beeindruckende Weise, eine Gesellschaft zu unterhalten.«
    Zunächst schien es so, als wollte Akinora Lea lediglich einen flüchtigen Blick schenken, aber dann blieb das Augenpaar mit dem gelblichen Stich an ihr hängen. Dabei fühlte sich Lea weniger wie eine besonders attraktive Gespielin, die man ruhig einmal genauer betrachten durfte, sondern eher als Gegenstand einer wissenschaftlichen Analyse.
    »Lea also ... ganz wunderbar«, sagte Akinora mit kaum hörbarer Stimme und zog die Mundwinkel hoch, als hätte man ihm etwas Appetitliches vor die Nase gestellt.
    Gebannt hielt Lea dem Blick stand, während Adam mit schlecht verhohlener Erleichterung auf den Gong reagierte, allen einen »schönen Abend« wünschte und Lea mit sich zu ihren Plätzen ziehen wollte. Doch mit einem unerwarteten Ruck befreite sie sich von seinem Griff. »Doktor«, sagte Lea selbstsicher, wobei sich ihre Augen zu Schlitzen verengten.
    »Doktor Lea also«, erwiderte Akinora heuchlerisch. »Und worin, wenn man fragen darf?«
    »Literatur. Und was ist Ihr Gebiet, Doktor Kizu?«
    Akinora lächelte weiter, aber es gelang ihm nicht, dass unwillige Zusammenfahren seiner Brauen zu überspielen. Ja, so schnell kann man vom Objekt zum Subjekt werden, dachte sich Lea mit erhobenem Kinn.
    »Genetik«, erwiderte er kurz angebunden, und seine Stimme versank in den ersten Tönen von Verdis Tosca.
    Adams und Leas Plätze lagen schräg hinter Akinoras, so dass Adam sich nur hätte nach vorn beugen müssen, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Doch Adam scherte sich während der Dauer der Oper genauso wenig um Akinora, wie er sich um Lea bemühte. Seine Distanziertheit ärgerte sie so sehr, dass sie kurz mit dem Gedanken spielte, ihn zu fragen, ob er sich über ihren Schlagabtausch mit Akinora aufgeregt habe. Aber ein Blick aufsein abweisendes Gesicht brachte sie rasch wieder zur Räson. Seine Stimmung war mit einem Schlag gekippt, seit Akinora ein Interesse an Lea gezeigt hatte. Aus irgendeinem nicht ersichtlichen Grund bereute es Adam seit diesem Moment, sie in die Oper mitgenommen zu haben. Was immer er geplant hatte, er war mit dem Ausgang offensichtlich unzufrieden. Seine Kiefermuskeln waren so angespannt, dass die Wangenknochen scharf hervortraten. Zwar gab er vor, sich auf die Musik zu konzentrieren, doch seine Finger trommelten in einem vollkommen anderen Takt auf die Oberschenkel. Dabei musterte er immer wieder Leas Profil aus den Augenwinkeln, so dass sie zusehends nervöser wurde. Sie ertappte sich dabei, im Rhythmus seiner Finger mit dem Fuß zu wippen. Sie konnten also beide nicht die wunderbare Musik genießen.
    Ein weiterer verschenkter Abend.
    »Warum interessiert dich dieser Doktor Kizu Akinora?«, fragte Lea schließlich, während eine Arie frenetisch vom Publikum beklatscht wurde. Auch wenn Adam Akinora seit ihrer kurzen Begrüßung nicht weiter beachtet hatte, so hegte sie den Verdacht, dass der ganze Opernbesuch nur dem Zweck gedient hatte, diesem asiatischen Genforscher vorgestellt zu werden.
    Adam überging die Frage, indem er den Blick stur geradeaus gerichtet hielt, gerade so, als trenne sie eine schalldichte Glaswand voneinander. Sie blinzelte und versuchte, ihre Enttäuschung über sein Schweigen hinunterzuschlucken. Eigentlich hatte sie doch auch nichts anderes erwartet, tröstete sie sich.
    Mitten im Allegro erklang dann das monotone Piepen eines Handys, und alle Augenpaare in der Loge richteten sich auf Akinora, der ungeniert einen Anruf entgegennahm. Sekunden später eilte er dem Ausgang entgegen. Sein letzter Blick galt Lea.
     

13. Schwarze Spitze
    Sobald der letzte Ton der Oper verklungen war und der Applaus durch den Saal brandete, verabschiedete Adam sich knapp von einem verdutzt dreinschauenden van Weinhuus. Ohne jeden weiteren Kommentar fuhr er Lea nach Hause, die sich inzwischen grimmig in ihr Schicksal gefügt hatte. Wahrscheinlich würde Adam ihr gerade noch genug Zeit zugestehen, vor ihrer Haustür aus dem Wagen zu springen, um dann mit quietschenden Reifen davonzufahren.
    Umso erstaunter war sie, als Adam den dunkelgrauen Wagen abschloss, nachdem er

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