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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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bösartiges Lächeln, das sie endgültig aus der Benommenheit riss. Dann umfasste er ihren Nacken und drückte ihr einen Kuss auf. Er presste seinen Mund so hart auf ihren, dass Leas Unterlippe aufplatzte. Auch Macavity entging dies nicht.
    Angewidert drehte Lea den Kopf zur Seite. Die Bewegung ließ erneut das dumpfe Pochen in ihrer Schulter aufbranden. Nebel breitete sich hinter ihrer Stirn aus, während sie zurückzuweichen versuchte.Vergebens.
    Macavity grinste. »Ich hätte nicht gedacht, dass du so zimperlich bist. Wie sehen denn die Spielchen aus, die Adam mit dir veranstaltet?«
    »Leck mich«, entgegnete sie mit letzter Kraft.
    »Hab ich doch schon«, sagte Macavity gelangweilt. Dann renkte er ihr ohne Zögern die ausgekugelte Schulter ein.
    Einen Augenblick lang glaubte sie, in Flammen zu stehen, so glühend war der Schmerz. Doch nach all den Schrecken dieser Nacht hatte ihr Körper nun eine Grenze überschritten und schaltete aufs Notprogramm um: Lea brach zusammen. Ihr letzter Gedanke galt dem Sirenengeheul in weiter Ferne. Zumindest Nadine war in Sicherheit.
     

19. Das Blutopfer
    Als Erstes erwachte Leas Geschmackssinn wieder zum Leben: Was auch immer sich in ihrem Mund angesammelt hatte, es schmeckte wie geschmeidige Erde. Mit einer metallischen Note. Langsam füllte es die Mundhöhle aus, drückte die Zunge herab. Die Zunge, die sich viel zu dick anfühlte. Ein aufgedunsener Fremdkörper. Dann kroch die Flüssigkeit den Rachen hinunter, und als sie schon glaubte zu ersticken, erinnerte sich die Muskulatur an ihre Aufgabe und ließ sie schlucken. Sofort sammelte sich erneut eine bittere Lache an. Offensichtlich hatte sie sich kräftig auf die Zunge gebissen.
    Mühsam unterdrückte Lea den aufsteigenden Brechreiz und versuchte, den Rest ihres Körpers zu erspüren. Doch unterhalb der Kehle fühlte sich alles taub an. Nun gut, dachte sie, wobei die Gedanken seltsam träge in ihrem Schädel kreisten. Ruhe ich mich halt noch etwas aus. Warum auch nicht?
    Ein monotones Summen bohrte sich in die Bewusstlosigkeit und hinterließ Lichter, die sie lockten, erneut aus der Dunkelheit aufzusteigen. Während sie sich selbst zuflüsterte, dass ihr das alles egal sein konnte, dass sie müde und ausgebrannt war, dass sie dringend noch eine Pause brauchte und die Situation außerhalb ihres Körpers sicherlich nichts Erfreuliches zu bieten hatte, machte sich Lea auf den Weg ins Hier und Jetzt.
    So wie die samtene Benommenheit abnahm, verlor das Summen rasch an Gleichmäßigkeit und klang stattdessen immer mehr nach einer verfremdeten Stimme, die Kauderwelsch sprach. Es waren Fragmente einer Unterhaltung, die an Leas Ohr drangen. Zwar waren die Bruchstücke kaum zu verstehen, weil sie so verzerrt waren, aber ihr wurde klar, dass sie nicht in aller Abgeschiedenheit dahindämmerte.
    Langsam wich die Taubheit aus ihrem Körper, und die wieder erwachten Gliedmaße begrüßten sie mit einem unkontrollierbaren Zittern. Alles an ihr schlotterte und bibberte, als liege sie in einer unter Strom gesetzten Pfütze. Selbst ihre Zähne schlugen ununterbrochen aufeinander. Ganz leicht nur, trotzdem gelang es Lea nicht, sie unter Kontrolle zu bringen. Davon einmal abgesehen, gelang ihr so gut wie nichts: Obwohl die Augenlider wild zuckten, blieben sie geschlossen. Auch die Lippen ließen sich nicht öffnen. Nicht einmal der Gaumen wollte sich anheben lassen, um der wunden Zunge etwas mehr Platz zu machen.
    Nach einigen Minuten eiserner Anstrengung gab Lea auf, ließ ihren Körper zittern und konzentrierte sich stattdessen auf das Stimmengewirr. Sie konnte es seitlich von sich lokalisieren und tippte auf mindestens zwei Sprecher, vielleicht auch drei.
    »Wo hätte der Austausch denn sonst stattfinden können?«
    Die Worte waren gedehnt und hallten nach. Lea brauchte einen Augenblick, um die Laute zu einem wirklichen Satz zusammenzusetzen, so dass ihr die Antwort entging. Die Sprecher mussten dicht beisammenstehen, was ihr das Zuhören nicht unbedingt erleichterte.
    Ein merkwürdiges Gackern erschallte, das sie schließlich als Lachen identifizierte. »Und dann hätte ich sie in meinem Kofferraum verstaut und im Alleingang hierher gebracht? Was für eine absurde Idee: Während ich in aller Abgeschiedenheit auf die Ergebnisse warte, hat der bissige Freund dieser Frau wahrscheinlich schon meine Spur aufgenommen. Braucht nur einen günstigen Moment abzuwarten und springt mich dann von hinten an. Nein, ich denke, es ist besser, gemeinsam

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