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Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Titel: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Wolf
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sein Fell.
    Ich muss an Jesien denken. Bei ihm hat die Chemie gestimmt … glaube ich zumindest.
    Am Abend sitze ich neben Aviv auf dem Sofa. Er wirkt ein wenig erschöpft und hat seinen Kopf nach hinten gelehnt. Sein Blick geht zur Decke statt auf den Fernseher, wo ein alter Film über einen Mann läuft, der von einem Spinnenbiss Superkräfte bekomme hat. Draußen regnet es und ein Gewitter grummelt leise in der Ferne. Aviv hat im Wohnzimmer ein paar Kerzen angezündet und einen frischen Strauß Blumen auf den Tisch gestellt. Nutty schläft zusammengerollt auf einem Sessel und träumt. Seine kleinen Beine laufen immer wieder ein paar Schritte.
    »Wohin sind eigentlich die ganzen alten Städte verschwunden?«, frage ich gedankenverloren, während ich beobachte, wie sich der Mann im Fernsehen an Hochhäusern entlanghangelt. »Sind sie noch da?«
    Aviv hebt seinen Kopf und sieht mich an. »Nevis kann sie dir zeigen, wenn du wirklich zu ihm gehst.« Neugier liegt in seinen Augen.
    »Warum ausgerechnet er?«
    »Weil … nun«, Aviv setzt sich auf. »Fangen wir etwas weiter vorne an. Mutter hat euren Planeten noch nicht ganz geheilt.«
    Ich runzele die Stirn und richte mich ebenfalls auf.
    »Sie hat ein gesundes Areal für euch geschaffen und mit Nevis‘ Hilfe die Giftstoffe und Verunreinigungen unter einer dicken Eisschicht verpackt. Es wird noch viele Millionen Jahre dauern, bis die Erde sich unter Nevis‘ Eishülle erholt hat. Leider geht das nicht schneller.« Der Frühling grinst. »Danach werde ich alle Hände voll zu tun haben, um alles wieder zum Leben zu erwecken.«
    »Wow«, staune ich. »Ich dachte immer, dass der Planet wieder in Ordnung sei. So erzählen wir es im Orden auch den Menschen.«
    »Dort, wo ihr lebt, ist die Erde auch in Ordnung.« Er überlegt. »Außerdem möchte Mutter, dass ihr euch wohlfühlt. Die Menschheit hat sich selbst so tief in Unglück, Krankheiten und Verunreinigungen gestürzt, dass es wichtig war, euch ein wenig Sicherheit zu geben.«
    »Aviv?« Warum auch immer, ich bin plötzlich in einer Stimmung, die mich mutig macht und deshalb bringe ich auch eine Frage über die Lippen, die mir schon immer auf dem Herzen lag. »Warum diese Wahl? Warum immer nur eine für euch Vier und dann nur für hundert Jahre?«
    Der Frühling seufzt. »Nun, die hundert Jahre sind leicht erklärt. Es liegt an eurem menschlichen Geist. Ihr seid nicht für die Ewigkeit gemacht. Mutter meint, ihr würdet mit der Zeit wahnsinnig werden.«
    Ich runzele ungläubig die Stirn. Als ich bemerke, dass ich die Mutter aller Dinge anzweifele, korrigiere ich mich selbst innerlich und nicke. »Und warum nicht immer eine für jeden von euch?«
    »Ich kann es dir auch nicht zur völligen Zufriedenheit erklären. Es ist einfach so, dass unsere Welt hier nicht für menschliche Wesen gedacht ist. Du bist so eine Art Störfaktor.« Aviv lächelt mich entschuldigend an und ich nicke, um ihm zu verstehen zu geben, dass er weitersprechen kann und ich nicht eingeschnappt bin. »Als es anfing, dass Mutter sich euch zu erkennen gab und mit Nevis deinen Planeten einhüllte, da fiel ihr auf, wie einsam ihr Sohn war. Sie hatte uns erschaffen und direkt in unsere Jahreszeiten gesteckt. Als sie Nevis dann nach so unendlich vielen Jahren wiedersah, brach es ihr das Herz. Sie gab uns die Tiergeister und entschied einen Störfaktor im System zu dulden. Dann führte sie die Wahl der Gefährtin ein.«
    »Und warum gibt es dann nicht immer abwechselnd eine, so dass keiner zu kurz kommt? Oder warum schafft sie euch keine Gefährtinnen? Eine euresgleichen?«
    »Mutter verspricht sich davon, dass vielleicht wahre Liebe entsteht.« Aviv lächelt mich wissend an. »Schon unfair, dass ausgerechnet der, dem wir die Gesellschaft zu verdanken haben, am einsamsten ist.« Der Frühling sieht zu dem Bild seiner Familie.
    »Ich verstehe«, hauche ich. »Sie geht das Risiko der unfairen Verteilung ein, damit dafür das Erlebnis der Gesellschaft umso besser ist.«
    Aviv nickt und lächelt erneut. Erst jetzt fällt mir auf, dass es nie seine schönen, grünen Augen erreicht. »Warum sie uns keine Gefährtin schafft, weiß ich auch nicht. Jesien hat einmal vermutet, dass sie keine Göttin neben sich dulden kann. Auch keine Halbgöttin.«
    »Hm«, mache ich und sehe zu dem Fenster, wo Regenschlieren ein Muster zeichnen. Draußen ist es schon finster, nur das Licht einer Kerze, welches das Glas ein wenig erhellt, lässt es mich erkennen.
    »Aber Maya«,

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