Morphium
Vaters.
Ich habe Hunterbury an einen Major Somervell verkauft. Er wünscht dringend, es möglichst bald zu b e ziehen. Ich fahre jetzt hin, um den Haushalt aufzul ö sen. Wäre es Ihnen möglich, die Sachen Ihres Vaters so bald wie möglich aus dem Pförtnerhaus fortzuschaffen? Ich hoffe, es geht Ihnen gut und Sie finden die Ausbildung nicht zu anstrengend.
Mit den besten Grüßen Ihre
Elinor Carlisle
Brief von Mary Gerrard an Schwester Hopkins, vom 25. Juli:
Liebe Schwester Hopkins – herzlichen Dank, dass Sie mir über meinen Vater geschrieben haben. Ich bin froh, dass er nicht geli t ten hat. Miss Elinor schreibt mir, dass das Haus verkauft ist und dass sie das Pförtnerhaus gern so rasch wie möglich geräumt haben möchte. Kann ich bei Ihnen absteigen, wenn ich morgen zum Begräbnis komme! Wenn ja, brauchen Sie nicht mehr zu schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Mary Gerrard
7
E linor Carlisle kam am Donnerstagmorgen, den 27. Juli, aus dem »Löwen« und blickte die Hauptstraße von Maidensford hinauf und hinunter.
Dann überquerte sie mit einem freudigen Ausruf die Straße.
Diese große würdige Erscheinung, der ruhige Gang, der an ein Schiff unter vollen Segeln erinnerte, waren nicht zu verkennen!
»Mrs Bishop!«
»Oh, Miss Elinor! Das ist aber eine Überraschung! Ich hatte keine Ahnung, dass Sie hier sind! Hätte ich gewusst, dass Sie nach Hunterbury kommen, wäre ich auch gekommen. Wer macht dort alles für Sie? Haben Sie jemanden aus London mitgebracht?«
Elinor schüttelte den Kopf.
»Ich wohne nicht im Haus, ich wohne im ›Löwen‹.«
Mrs Bishop schaute hinüber und rümpfte die Nase.
»Man kann zur Not dort wohnen«, gab sie zu. »Sauber ist es, das weiß ich, und das Essen soll auch nicht schlecht sein, aber kaum, wie Sie es gewöhnt sind, Miss Elinor.«
Elinor sagte lächelnd:
»Ich bin wirklich ganz gut untergebracht, es ist ja nur für ein paar Tage. Ich muss die Sachen im Haus durchsehen. Ich nehme die persönlichen Sachen meiner Tante mit und dann noch ein paar Möbelstücke, die ich gern in London hätte.«
»Das Haus ist also wirklich verkauft?«
»Ja, an einen Major Somervell, unser neues Parlamentsmitglied. Ich bin froh, dass jemand das Haus gekauft hat, der wirklich darin wohnen wird. Es hätte mir Leid getan, wenn man ein Hotel daraus gemacht oder es umgebaut hätte.«
Mrs Bishop schloss die Augen und erschauerte.
»Ja, das wäre wirklich schrecklich gewesen! Es ist schlimm genug, sich Hunterbury in der Hand von Fremden vorzustellen.«
»Ja, aber sehen Sie, es wäre doch ein zu großes Haus für mich gewesen, um allein darin zu leben.«
Mrs Bishop antwortete nicht, und Elinor fuhr rasch fort: »Was ich Sie noch fragen wollte! Ist vielleicht ein Möbelstück dort, das Sie gern haben möchten? Ich würde es Ihnen sehr gern geben.«
Mrs Bishop strahlte.
»Oh, Miss Elinor, das ist sehr lieb von Ihnen, wirklich sehr gütig. Wenn ich so frei sein darf…«
Sie machte eine Pause, und Elinor meinte aufmunternd: »Ja, natürlich.«
»Den Sekretär im Salon habe ich immer so bewundert, so ein schönes Stück!«
Elinor erinnerte sich: ein etwas auffallendes Stück Einlegearbeit.
»Natürlich sollen Sie ihn haben, Mrs Bishop. Sonst noch etwas?«
»Nein, danke schön, Miss Elinor. Sie waren immer sehr freigiebig.«
»Es sind noch einige Stühle da im selben Stil wie der Sekretär; möchten Sie die nicht auch haben?«
Mrs Bishop nahm die Stühle mit gebührendem Dank entgegen.
»Ich wohne augenblicklich bei meiner Schwester. Kann ich irgendetwas im Haus oben für Sie erledigen, Miss Elinor? Ich könnte gleich mit Ihnen hinaufgehen, wenn Sie es wünschen.«
»Nein, danke.«
Elinor sprach rasch, beinahe hastig.
»Es wäre gar keine Mühe, das versichere ich Ihnen – nur ein Vergnügen. So eine melancholische Aufgabe, alle die Sachen der lieben Mrs Welman durchzusehen!«
»Ich danke Ihnen, Mrs Bishop, aber ich mache es lieber allein. Man kann manche Dinge besser allein tun – «
Mrs Bishop erwiderte steif:
»Wie es Ihnen beliebt, natürlich.«
Dann fuhr sie fort:
»Die Tochter von Gerrard ist hier; gestern war sein Begräbnis. Sie wohnt bei Schwester Hopkins. Ich hörte, dass die beiden heute Vormittag zum Pförtnerhaus gegangen sind.«
Elinor nickte.
»Ja, ich ersuchte Mary, herzukommen und das Pförtnerhaus zu räumen. Major Somervell will so bald wie möglich einziehen.«
»Ah, ich verstehe.«
»Nun, ich muss jetzt gehen. Ich habe mich
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