Morpheus #2
durchtrainiert.
«Können wir jetzt gehen?», fragte er einfach.
SECHSUNDZWANZIG
Als sie die Wohnungstür von innen abschloss, stand er wortlos hinter ihr und drückte sie an sich.
Er umarmte sie fest und vergrub das Gesicht in ihrem Haar. Minutenlang standen sie reglos im dunklen Flur, sein Bauch an ihren Rücken geschmiegt, sie hielt sich an seinen Armen fest, mit denen er sie umfing. Sie schloss die Augen und spürte seinen warmen Atem am Ohr, sein Bärtchen im Nacken.
Mit den Fingerspitzen strich sie über seine Unter-arme, spürte die definierten Muskeln, die sich bis hinauf zu den Schultern zogen.
Einen Moment lang stellte sie sich vor, es gäbe nur sie beide auf der Welt. Keine griesgrämigen Richter, keine gaffenden Massen, keine Prozesse im Rampenlicht. Sie stellte sich vor, ihre Arbeit hätte nicht mit dem Tod und seinen Ursachen zu tun, Beerdigungen zählten nicht zu den üblichen Betriebs-feiern. Es gäbe nur Dominick und sie, und sie lebten ein völlig anderes, unkompliziertes Leben ohne die Vergangenheit, ohne die Geheimnisse, die eine wachsende, wortlose Kluft zwischen ihnen schuf.
Er ließ sie nicht los, und auch sie hielt ihn fest.
Dann legte er die Hand auf ihren Bauch, drückte sie an sich, so fest, dass sie ihn spürte, hart gegen ihren Schenkel. Sein Atem ging schneller, er wurde zielstrebiger, küsste ihr Ohr, leckte ihren Nacken.
Seine andere Hand wanderte über ihre Brust und nestelte an ihren Blusenknöpfen. Dann schob er den BH zur Seite und nahm ihre Brust in seine warme Hand.
Zwischen ihnen stimmte einfach die Chemie.
Wenn sie mit ihm zusammen war, wenn sie eins wurden, hatte C. J. das Gefühl, sie öffnete ihm unwillkürlich ihr Innerstes, ein Fenster zu ihrer Seele, in das er nicht nur hineinsehen, sondern auch hi-neingreifen, ihr wahres Selbst berühren konnte. Die nackte Haut ihrer Körper, wenn sie sich aneinander rieben, war nichts als die schöne, doch bedeutungs-lose Grenze zwischen ihren Seelen. Sie atmeten wie ein Wesen, und einen sprachlosen Augenblick lang wusste er alles über sie, sogar Dinge, die sie selbst nicht wusste. Vielleicht war es dieses Gefühl vollkommener Einheit, das sie manchmal so schrecklich ängstigte. Wenn sie einander so nah waren, wurde sie durchschaubar, mit all ihren Schwächen.
Sie hob die Arme und griff in seine kurzen Haare, zog seinen Kopf zu sich herunter, tief in ihren Nacken. Sie drängte sich an ihn, wollte mehr von ihm spüren, ihn berühren, ihn schmecken, jetzt, hier auf dem Flur. Seine Finger massierten ihre Brüste, seine Lippen berührten ihren Nacken, sie hielt den Atem an, als seine Hand langsam nach unten glitt, über ihren Bauch, bis er den Knopf ihrer Hose fand.
Auch wenn sie Hunderte von Malen miteinander geschlafen hatten, spürte sie noch immer die Schmetterlinge im Bauch, wenn er sie berührte. Ein Gefühl, dass sie bei keinem anderen Mann erlebt hatte. Sie stöhnte, als er ihr hastig die Hose über die Hüften zog, seine Hand in ihren Slip glitt.
«Gott, ich liebe dich», flüsterte sie. Sie hatte die Arme um seinen Nacken geschlungen, ihre Fingernägel gruben sich in seinen Rücken.
«Ich will mit dir schlafen», hauchte er ihr ins Ohr,
«jetzt und hier.»
«Ja», sagte sie, ohne die Augen zu öffnen.
Während er sich das Hemd auszog, tastete sie nach seinen
Hüften und schob seine Hose herunter, die auf einem Haufen neben ihrer landete.
Sanft drehte er sie zu sich um. Seine nackte Haut war warm, das Haar auf seiner Brust kitzelte sie, als er sie beschützend in den Armen hielt. Dann hob er ihr Kinn und sah sie an. Sie öffnete die Augen. Von der Terrasse fiel sanftes Licht herein, gestreift durch den Filter der Jalousien.
«Es tut mir Leid», sagte sie. Sie fürchtete, weinen zu müssen. Der Augenblick überwältigte sie. «We-gen heute Abend, wegen allem. Weil ich nicht da war, als du mich…»
Doch er unterbrach sie. «Schsch», machte er.
«Ich liebe dich. Daran darfst du nie zweifeln.»
Dann küsste er sie zärtlich und zog sie auf den Wohnzimmerteppich, und sie liebten sich im weichen Licht, das von der Terrasse hereinfiel.
SIEBENUNDZWANZIG
Sonny Lindemans Beerdigung fand an einem windigen Freitagnachmittag in der Little-Flower-Kirche in Coral Gables statt. Schon aus vier Blocks Entfernung sah C. J. dass es hoffnungslos war, einen Parkplatz in der Nähe der pompösen spani-schen Kathedrale zu suchen. Die Straßen waren voll geparkt, und schwarz gekleidete Menschen liefen schweigend an ihrem
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