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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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sollte, und warum zum Teufel, so dachte Lennart, sollte er es nicht tun? Mit den Kindern spielen, für Silvetta da sein und nicht an die Arbeit denken; alleine die Vorstellung spülte eine Woge glückseliger Vorfreude in ihm hoch. Vielleicht konnten sie ja auch gemeinsam etwas unternehmen.
    Als er sah, wie ein junger Bursche ein Plakat an einen Bauzaun klebte, setzte er sich auf. Es zeigte ein buntes Zelt, auf den Hinterläufen marschierende Schweine, eine Seiltänzerin und einen Magier, der aus seinem Zylinder ein weißes Kaninchen zauberte.
    Das war es! Er würde sie alle in den Zirkus einladen, damit sie gemeinsam einige schöne Stunden verbrachten. Das war genau das, was er jetzt brauchte.
     
    ***

York riss das braune Kuvert mit zitternden Händen auf und schüttete den Inhalt auf sein Bett. Auf den ersten Blick sah erzwei Dinge: ein amtliches Dokument und einen Zettel mitZahlen und Buchstaben. Er schaute noch einmal in den Umschlag und öffnete ihn so weit, dass er ihn fast zerriss. Da war sonst nichts. Eigentlich hatte er gehofft, eine persönliche Nachricht seines Vaters zu finden. Enttäuscht wandte er sich den Papieren zu. Die Zahlen sagten ihm nichts, deswegen legte er diesen Zettel erst einmal beiseite. Dafür war das andere Dokument umso schockierender.
    Es war eine Adoptionsurkunde. York musste sie zweimal lesen und auch dann weigerte er sich, ihren Inhalt zu akzeptieren, der in wenigen dürren Worten erklärte, dass Erik Urban nicht sein Vater war.
    York ließ das Blatt sinken. Seine Gedanken rasten so schnell im Kreis, dass ihm schwindelig wurde. Er stand auf und seine tauben Finger ließen das doppelt gefaltete Blatt zu Boden fallen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es war niemand da, der ihm zuhörte. Mit einem Mal war ihm alles fremd. Dieses Zimmer, dieses Haus. Dieses gottverdammte Leben! Ein Lachen kratzte in seiner Kehle und wollte heraus, doch er unterdrückte den Reflex, weil er wusste, dass er gleichzeitig in Tränen ausbrechen würde.
    Er ging in die Knie und hob die Urkunde wieder auf. Sie trug den Briefkopf des Familienministeriums. Der Beamte hatte das vorgefertigte Formular mit einer Typenmaschine ausgefüllt. Das k hing ein wenig nach unten, während der Buchstabe o nur ein dicker Punkt war.
    Sein richtiger Name war York Tereschkov, seine Mutter hieß Svetlana Tereschkova und war siebzehn Jahre alt gewesen, als er in Morvangar das Licht der Welt erblickt hatte. Der Vater war unbekannt, zumindest hatte man seinen Namennicht an der dafür vorgesehenen Stelle vermerkt. Erik Urban hatte York am Tag seiner Geburt adoptiert. Mehr stand dort nicht. Es gab auch keine Ambrotype seiner Mutter, einzig die Adresse war unter ihren Namen getippt worden.
    York drehte das Blatt um. Die Rückseite war leer. Er blinzelte irritiert. Das war alles? Mehr gab diese Urkunde nicht her? Nur den Namen und die Adresse der Mutter? York lachte bitter, als er sich das Wörtchen »nur« denken hörte. Diese nüchterne, amtlich bestätigte Information reichte aus, um sein Leben endgültig aus der Bahn zu werfen.
    Warum hatte sein Vater – der Richter , verbesserte er sich – gewollt, dass er die Information im Falle seines Todes erhielt? Damit York sich auf die Suche nach seiner Mutter machte, um so ein neues Zuhause zu finden? Sicher nicht! Wenn diese Frau in der Lage gewesen wäre, ihr Kind aufzuziehen, hätte sie es bestimmt nicht hergegeben.
    Morvangar, Mellbygrund 4. Da hatte sie zumindest vor fünfzehn Jahren gelebt. York fragte sich, wie die Frau ausgesehen haben mochte. Sah sie ihm ähnlich oder hatte er mehr von seinem unbekannten Vater, der sich offenbar aus dem Staub gemacht hatte? Wie wäre sein Leben verlaufen, wenn er nicht in diesem palastartigen Gefängnis aufgewachsen wäre? York musste zugeben, dass dies eine ziemlich hypothetische Frage war, die er vor allen Dingen deswegen nicht beantworten konnte, weil er das Leben da draußen gar nicht kannte. Gott, er wusste ja noch nicht einmal, was für ein Mensch seine Mutter war und welche Beweggründe sie gehabt hatte, ihn schon am Tag seiner Geburt wegzugeben. Und auch die Stadt, in der sie lebte und in der er geborenwar, kannte er nicht. Sein heutiger Ausflug zum Bahnhof war die weiteste Reise gewesen, die er jemals unternommen hatte.
    Der Sprung, schoss es ihm wieder durch den Kopf! Er hatte sich diesen abrupten Ortswechsel nicht eingebildet! Aber er war unkontrolliert gewesen und York wusste nicht, wie er einen weiteren Sprung bewusst

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