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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ein wenig verlogen, erzählt gelegentlich phantastische Sachen, bei denen es ihr nicht so sehr um Täuschung zu tun ist als darum, aus allem eine unterhaltsame Geschichte zu machen.«
    Poirot nickte.
    »Hopkins ist eine vernünftige, kluge Frau mittleren Alters, ganz freundlich und tüchtig, aber mit zu viel Interesse für die Angelegenheiten anderer Leute!«
    »Wenn es etwas mit einem jungen Mann im Dorf gegeben hätte, würde Schwester Hopkins davon wissen?«
    »Darauf können Sie wetten!« Er fügte langsam hinzu: »Dennoch glaube ich nicht, dass auf dem Gebiet viel zu holen ist. Mary war noch nicht lange zurück, sie war zwei Jahre in Deutschland gewesen.«
    »Sie war einundzwanzig?«
    »Ja.«
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, meinte Hercule Poirot.
    »Ja?«
    »Jemand stahl an jenem Abend im Juni das Röhrchen mit Morphium aus Schwester Hopkins’ Koffer. Nehmen wir an, Mary Gerrard sah den Betreffenden?«
    »Sie würde es erwähnt haben.«
    »Nein, nein, mon cher. Seien Sie vernünftig! Wenn Elinor Carlisle oder Roderick Welman oder die Schwester O’Brien oder sogar einer der Dienstboten den Koffer geöffnet und ein Glasröhrchen herausgenommen hätte, was würde jeder, der es sah, denken? Einfach, dass der Betreffende von der Pflegerin geschickt worden war, um es zu holen. Mary Gerrard würde die Sache für den Moment gleich wieder vergessen, sich jedoch möglicherweise später daran erinnern und es dem Betreffenden gegenüber erwähnen – oh, ganz zufällig, ohne den geringsten Verdacht zu äußern. Aber stellen Sie sich die Wirkung einer solchen Bemerkung auf den Mörder von Mrs Welman vor! Mary hatte es gesehen, Mary musste um jeden Preis mundtot gemacht werden! Ich kann Ihnen versichern, mein Freund, dass jemand, der einmal einen Mord begangen hat, es nur zu leicht findet, einen zweiten zu begehen!«
    »Ich dachte die ganze Zeit, dass Mrs Welman das Zeug selbst genommen habe …«, sagte Peter Lord mit einem Stirnrunzeln. »Aber sie war gelähmt – hilflos – hatte eben einen zweiten Schlaganfall gehabt.«
    »Ich weiß. Meine Idee war, dass sie, nachdem sie sich auf irgendeine Art Morphium verschafft hatte, es irgendwo in ihrer Nähe aufbewahrte.«
    »Dann hätte sie sich aber das Morphium vor ihrem zweiten Anfall verschaffen müssen; die Pflegerin vermisste es jedoch erst danach.«
    »Hopkins mag das Morphium erst an diesem Morgen vermisst haben, es kann aber schon ein oder zwei Tage vorher entwendet worden sein, ohne dass sie es bemerkt hatte.«
    »Wie hätte die alte Dame darankommen können?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht ein Dienstmädchen bestochen. In dem Fall würde das Mädchen es nie gestehen.«
    »Sie glauben nicht, dass eine der Pflegerinnen bestechlich ist?«
    Lord schüttelte den Kopf.
    »Niemals! Erstens nehmen es beide sehr streng mit ihrem Berufsethos – und zweitens hätten sie viel zu viel Angst, um so etwas zu tun: Sie würden die Gefahr für sich selbst erkennen.«
    »Das ist richtig«, sagte Poirot und fügte nachdenklich hinzu: »Es sieht so aus, als kehrten wir zum Ausgangspunkt zurück, nicht? Wer hat am ehesten das Röhrchen genommen? Elinor Carlisle. Wir können sagen, dass sie sichergehen wollte, ein großes Vermögen zu erben. Wir können aber auch großmütiger sein und sagen, dass sie von Mitleid bewegt das Morphium genommen und ihrer Tante auf wiederholten Wunsch eingeflößt habe; genommen aber hat sie es – und Mary Gerrard sah sie dabei. Also sind wir wieder bei den Broten und dem leeren Haus und Elinor Carlisle – aber diesmal mit einem anderen Motiv: Sie will ihre Haut retten.«
    »Das ist phantastisch! Ich sage Ihnen, sie ist nicht so! Geld bedeutet ihr nicht so viel – übrigens auch Roderick Welman nicht, das muss ich zugeben. Ich habe schon beide das sagen gehört!«
    »So? Das ist sehr interessant. Diese Art Verlautbarungen erscheinen mir immer sehr verdächtig.«
    »Hol Sie der Teufel, Poirot, müssen Sie immer alles so drehen und wenden, dass es wieder zu dem Mädchen führt?«
    »Ich bin es nicht, der die Dinge dreht, sie führen selbst dorthin. Es ist wie der Zeiger in einer Jahrmarktbude, er schwingt herum, und wenn er stehen bleibt, deutet er stets auf denselben Namen: Elinor Carlisle.«
    »Nein!«
    Hercule Poirot schüttelte traurig den Kopf.
    »Hat sie Verwandte, diese Elinor Carlisle? Schwestern? Vettern? Vater und Mutter?«
    »Nein, sie ist eine Waise – allein auf der Welt…«
    »Wie pathetisch das klingt! Bulmer wird das sicherlich

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