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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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wurde.
    »Antreten zum Appell!«, brüllte ein Soldat.
    Die Kinder, die sich an die morgendliche Prozedur gewöhnt hatten, kletterten müde und ohne zu klagen von ihren Pritschen. Lennarts Kinder öffneten verwirrt die Augen und begannen erst einmal zu heulen. Nadja wollte sie in den Arm nehmen, doch sie ließen sich nur von Hakon trösten.
    Obwohl Sommer war, war es draußen bitterkalt. Atemdampf stand vor den Mündern der Kinder, die von einem Fuß auf den anderen hüpften, um sich zu wärmen.
    Ein Sergeant baute sich vor den Gefangenen auf und begann, Nummern aus einer langen Liste aufzurufen. Die Reihenfolge schien nur auf den ersten Blick willkürlich gewählt. Offenbar übersprang der Soldat mit Absicht bestimmte Zahlen. Wahrscheinlich hatte man die Gefangenen, die sich hinter diesen Nummern verbargen, an einen anderen Ort gebracht. Oder sie waren tot.
    Aria und zwei weitere Mädchen wurden aufgefordert, vorzutreten.
    »Das sind diejenigen, die für Statio n 12 bestimmt sind«, flüsterte Nadja. »Deine Freundin wirst du nicht so schnell wiedersehen.«
    Sie gingen wieder zurück in die Baracke, wo es endlich Frühstück gab. Die Kinder stellten sich, obwohl durchgefroren, diszipliniert in einer Reihe auf und warteten geduldig, bis Boleslav jedem einen Klecks Brei auf den Blechteller gab. Hakon beobachtete die Zwillinge, die sich gierig das Essen in den Mund schaufelten. Die erfahreneren Kinder ließen sich Zeit und nahmen immer nur eine Löffelspitze auf einmal zu sich. Dieses Häppchen rollten sie dann genüsslich im Mund hin und her, obwohl der Brei nicht besonders schmackhaft aussah. Maura und Melina wollten natürlich mehr haben, aber es gab für jeden nur eine Portion. Hakon ballte vor Wut die Fäuste.
    »Das reicht«, flüsterte er empört. »Ich habe lange genug gewartet.«
    »Was hast du vor?«, rief Nadja ihm hinterher. Doch da hatte Hakon schon die Baracke verlassen.
    Als er den Appellhof betrat, war er für alle anderen schon unsichtbar. Ihm war es egal, ob ihn irgendein Eskatay entdeckte und an Begarell auslieferte. Manchmal war Vorsicht ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte.
    Er sah Aria, die Frau und das Mädchen, die er beide vom Appell wiedererkannte, auf die offene Ladefläche eines Lasters klettern, der mit laufendem Motor vor dem Tor wartete. Hakon fluchte. Er hatte gehofft, dass man sie zu Fuß zu Statio n 12 bringen würde. Dann wäre er ihnen in sicherem Abstand gefolgt. Es war zu riskant für ihn, sich zu Aria und den beiden anderen Gefangenen zu setzen. Eine falsche Bewegung, ein kurzes Nachlassen der Konzentration, und seine Tarnung wäre aufgeflogen. Dieses Risiko wollte er erst eingehen, wenn er sich einen Plan zurechtgelegt hatte, wie er die Wachen überwältigen und die Gefangenen befreien konnte.
    Danach würde sich allerdings die Frage stellen, wohin sie sich überhaupt wenden sollten. In Morland waren sie nicht sicher. Sie konnten ins Ausland flüchten, aber bis zur nächsten Grenze waren es mehr als tausend Meilen. Wie sollten sie die zurücklegen? Es gab die Möglichkeit, übers Meer zu entkommen, vorausgesetzt, sie fanden ein Schiff und einen Kapitän, der sie mitnahm. Noch einmal sandte er einen Hilferuf an alle Gist.
    In Lorick erhielt nur noch die Armee die Ordnung aufrecht. Die Eskatay würden spätestens diesen Abend in der Hauptstadt eintreffen. York war endlich in Statio n 11 angekommen, doch die Verbindung zu ihm war abrupt abgebrochen. Und von Tess gab es noch immer keine Spur. Es war zum Verzweifeln.
    Da ihm nichts anderes übrig blieb, lief er dem Lastwagen hinterher und zwängte sich in letzter Sekunde durch das sich schließende Tor. Das Fahrzeug schien ein altes Modell zu sein. Der Wassertank war undicht und das Getriebe der Vorderachse gab merkwürdige Geräusche von sich. Hinzu kam, dass der Weg nicht asphaltiert und voller Schlaglöcher war, in denen sich Pfützen gebildet hatten.
    Deshalb hatte Hakon am Anfang noch kein Problem, Schritt zu halten. Der Wagen konnte nur Schritttempo fahren. Erst als die Straße besser wurde, drückte der Fahrer den Dampfhebel nach vorne und das Gefährt beschleunigte mit einem asthmatischen Schnaufen.
    Bald spürte Hakon, wie er kurzatmig wurde. Immer wieder musste er stehen bleiben und keuchend nach Luft schnappen. Der Wagen erhöhte seinen Vorsprung und nach einer Viertelstunde war nur noch seine Dampfsäule zu sehen. Eine halbe Stunde später war auch diese verschwunden. Hakon hielt an, stützte die Hände auf den

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