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Morphin

Morphin

Titel: Morphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Szczepan Twardoch
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hellhaarige Ich im Kinderbett. Da ist er, schläft, Pausbäckchen, das Händchen unter der Wange, lange Wimpern. Ich sehe ihn, beginne ihn zu streicheln, gleich wird dieses kleine Ich erwachen.
    Hela zieht mich aus dem Zimmer, führt mich in die Küche zum Tisch, und so sitzen wir da, schweigend. Kurz darauf sage sie: «Weißt du was von Iga?»
    «Nein, nichts.»
    Jacek, Jacek, mein Gewissensbiss, Jacek, Quell meines in die Wunderfläschchen gebannten Glücks.
    «Papa war gestern hier.»
    «Und?»
    «Er sagt, man könnte uns nach Schweden bringen und von dort direkt nach New York, zu Onkel Albert.»
    «Und?»
    «Lass uns fahren, alle, wir drei. Nur weg von diesem Krieg und der Angst.»
    Ich weiß, was Hela erwartet. Dass ich jetzt nein sage. Dass ich sage: Fahrt allein. Du und Jureczek. Nimm deinen Vater oder deine Mutter und fahrt, nimm Geld. Ich muss hierbleiben, für mich geht der Krieg noch weiter, ich muss bleiben und kämpfen, mich nach Frankreich durchschlagen oder in den Untergrund gehen und kämpfen, für Polen. So heißt das jetzt.
    Dann wird Hela mir ins Gewissen reden, die Familie sei wichtiger, in der Hoffnung, dass ich widerspreche, dass ich sage, ich liebe euch mehr als alles auf der Welt, aber Polen ist meine Pflicht, und wenn ich diese Pflicht verletze, dann wäre ich nicht mehr der Kostek, den sie einst geliebt hat. Deshalb muss ich. Und sie könnte dann eine Pose einnehmen wie auf einem Gemälde von Grottger: Wenn du bleibst, dann ist mein Platz an deiner Seite. Ich werde bei dir ausharren. Sie wird sich berauschen an diesem dummen weiblichen Heldengetue, das eigentlich nicht weiblich, sondern nur bizarr, weil polnisch ist und überhaupt nichts ändert, außer dass Hela sich besser fühlt.
    Ich zuckte nur mit den Schultern.
    «Was?» Hela schaut mich prüfend an.
    «Nichts. Wir können fahren, wenn du willst. Jureczek wird Englisch lernen und als Amerikaner aufwachsen, er wird Kaugummi kauen und in die Klubs gehen, Negermusik hören», erwidere ich.
    «Kostek, was soll denn das … Wir hören doch nicht auf, Polen zu sein, wir kehren sofort zurück, sobald der Krieg aus ist.»
    Arme Hela. Sie weiß nichts über mich, die arme Hela kennt mich nicht, sie glaubt, sie hätte jemand ganz anderen geheiratet.
    «Aber mir wäre es wirklich lieber, Jureczek würde ein netter amerikanischer Junge», antworte ich. «Was ist denn schlecht an Jazz?»
    Hela sieht mich mit ihrem Helablick an, dem gewöhnlichen Helablick, als hätte nichts sich geändert, als wäre kein Krieg und ich hätte einfach nur ein Paradox vorgeführt, allen Ernstes ein kontroverses Urteil geäußert, von dem Hela nicht wusste, was davon halten, also sieht sie mich an, wie sie es gelernt hat, mit diesem Blick: nicht zustimmen und sich nicht widersetzen.
    «Ich muss mich hinlegen.»
    «Papa hat eine Bitte an dich. Einer gewissen Łubieńska am Erlöserplatz ein Paket zu bringen. Ich habe Angst, mir wäre lieber, du tust es nicht. Das ist so eine Sache … wenn sie dich erwischen, erschießen sie dich. Verstehst du? Du sagst nein, ja? Ich habe Papa schon abgesagt, aber er ist ja hartnäckig.»
    Und wieder, wieder: Helas kleine Versuche. Wird mein Kostuś sich der großartigen Unabhängigkeitstraditionen unserer Familie als würdig erweisen? Wird er sich so tapfer zeigen, wie der Ehemann von Helena Willemann de domo Peszkowska aus der Linie Jastrzębiec zu sein hat? Wird er den Tod nicht fürchten?
    Ist mein Kostuś würdig, sich einen Polen zu nennen? Dummes Geschwätz.
    Ich denke, Hela wünscht mir den Tod. Sie würde gern Witwe werden, in Schwarz eingewoben einherschreiten, mein Grab mit dem Birkenkreuz pflegen, Jureczek in der Gewissheit erziehen, dass sein Papa ein wahrer Pole war. Und dann irgendeinem gutaussehenden Offizier erlauben, sich um sie und Jurek zu kümmern, seine Hilfe in Anspruch nehmen, sich in ihn verlieben und umgekehrt, ohne sich natürlich auch nur anfassen zu lassen, und dann in einer herzzerreißenden Szene seinen Heiratsantrag ablehnen. Ihm zu gestehen: Ja, ich liebe, aber ich kann nicht, ich habe schon einen Mann, Konstanty hat sein Leben für Polen geopfert, ich kann ihm das nicht antun. Der Offizier wird natürlich verstehen, das hat er erwartet, hat es sogar hören wollen, die Frau oder besser Polin, in die er sich verliebt hat, so nur konnte sie antworten. Hätte sie zugestimmt, hätte sie ihn enttäuscht, und er hätte sie in stiller Verachtung geheiratet und sie später vielleicht mit der Reitpeitsche

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