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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Gewaltenteilung. Sie wissen doch, was die Gewaltenteilung ist? Wenn sich unabhängige Gerichte, das Parlament und die ausführenden Organe wechselseitig kontrollieren.«
    »Ersparen Sie mir Ihre Lektion in Staatsbürgerkunde«, sagte Norwin kalt.
    »Nein, das werde ich nicht. Morland war nie ein reiches Land, aber es war stets frei, nach innen wie nach außen. Darauf war ich stolz.« Urban schlug sich mit der Faust gegen die Brust, wo das Herz saß. »Und dann kamen Sie und begannen, das System von innen heraus zu zersetzen. Sie sagten, um in Sicherheit leben zu können, müssen wir die Freiheiten einschränken. Sie sagten auch, Leistung muss sich wieder lohnen, und haben dafür gesorgt, dass die reichsten Männer des Landes so gut wie keine Steuern mehr zahlen. Ich will mich nicht beklagen, ich profitiere auch davon. Aber dass Sie es gleichzeitig noch nicht geschafft haben, die Schulpflicht einzuführen und die Kinderarbeit zu verbieten, greift schon sehr meine Vorstellung von einem demokratischen Staat an. Wollen Sie wissen warum?«
    Norwin schwieg.
    »Ein Staat, der überhaupt erst durch die Teilhabe und Mitwirkung seiner Bürger existiert, kann nicht ernsthaft ein Interesse daran haben, vierzig Prozent der Bevölkerung in absoluter Unwissenheit zu halten.«
    »Präsident Begarell hat eingesehen, dass unter den von Ihnen beschriebenen Bedingungen eine dritte Amtszeit unmöglich ist«, kam Norwin auf das eigentliche Thema zurück.
    »Das ist gut. Das zeugt von einer Größe, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte. Sagen Sie ihm, dass er es von der positiven Seite aus sehen soll. Bald hat er Zeit, um mit seinen Kindern angeln zu gehen.« Er trank einen Schluck und verzog das Gesicht. »Das hätte ich mit York schon viel früher tun sollen. Ich war ein schlechter Vater. Aber ich denke, für derlei Dinge ist es nie zu spät.« Er holte aus einer Innentasche seiner Robe ein Kuvert und warf es Norwin vor die Füße. »Mein Rücktritt.«
    Der Innenminister starrte Urban noch immer an, ohne eine Miene zu verziehen. »Sie meinen, Sie könnten sich mit einem Federstrich aus der Verantwortung stehlen?«
    Urban schaute Norwin an, als hätte der Minister ihm eine Ohrfeige gegeben. Mit einem Satz war er auf den Beinen. »Ich stehle mich nicht aus der Verantwortung«, brüllte er ihn an. »Im Gegenteil: Ich werde dieses System nicht mehr mittragen. Und wenn Sie einen Funken Anstand im Leib haben, werden Sie dasselbe tun. Haben Sie überhaupt Kinder? Sie können bestimmt auch nicht angeln. Das lernt man da wohl nicht, wo sie herkommen.«
    »Sind Sie fertig?«, fragte der Innenminister.
    »Ja, Sie können gehen«, knurrte Urban und füllte erneut sein Glas.
    Doch das tat Norwin nicht, sondern setzte sich auf das Sofa, das Urban gegenüberstand. Auf seinen Knien balancierte er die kleine hölzerne Kiste.
    »Präsident Begarell ist vor acht Jahren angetreten, dieses Land zu verändern und er musste feststellen, dass zwei Amtszeiten nicht ausreichen, um solch hochgesteckte Ziele zu erreichen.«
    »So weit waren wir schon«, antwortete Erik Urban verächtlich.
    »Wir werden die Verfassung nicht ändern können. Wir könnten natürlich das Militär auf unsere Seite ziehen, aber damit hätten wir nicht das Herz des Volkes gewonnen«, fuhr Norwin fort.
    »Sicherlich nicht.«
    »Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit, und die befindet sich hier in der Kiste.« Norwin strich mit den Fingern über den blank polierten Deckel. »Wollen Sie vielleicht einen Blick hineinwerfen?«
    Urban griff nach einer kleinen silbernen Glocke, die auf dem niedrigen Tisch stand, und läutete. »Mich interessieren Ihre Strategien nicht mehr.« Er läutete noch einmal. »Verdammt, wo bleibt Egmont?«
    »Ich habe Egmont die Anweisung gegeben, uns nicht zu stören.«
    Urban wollte aufstehen, aber eine unsichtbare Faust schien ihn in die Polster zurückzudrücken. Er riss die Augen auf, alshätte er einen Schlag in die Magengrube erhalten, doch Norwin saß noch immer auf seinem Platz. Er hatte ihn nicht angerührt.
    Im ersten Moment dachte York, sein Vater hätte einen leichten Schlaganfall gehabt, aber er hütete sich, sein Versteck zu verlassen. Etwas war nicht in Ordnung an dieser ganzen Situation. York wusste nicht, was es war, aber er konnte es spüren. Es hatte etwas mit dieser Kiste zu tun.
    Norwin öffnete den Deckel und ein fahles blaues Licht strahlte Urbans bleiches Gesicht an. York konnte nicht erkennen, was sich in dem hölzernen Behälter befand,

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