Morgenstadt - wie wir morgen leben
Präzision ausgelegt. „Alle technischen Themen wie Lärm, Abgas, Abfall, CO 2 -Ausstoß, Wasser und Abwasser in dem 5400 Quadratmeter großen Produktions- und Verwaltungsgebäude sind ebenso gründlich berücksichtigt wie die architektonische Einbindung in das direkt benachbarte Wohnumfeld“, sagt Wilhelm Bauer vom IAO, das die Firma bei dem Projekt mit Pilotcharakter beraten hat. Strom und Wärme werden beispielsweise über mit Biogas betriebene Mikroturbinen erzeugt.
Dass eine Produktion auch mitten in der Stadt möglich ist, zeigen große Automobilhersteller in Deutschland, sei es BMW, Daimler oder Porsche. Sie arbeiten oft fast Wand an Wand mit Wohnhäusern in Großstädten. Die Werke, die einst bei der Gründung noch weit außerhalb der Stadtgrenzen lagen, sind inzwischen Teil der sich immer weiter ausbreitenden urbanen Landschaft. Die Herausforderungen, die sich daraus ergeben, werden von den Herstellern sehr ernst genommen, vor allem beim Neubau oder bei der Restrukturierung von Produktionsanlagen.
So gehört für den bayerischen Automobilhersteller BMW der Aspekt der Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette zum unternehmerischen Selbstverständnis. Die Firma hat sich schon frühzeitig ehrgeizige Ziele auferlegt: Zwischen 2006 und 2012 wollen die Münchner bis zu 30 Prozent an Ressourcen einsparen, berichtete Hubert Lehnert aus dem Stab des Konzernbeauftragten Umweltschutz der BMW Group auf einem Fraunhofer-Forum im Dezember 2011. 107 Eine besondere Herausforderung war die Umstellung des Werks München – in dem rund 9000 Mitarbeiter tätig sind –auf die Fertigung des neuen 3er BMW. Der Platz ist beschränkt, und die nächsten Wohnhäuser grenzen praktisch unmittelbar an das Gelände an. Um die gesamte Fertigung von über 200000 Fahrzeugen pro Jahr dort unterzubringen, mussten die Planer die Produktion auf bis zu fünf Gebäudeebenen stapeln. Dazu wurde das alte, zu niedrige Karosseriebaugebäude demontiert und eine komplett neue Fertigungshalle errichtet. Auch das Logistik-, Anlieferungs- und Kommissionierungszentrum zur effizienten Materialversorgung des Montagebandes wurde neu erbaut.
Um ein Höchstmaß an Präzision und Effizienz sicherzustellen, haben die BMW-Ingenieure in sämtlichen Produktionsbereichen neue Fertigungsstrukturen geschaffen. So kommt beispielsweise eine neue Großpresse zum Einsatz. Mit 17 Hüben pro Minute gehört die Anlage zu den modernsten der Welt. Sie leistet einen Durchsatz von 600 Tonnen Stahl pro Tag, die Presskraft beträgt 650 bis 2500 Tonnen. Damit setzt die Anlage innerhalb von nur 12 Tagen so viel Stahl um, wie für den Bau des Pariser Eiffelturms notwendig war. Und dennoch belästigt sie die Anwohner weder durch Lärm noch durch Vibrationen. Dem Schutz der Nachbarn vor produktionsbedingtem Lärm tragen innovative Schalldämpfer, Ventilatoren und schalldämmende Verkleidungen sowie die Optimierung der Transportlogistik Rechnung. Geruchsbelastungen durch die Lackiererei verhindern modernste Filteranlagen und die regenerative Nachverbrennung der Abluft.
Im Karosseriebau hat BMW in dem vorbildlichen Werk zahlreiche neue Roboteranlagen installiert, darunter Laserroboter der neuesten Generation sowie Kleberoboter. Auch in der Lackiererei kommen innovative Roboteranlagen zum Einsatz. Mithilfe dieser Produktionsprozesse, Herstellungsanlagen und Fertigungstechniken setzt das Werk München Standards für eine nachhaltige und umweltverträgliche Produktion. So ist es BMW beispielsweise gelungen, eine praktisch restmüllfreie Fertigung zu realisieren, die Abfall-, Abwasser- und Emissionsentwicklung beinahe auf null zurückfährt. Pro gefertigtem Auto entstehen jetzt nur noch unglaubliche acht Gramm Restmüll.
Mit diesen Effizienzmaßnahmen zeigt BMW, wie die industrielle Produktion in Zukunft aussehen kann: In der Morgenstadt wird es ein System geschlossener Kreisläufe geben, die erhebliche Einsparpotenziale ermöglichen. 108
Was den Nachbarn der Fabriken eine saubere Umwelt garantiert, bringt den Unternehmen selbst ebenfalls Vorteile: Zwangsläufig müssen sich die Manager fragen, an welchen Stellhebeln der Produktion sie drehen können, um Emissionen zu reduzieren, Ressourcen zu schonen und CO 2 zu vermeiden. So bleiben sie ständig an vorderster Front der Technologie und können die erworbenen Erfahrungen beim Bau und Betrieb anderer, auswärts gelegener Werke anwenden. BMW gelingt es damit beispielsweise, im chinesischen Shenyang die nachhaltigste
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