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Morphin

Morphin

Titel: Morphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Szczepan Twardoch
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nichts von meinen Geliebten erfuhr. Sala musste ich einmal ins Gesicht schlagen, als sie bei einem Streit schon unsere Nummer über die Zentrale bestellt hatte, um Hela am Telefon alles zu gestehen. Sie stürzte sich mit Fäusten auf mich, und als ich ihre Unterarme packte, drückte sie sich mit dem Körper gegen mich, heiß wie eine läufige Katze, und biss mir in die Lippen. Ich konnte nicht nach Hause, wie hätte ich die blutenden Lippen erklären sollen?
    Sala hat jetzt Kohle und einen Karton geholt, die Requisiten unserer Leidenschaft. Und sie wartet, ich sehe, sie ist schon erregt, ihre Augen blitzen, die geleckten Lippen glänzen.
    «Zieh dich aus, dreh dich um und bück dich», sage ich.
    Ich habe nie ihr Gesicht gezeichnet, höchstens die Kontur einer Wange oder die Nasenspitze im weggedrehten Halbprofil, das Kinn des zurückgeworfenen Kopfes.
    Salas Gesicht. Schön wie die Schönheit Beiruts, Jerusalems und Damaskus’, auch wenn ihr Teint hell ist, also vielleicht eher Kalabriens, Siziliens und Kretas Schönheit, aber ihr Gesicht macht in diesen unseren Zeichnungen nichts aus. Ich zeichne es nicht, mag den Anblick ihres Gesichts nicht einmal, es interessiert mich nicht. Und heute, nach der langen Trennung, befehle ich ihr gerade dies, denn Sala mag nicht, wenn man sie fragt, sie bittet oder es ihr bequem machen will. Sala will Weisungen, Sala kann nur mit einem Mann sein, dessen Willen und Macht sie in Befehlen hört. Ein bittender, flehender Mann ist für Sala ein Unmann.
    «Lass Pantoffeln, Gürtel und Strumpfhosen an», sage ich.
    In der Wohnung ist es kalt, das Zeichnen dauert, aber Sala erträgt es ohne Murren. Und ich mag es, wenn ihre Haut so kühl ist, als streichelte ich einen Stein.
    Sie steht reglos, die Füße weit auseinander. Die runden Oberschenkel mit den Zacken des Spitzenstoffs darüber, die zierlichen Unterschenkel, große Hüften, schwere Gesäßbacken, die Rinne des Rückgrats wie mit dem Meißel gehauen, reglos erstarrt, so wie sie im Saal der Akademie erstarrte, umgeben von Studenten und Studentinnen. Aber die zeichneten eine Frau, ich zeichne das Weib an sich.
    Wenn die Kohle auf dem Karton anders zu quietschen beginnt, wenn ich die Zeichnung zu Ende bringe, hört sie das, und ihre Hüften werden regsam, und mein Blut beginnt zu perlen, und für einen Augenblick vergesse ich das Fläschchen voller Güte und Glück, denn ein Stück davon, sein Vorzeichen, erwartet mich dort, zwischen ihren weißen, fülligen Schenkeln.
    Dann, wenn alles vorbei ist, steckt die nackte, vollbusige Sala sich selbst in die dicke Mappe, auf die sie in Druckbuchstaben meinen Namen geschrieben hat: Konstanty. Es gibt mehrere solcher Mappen, ich habe nie hineingeschaut. Der Papp-Kostek ist voller verschiedener Salomés: Die gebückte Sala, in Strumpfhosen, mit herausgestrecktem Hintern, kam zu der wie der Blaue Engel auf dem Stuhl posierenden Sala, nackt, aber mit meinem Hut; die Sala im Profil, auf dem Rücken liegend und die Hüften anhebend, die Brüste fließen zu den Seiten, die Linie des erhobenen Gesäßes, das Haargestrüpp weist auf Sinn und Thema dieser Zeichnung hin, kam zu der Sala in dramatischer Perspektive, mit den Fußsohlen im Vordergrund, dahinter die geöffneten Schenkel, zwischen ihnen das Urtor und dann die Gesäßbacken, die fernen Schultern und die Bögen der im Nacken verschränkten Finger. Die verschiedenen Salomés, mit Kohle oder Rötelstift, eine in Tusche, ich erinnere mich an alle.
    Die körperliche, fleischliche Salomé dagegen, diese mehr oder echte Salomé nimmt eine Aluminiumdose, ich kenne sie gut, darin ruht auf rotem Samt eine gläserne Spritze mit einem Korb aus rostfreiem Stahl, dazu vergoldete Nadeln. Wir teilen das Morphin im Fläschchen nach Gewicht auf, zwei Fünftel für Sala, drei Fünftel für mich, für mich zuerst, denn Sala setzt sich ihre Spritze selbst, ich mag das nicht. Vorher öffnet sie noch den Burgunder, bettet mir Kissen unter den Rücken, fragt, ob mir bequem sei, ich trinke, nackt, und sie zieht das Gummiband an meinem Unterarm fest, findet wie eine gute Krankenschwester die Vene, beklopft sie, setzt die goldene Nadel unter die Haut und drückt langsam den Kolben herunter. Ich sehe noch, wie ihre Lippen mich umschließen, wie sie mich küsst, so wie ich mich von Hela nie habe küssen lassen.
    Danach. Ich tauche in Wärme ein. Der Burgunder verdunstet. Neben mir mein Salakörper. Meine beiden Körper nackt. Meine Salazunge leckt die Nadel ab. Immer

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