Morituri - Die Todgeweihten
Polizistin ging wütend auf dem Dock auf und ab. Die klobige Santana hing still an ihrem Liegeplatz. Trotz wiederholter Versuche, jemanden, irgend jemanden , zu einer Reaktion zu zwingen, blieben die Luken fest verschlossen.
Lieutenant Skinner fluchte leise vor sich hin und warf den untätigen Arbeitern, die sich über ihre Schwierigkeiten amüsierten, finstere Blicke zu. Ihre Streikbrechertruppe verhielt sich leise. Falls die Stimmung in der Menge in offene Gewalttätigkeiten umschlug, waren sie viel zu weit von ihrer Basis entfernt, um auf Verstärkung hoffen zu dürfen. Es würden keine Vergeltungsmaßnahmen erfolgen. Die Gewerkschaft SDT war zu mächtig, ihre Taschen zu tief, selbst in diesen Zeiten schlimmster Arbeitslosigkeit.
Skinner konnte sich nicht erklären, was eigentlich schiefgelaufen war. Ihr Bezirkshauptmann hatte ihr gesagt, bei diesem Job handele es sich um einen Leckerbissen. Ein kleiner Gefallen für Tyrenne Yelad, mit dem sich Skinner ohne viel Aufwand ein paar Pluspunkte verschaffen konnte.
Sie musste nichts weiter tun, als die Ladung der Santana in Empfang zu nehmen. Einige persönliche und private Dinge für den Tyrenne. Ein Job, den Skinner mit gewohnter Diskretion erledigen sollte.
Skinners Einsatz von unorganisierten Streikbrechern war weder ungewöhnlich noch besonders provozierend. In solchen Fällen ging man auf den verantwortlichen Gewerkschaftssekretär zu, der die Anzahl der Leute, die für diese Arbeit benötigt wurden, abschätzte. Die Mordida wurde auf das Doppelte ihrer voraussichtlichen Löhne heraufgesetzt, dann war es den Unorganisierten erlaubt, die Ladung zu löschen, während der Sekretär das Geld unter denen verteilte, die sich normalerweise abgeplagt hätten; selbstverständlich behielt er einen beträchtlichen Anteil für sich selbst zurück. Das war nicht mehr als gerecht. Auch Skinner hatte als Offizier, der auf Dusable das Recht vertrat, auf diese Weise schon das eine oder andere Schnäppchen gemacht.
So weit, so gut. Aber was war eigentlich schiefgelaufen? Sie waren auf den Frachter zugeschlendert, doch niemand war herausgekommen. Ungeduldig hatte sich Skinner ans Funkgerät gehängt, um herauszufinden, was da los war. Keine Antwort. Was sollte denn dieses Spielchen? Sie hatte mehr als genug Mordida in der Tasche, um jeden auszuzahlen, wenn nötig bis hinauf zum Kapitän der Santana .
Der Sekretär kam aus seinem Büro herbeigeeilt. So wie er aussah, gab es noch mehr Ärger. »Verzieht euch, aber sofort«, kläffte er.
»Was soll der Quatsch? Wir haben eine Abmachung, falls du’s vergessen hast.«
»Die Abmachung ist geplatzt. Der einzige Grund, weshalb ich dir das sage, anstatt gleich ein paar Jungs vorbeizuschicken, die euch den Arsch versohlen, hast du dem Umstand zu verdanken, dass wir schon früher Geschäfte miteinander gemacht haben. Du hast noch was gut bei mir. Und jetzt haut ab!«
Skinner blies sich zu bullengemäßen Dimensionen auf, ein Bild, das nicht gerade wenig Eindruck machte. Doch bevor sie seinen Unterleib ihren vollen Zorn spüren lassen konnte, hörte sie Jubel aufbranden. Sie wirbelte herum, um sich der neuen Gefahr zu stellen – und erstarrte mit offenem Mund.
Solon Kenna! Er kam mit einer Phalanx von Adjutanten inmitten einer Meute von SDT-Arbeitern und einem Livie-Nachrichtenteam heran. Großer Gott! Skinner wusste, dass es jetzt an der Zeit war, sich dünnzumachen. Sie hätte es wissen müssen. Dieses Jahr standen wieder mal Wahlen an. Genauer gesagt waren es nur noch zwei Wochen bis zur Wahl, weshalb alles nur noch hektischer und aufgeregter wurde. Insbesondere, da es sich bei Tyrennes Herausforderer um Kenna höchstpersönlich handelte. Der Bezirkshauptmann konnte sie mal. Sie zog sich jedenfalls zurück.
Solon Kenna baute sich vor dem Schiff auf. Er war ein kräftiger, älterer Mann, der seinen Bauch wie der in Ehren ergraute Politiker, der er auch war, vor sich herschob. Seine Nase war von den vielen Stunden und den vielen Flaschen dick und rot geworden, doch seine Augen und seine Instinkte waren hellwach wie eh und je. Und mit seinem Lächeln, das er jetzt ungezügelt auf seinen Lieblingsnachrichtenreporter losließ, konnte er jedes Ungeheuer, das sein Haupt aus dem Sumpf reckte, auffressen.
»Ich will nicht weiter auf die Niedertracht meines Gegenspielers eingehen«, sagte Solon Kenna. »Viel lieber möchte ich die Fakten für sich selbst sprechen lassen. Sie werden schon bald ans Tageslicht treten, wenn ich den armen
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