Morpheus #2
Wagen vorbei, als sie auf der Red Road an der Ampel standen. Motorradpoli-zisten vom Coral Gables Police Department regelten den Verkehr. Dominick ignorierte die Polizisten und stellte den Wagen am Straßenrand ab, direkt neben einem unübersehbaren Parkverbotsschild.
Als der Uniformierte auf den Wagen zukam, legte Dominick die Plakette des FDLE aufs Armaturen-brett, dann stieg er aus, um C. J. die Tür aufzuhalten. Wortlos drehte sich der Polizist um und ging davon.
Hand in Hand gingen sie schweigend auf die Kirche zu. Die Schritte auf dem Asphalt waren das einzige Geräusch der feierlichen Prozession. Die Gespräche verstummten, als sie sich den Weg zur Pforte bahnten.
C. J. hatte heute eigentlich nicht kommen wollen, hatte es aber aus Respekt doch getan. Respekt vor Dominick, denn sie wusste, dass er sie brauchte.
Respekt vor seinem Beruf. Denn gerade in den letzten zweiundsiebzig Stunden hatte sein Department wieder einen schweren Schlag einstecken müssen.
Dominick hatte Recht gehabt: Wenige Stunden nach Sonny Lindemans Tod waren unschöne Informationen aus der Abteilung für interne Angelegenheiten gesprudelt wie aus einem geplatzten Rohr. Sonny war erst kürzlich auf der schwarzen Liste gelandet, nachdem ihn ein übergelaufener Spitzel verpfiffen hatte, der in seinem Drogenpro-zess einen Deal herausschlagen wollte. Elijah Jackson warf Namen nur so um sich, und dann lief er ohne einen Cent Kaution zur Tür des County Jail hinaus.
Zwei Tage später sah ein Angler auf dem Miami River Elijahs Leiche vorbeitreiben. Die Gerichtsme-dizinerin hielt die durchtrennte Halsschlagader für die Todesursache, doch man hatte ihm auch den Bauch aufgeschlitzt – was die Fische anlockte und die Verwesung beschleunigte –, sodass sie zu keinem eindeutigen Befund kommen konnte.
Interessanter als ein kleiner korrupter Polizist waren die anderen Namen, die Elijah, selbst ehemals Mitglied der BB-Gang, ausgespuckt hatte, bevor er mit dem Bauch nach oben flussabwärts trieb. Valle war das Zauberwort, das ihm die Zellentür öffnete.
Roberto Valle war der Kopf einer der reichsten Familien in Miami. Ihm gehörte das halbe County und die Hälfte der Nachtclubs in South Beach. Nachtclubs, in denen rein zufällig alle Morpheus-Opfer gejobbt hatten. Valle war ein geachtetes Familien-oberhaupt und wurde wegen seiner wohltätigen Spenden und selbstlosen Geschenke an die Ge-meinde mit Ehrungen überhäuft. Aber trotzdem –jeder, der seine Finger im Nachtclub-Geschäft hatte, erregte das Misstrauen der Polizei, und Valle war seit Jahren wegen Geldwäsche im Visier der Behörden. Elijah Jackson hatte endlich den entscheidenden Hinweis gegeben.
So weit das Auge reichte, säumten Streifenwagen und Zivilfahrzeuge aus jedem Polizeirevier des Landes die Sevilla Road. Melbourne, Lakeland, Or-lando, sogar aus Tallahassee und Jacksonville waren Kollegen gekommen. Von nah und fern hatten sich die Träger der blauen Uniform zusammenge-funden, selbst wenn sie den Kameraden gar nicht gekannt hatten. Und selbst wenn der Kamerad vom rechten Weg abgekommen war.
Eine Schar von Uniformierten und Detectives in dunklen Anzügen hatte sich vor dem riesigen Portal aus Glas und Gusseisen versammelt. Es wurde nervös geflüstert und geraucht. Alle zögerten den Moment hinaus, die Kirche zu betreten und dem letzten Abschied beizuwohnen. Dominick entdeckte Manny, Marlon Dorsett und Chris Masterson im Gespräch mit ein paar anderen. «Hey Jungs», begrüßte er sie und sah sich um. «Chris, hast du Fulton gesehen?»
«Ja», antwortete Chris, «er ist schon drin, mit Black und Jordan vom Beach Department. Er hat gesagt, er hält dir einen Platz frei.»
«Hola, Boss», sagte der Bär und grinste C. J. an.
Er trug eine Tweedjacke mit braunem Kragen, die ihm an den Ärmeln fünf Zentimeter zu kurz war.
Entweder hatte Manny ein paar Pfunde zugelegt oder, was wahrscheinlicher war, sie war geliehen.
Seine schwarze Krawatte war mit kleinen Enten und dem Signet der Florida Marlins gemustert. «Neulich kamen wir nicht dazu, uns zu unterhalten. Was machen eure Hochzeitspläne?»
«Es wird, Manny. Dominick hat gerade die Salsa-Band engagiert.»
«Das gefällt mir.» Manny rieb sich über den Bauch, der ihm über den Gürtel hing. «Und erst recht das Essen… Hey, Dommy Boy, schwingst du deinen kleinen italienischen Hintern mit mir aufs Parkett?»
«Nicht, dass ich einen Bandscheibenvorfall bekomme, Bär», gab Dominick zurück. «Außerdem brauche ich ihn noch
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