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Morituri - Die Todgeweihten

Titel: Morituri - Die Todgeweihten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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funktionierte schon seit Jahrhunderten auf diese Weise, und es funktionierte gut. Seit dreißig Jahren regierte Tyrenne Yelad. Seine Protektion war so gigantisch, dass kaum Hoffnung bestand, dass ihn jemals jemand bezwingen konnte.
    Doch obwohl er alle vier Jahre mühelos gewann, waren seine Gegner keinesfalls hilflos.
    Es gab auch Gegenkräfte in diesem System, doch sie waren nicht minder korrupt. Unter dem Tyrenne gab es ein so genanntes Konzil der Solons. Jedes Mitglied verfügte über eine Reihe von Wahlbezirken, deren Wähler er mit Jobs, Ratschlägen und Einfluss versorgte. Der perfekte Solon sorgte stets dafür, dass niemand leer ausging. Hatte jemand Probleme mit dem Lebensmittelgeld, ging er zum Bezirkshauptmann. Das gleiche galt für Eheleute mit einem brutalen oder trunksüchtigen Partner. Ein bezahlter Krankenhausaufenthalt wurde sichergestellt, Beiträge wurden gesenkt, manchmal sogar aufgehoben.
    Durch alle diese Kanäle flossen beständig und unaufhörlich Bestechungsgelder. Joygirls bezahlten ihre Zuhälter und diese wiederum die Polizisten. Die Polizisten zahlten für lukrative Abteilungen wie Sitte oder Verkehr in den Erholungsgebieten der Reichen. Sie zahlten auch für ihren Rang, der sie wiederum auf der Mordida-Leiter weiter nach oben beförderte. Gangsterbosse zahlten in beide Richtungen: an die Polizisten am einen Ende und an die Politiker am anderen. Und alle diese Leute zahlten an die Bezirkshauptmänner, die wiederum alle diese Credits in die Truhen des Solon fließen ließen, der ihren Bezirk kontrollierte.
    Die Solons teilten sich die Mordida mit den wichtigsten Anführern, die eigentlich die ganze Chose kontrollierten. Tyrenne Yelad war ein gutes Beispiel für einen solchen Anführer. Er war als Reformer an die Macht gekommen, so wie der Tyrenne vor ihm. Bei der bevorstehenden Wahl war Solon Kenna, der Präsident des Konzils der Solons und Yelads mächtigster Widersacher, der neue, hoffnungsfrohe Reformer. Kenna bezog seine Macht von den Gewerkschaften, besonders von der SDT, weshalb er auch nach drei Versuchen und drei Niederlagen dieses Jahr seine Chance für gekommen hielt. Die Massen der Arbeitslosen hatten seine Fäuste mit stählernen Knöcheln versehen. Seit über sechs Monaten bekriegte er sich bereits mit Yelad, doch bis jetzt, zwei Wochen vor der Wahl, war es ihm nicht gelungen, Yelad mit einem K.O. niederzustrecken. Sollte ihm das nicht gelingen, dann war Kennas lange Kandidatur endgültig vorüber – es sei denn, ein Wunder geschah. Er hoffte darauf, dass Raschid dieses Wunder war. Je länger sie sich unterhielten, desto überzeugter wurde er davon.
    Einmal hatte ihn Raschid hinsichtlich der finanziellen Situation ausgefragt. Wie voll waren Kennas Wahlkampfkassen? Kenna sagte, er habe genug. Raschid schüttelte den Kopf und riet ihm, mehr zu beschaffen. Kenna wollte wissen, warum. »Unruhs erstes Gesetz«, sagte Raschid. »Geld ist die Muttermilch der Politik.«
    Die Antwort sprach Bände. Dieser Mann war kein trockener Stubengelehrter. Kenna hatte bereits zu viele Wahlen gesehen, die mit solchen Typen in den Sand gesetzt worden waren. Raschid war offensichtlich ein mit allen Wassern gewaschener Straßenpolitiker, der wusste, wie man das Spiel spielte, angefangen von ganz oben bis hinunter in die Gosse.
    Kenna hatte keine Probleme damit, Raschid gegenüber offen zu sein, weil … er wusste Bescheid, verdammt noch mal. Der Kerl wusste wirklich Bescheid! Die nächste Frage warf ihn trotzdem kurzfristig aus der Bahn.
    »Warum erzählen Sie mir das alles?« wollte Raschid wissen. »Was erwarten Sie von mir? Ich bin nur ein Schiffskoch, in gewisser Hinsicht sogar einer, der eine Meuterei angezettelt hat.«
    »Ich bitte Sie«, stotterte Kenna. »Das brauchen Sie jetzt nicht mehr. Sie sind hier bei Freunden. Außerdem bin ich bereits eingeweiht worden. Ich wusste, dass Sie unterwegs waren.«
    »Wer hat Ihnen das gesagt?« fragte Raschid.
    Kenna dachte, dass er ihn auf die Probe stellen wollte, und biss an. »Es war niemand, den ich direkt benennen könnte«, sagte er. »Das wissen Sie ebenso gut wie ich. Ich habe die Information von … aus meinen Quellen. Man gab uns durch, dass die Santana unterwegs sei. Mit einer Ladung, die ich mir nicht durch die Lappen gehen lassen dürfe. Wichtiger noch war die Tatsache, dass sich an Bord ein Mann aufhalte, der sich als Schiffskoch ausgebe.
    Und dass es sich bei ihm um den absolut besten politischen Strategen überhaupt handelte.
    Ich kann

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