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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Lennart hineinklettern konnte.
    »Normalerweise boxen wir ohne Handschuhe. Aber ich denke, es würde schlimm für dich ausgehen, wenn wir mit bloßen Fäusten aufeinander losgehen würden.« Halldor zog sein Hemd aus und entblößte eine beeindruckend muskulöse Brust. Jetzt konnte Lennart erkennen, dass auch die Wargebrüder tätowiert waren, wenn auch nicht ganz so offensichtlich wie die Todskollen. Es war ein Schriftzug aus unbekannten Buchstaben, der quer über den Rücken lief und wie tanzende Krähenfüße aussah.
    Halldor lockerte seine Schultern, ließ die Halswirbel knacken und schlug die Fäuste gegeneinander, als wäre er heute besonders unternehmungslustig. »Ich zeige dir erst einmal die Grundhaltung. Die Beine sind leicht gespreizt und die Fäuste zum Kopf gehoben.«
    »Ungefähr so?«, fragte Lennart und kam sich ein wenig töricht dabei vor. Halldor trat auf ihn zu und korrigierte seine Haltung.
    »Dreh dich ein wenig nach rechts, sonst präsentierst du mir zu viel von deinem Körper«, sagte er. »Deine Schlaghand ist dann zwar ein Stück zurück, dafür wird es für mich schwerer, einen Treffer zu landen. Wichtig ist, dass du das
    Gleichgewicht hältst, egal was kommt.« Halldor ging wieder zurück an seinen Platz. »Jetzt schau, dass dein linker und mein linker Fuß eine gerade Linie bilden. So kannst du besser nach rechts ausweichen, wenn ein Schlag von mir kommt. Nimm das Kinn auf die Brust und leg die Ellbogen an deinen Körper. Lass die Hände locker und balle erst die Faust, wenn du zuschlägst.« Halldor nahm die Grundposition ein und hob die Fäuste. »Los, versuche mich zu treffen.«
    Lennart schlug zu, nicht so kräftig, wie er konnte, und vielleicht auch ein wenig halbherzig. Jedenfalls wurde seine Faust mit Leichtigkeit geblockt.
    »Nun komm schon. Ein bisschen mehr Feuer dahinter. Immerhin hast du Larus auf die Bretter geschickt.«
    Lennart schlug noch einmal zu, diesmal mit allem, was er hatte. Und noch immer wehrte Halldor den Angriff mühelos ab.
    »Nicht schlecht«, sagte er, was in Lennarts Ohren wie blanker Hohn klang. Er hatte seinen Gegner noch nicht in die Nähe einer bedrängten Situation gebracht. »Achte auf deine Beinarbeit. Bleibe immer in Bewegung, weiche aus, duck dich und schlag zu, wenn du eine Lücke siehst.«
    Lennart zog die Schultern hoch, legte die Arme an und begann auf der Stelle zu tänzeln. Halldor grinste über beide Ohren. Lennart sprang nach vorne, schlug zu, machte einen Satz zur Seite und schlug noch einmal zu. Und diesmal landete er einen Treffer über Halldors linkem Ohr.
    »He !«, sagte dieser überrascht. »Das war richtig gut.« »Für einen Anfänger«, fügte Lennart hinzu.
    »Für einen Anfänger«, gab Halldor zu. »Aber ich denke,
    wenn du regelmäßig trainierst, dann wird aus dir ein vielversprechender Boxer.«
    Lennart spürte, wie gut ihm das Boxen tat. Zwar bedeutete die Arbeit in der Tischlerei auch eine körperliche Anstrengung, aber sie war nicht so komplett und umfassend wie dieser Kampf mit Fäusten, der ihn ein wenig an Fechten erinnerte. Für das Boxen musste man nicht nur körperlich auf der Höhe, sondern auch hellwach sein. Zum ersten Mal seit dem Tod seiner Frau und der Entführung der Kinder fühlte er wieder einen Funken Leben in seinem Körper. Er boxte noch eine Stunde mit Halldor, dann beendeten sie das Training für diesen Tag.
    Lennart stellte fest, dass die Wargebrüder ein sehr privilegiertes Leben im Gefängnis führten. Ihnen stand nicht nur ein Boxraum zur Verfügung, sie hatten auch richtige Duschen mit warmem Wasser – ein Luxus, von dem die anderen Gefangenen nur träumen konnten. Er fragte sich, wie sehr die Boxvereine die Gefängnisverwaltung unterwandert hatten. Lennart wusste, dass sich die Todskollen und die Wargebrüder auf den Straßen mitunter bis aufs Blut bekämpften. Hier im Gefängnis schienen sie jedoch einen Waffenstillstand geschlossen zu haben.
    Die Sonderbehandlung setzte sich auch beim Abendessen fort. Lennart war natürlich verpflichtet, bei den anderen Wargebrüdern Platz zu nehmen, die ihn alle freundlich und mit Respekt behandelten. Selbst Larus, der das Krankenrevier mit einem geschienten Bein verlassen hatte und nun mit am Tisch saß, schien keinen Groll gegen den Mann zu hegen, der ihm die Knochen gebrochen hatte.
    Die anderen Gefangenen, die ihn zunächst ignoriert hatten, waren nun darauf bedacht, Lennart aus dem Weg zu gehen. Sie alle waren Zeuge gewesen, wie er als Novize aufgenommen

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