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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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krampfhaft, sich in sie hineinzuversetzen. Aber das fiel ihm sehr schwer. Eltern konnten manchmal schon wirklich anstrengend sein.
     
    Rose hastete ins Lehrerzimmer. Ängstlich blickte sie sich um. Nein, er war noch nicht da. Vor dem Fenster wirbelten die Schneeflocken aus einem tief herabhängenden Himmel. Es sah fast so aus, als würde es niemals, niemals wieder aufhören. Sie fing an, sich Sorgen über den Heimweg zu machen. Wenn nun der Zug steckenblieb. Was sollte sie dann tun? Es gab keinen Bus nach Shepherd’s Warning. Sie fühlte sich plötzlich verloren, von Haus und Familie abgeschnitten, allein unter Fremden.
    «Ich wette, du kommst heute nicht mehr nach Hause», sagte eine Stimme hinter ihr. Sie fuhr herum. «Bobs», sagte sie.
    «Hier hast du einen Brief», sagte er, «von einem Verehrer.» Er hielt ihn ihr entgegen. Er war an sie, per Adresse J. R. Roberts, gerichtet. «Für mich?» fragte sie. Sie konnte sich nicht vorstellen, wer ihr schreiben sollte, und riß den Umschlag auf. «Na so was, von Mr. Grebbie», rief sie.
    «Stell dir vor», sagte Bobs.
    Sie las den Brief und war gerührt. «Wie reizend von ihm. Er dankt mir für den netten Weihnachtstag. Er hofft, daß wir uns mal Wiedersehen.»
    «Fein, fein», sagte Bobs.
    «Er war richtig nett», sagte Rose und tippte mit dem Finger auf den Brief.
    «Hat er dir wirklich gefallen?» Das klang erstaunt. «Der ist doch kein Mann.»
    «Doch», widersprach Rose. «Er ist nett und sanft. Und ich dachte, er wäre dein Freund.»
    «Ist er ja auch. Aber man muß doch klarsehen.»
    Langsam geriet Rose in Wut. Jeden Augenblick konnte sie die Fassung verlieren. Und das ausgerechnet bei Bobs. Aber sie konnte nicht anders. «Auf jeden Fall hat er mir zum Dank für Weihnachten einen Gruß geschickt.»
    «Das soll wohl heißen, daß ich es nicht getan habe, wie?» Er sah auf einmal ganz böse aus. Aber sie hatte sich nicht mehr in der Hand und hörte sich sagen: «Hast du es denn etwa?»
    «Ich hatte es vor», muffelte er.«Ich bin leider nicht dazu gekommen.»
    «Aber Mr. Grebbie», sagte sie.
    Da klingelte es. Er schnappte sich seine Bücher und eilte, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, davon. «Bobs», rief sie bekümmert. Er schien es nicht zu hören. Ein oder zwei ihrer Kollegen sahen überrascht und amüsiert zu ihr herüber. Was für eine Närrin sie doch war. In der letzten Zeit konnte sie sich einfach manchmal nicht beherrschen. Wie konnte sie Bobs nur so behandeln! Er würde sie als hysterische alte Jungfer einfach abschreiben, und man konnte es ihm ja auch nicht verdenken. Und heute war erster Schultag, und die Kinder heulten entweder nach ihren Müttern oder waren wegen des Schnees nicht zu halten. Zudem stand fest: der Heimweg heute abend würde entsetzlich werden, wenn sie überhaupt nach Hause kam. Sie warf einen Blick aus dem Fenster. Die Wolken hingen bis auf die Schornsteine herab, und die wie Derwische tanzenden Flocken machten sie schwindlig.
    Mittags war keine Spur von Bobs zu entdecken. Ein heulender Wind trieb den Schnee vor sich her und türmte ihn zu dichten Wehen auf. Wo sonst der Verkehr dröhnte, herrschte unheilvolle Stille. Es war, als hätte die Winterdämmerung bereits Besitz von der Stadt ergriffen. Rose ängstigte sich.
    Als die Glocke zum letztenmal schrillte, war die Dunkelheit bereits mit Macht eingebrochen - eine wirbelnde, beunruhigende Dunkelheit, in der alle Geräusche gedämpft und unwirklich klangen, in der die Schneeflocken wie aufgescheuchte Motten um die Straßenlaternen schwirrten. Trotz ihrer Besorgnis, ob sie wohl nach Hause käme, trödelte Rose noch herum in der Hoffnung, Bobs zu sehen. Sie mußte ihm alles erklären, sich entschuldigen und ihn wieder freundlich stimmen. Aber er war wohl schon früh gegangen, denn das letzte Fahrrad war schon aus dem Schuppen verschwunden, und sie hatte ihn nicht zu sehen bekommen. Was mußte er bloß von ihr denken? Sie sehnte sich danach, sich vor ihm zu erniedrigen, wie ein reuiger Sünder, der nach dem Geständnis verlangt. Aber er war fort.
    Rose lief zum Bahnhof und ging auf den Bahnsteig. «Fährt der Zug nach Shepherd’s Warning?» fragte sie den Gepäckträger.
    «Das dürfte ihm schwerfallen», sagte er und wies auf die weiße Wüste außerhalb der Bahnhofshalle. «Die Schneewehen da draußen liegen fast vier Meter hoch.»
    «Aber... aber wie komme ich denn dann nach Hause?» sagte Rose.
    «Gar nicht», sagte er. «Der Warteraum für Damen ist

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