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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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beobachtet – nein. Ja, ich vermute, das könnte sie getan haben… Aber das ist alles Unsinn! Warum hätte sie so etwas tun sollen?«
    Hercule Poirot schüttelte nachdenklich den Kopf.
    »Das Herz eines jungen Mädchens… wie ich schon sagte – so empfindlich! Eine unglückliche Liebesgeschichte vielleicht – «
    Schwester Hopkins ließ ein verächtliches Schnauben hören.
    »Mädel bringen sich wegen Liebesgeschichten nicht um – außer sie sind in andern Umständen –, und das war Mary nicht, kann ich Ihnen sagen!«
    Sie schaute ihn ganz kampfeslustig an.
    »Und sie war nicht verliebt?«
    »Nein, durchaus nicht. Sie war eifrig bei ihrer Arbeit und freute sich des Lebens.«
    »Aber sie muss doch Verehrer gehabt haben, wenn sie ein so anziehendes Mädchen war.«
    »Ja, da war Ted Bigland, freilich«, erklärte Schwester Hopkins.
    Poirot erkundigte sich genauer nach Ted Bigland.
    »Er war sehr verliebt in Mary. Aber, wie ich ihr auch selber sagte, sie war viel zu gut für ihn.«
    »Er muss wütend gewesen sein, als sie nichts mit ihm zu tun haben wollte, was?«
    »Freilich war er böse, ja«, erklärte Schwester Hopkins. »Er gab noch dazu mir die Schuld daran.«
    Poirot fragte sanft:
    »Wieso hat Mary Sie eigentlich so sehr interessiert?«
    »Ja, ich weiß nicht…« Schwester Hopkins zögerte, sie sah aus, als schäme sie sich ein wenig. »Es war etwas – nun – Romantisches um Mary.«
    »Um sie vielleicht, aber nicht um ihre Verhältnisse. Sie war doch die Tochter des Pförtners, nicht?«
    »Ja, ja – natürlich. Wenigstens – « Sie zögerte und sah Poirot an, der sie in seiner mitfühlendsten Art anblickte.
    »Tatsächlich«, sagte Schwester Hopkins in einem plötzlichen Vertrauensbruch, »war sie gar nicht die Tochter vom alten Gerrard. Er hat es mir gesagt. Ihr Vater war ein Gentleman.«
    Poirot murmelte:
    »Ah… und ihre Mutter?«
    Schwester Hopkins zögerte abermals, biss sich auf die Lippen und fuhr dann fort:
    »Ihre Mutter war Kammerzofe bei der alten Mrs Welman. Sie heiratete Gerrard, nachdem Mary bereits geboren war.«
    »Also, wie Sie richtig sagen, ein ganzer Roman – ein geheimnisvoller Roman.«
    Schwester Hopkins’ Gesicht hellte sich auf.
    »Nicht wahr? Man kann doch gar nicht anders, als sich für jemanden interessieren, wenn man etwas von ihm weiß, was sonst niemand weiß. Durch reinen Zufall erfuhr ich eine Menge. Eigentlich war es ja Schwester O’Brien, die mich auf die Spur brachte, aber das ist eine andere Geschichte. Jedoch, wie Sie sagen, es ist interessant, die Vergangenheit zu kennen. Von so mancher Tragödie hat niemand eine Ahnung. Es ist eine traurige Welt.«
    Poirot seufzte und schüttelte den Kopf.
    Schwester Hopkins sagte, nun erschrocken:
    »Aber ich hätte es Ihnen nicht erzählen dürfen! Ich möchte um alles in der Welt nicht, dass ein Wort davon herauskommt! Schließlich hat es ja nichts mit dem Fall zu tun. Soweit es die Leute angeht, war Mary Gerrards Tochter, und nichts anderes darf auch nur angedeutet werden. Sie in den Augen der Welt herabzusetzen, nachdem sie tot ist! Er hat ihre Mutter geheiratet und das genügt.«
    »Aber Sie wissen vielleicht, wer ihr wirklicher Vater war?«
    »Nun, vielleicht weiß ich es, vielleicht auch nicht. Das heißt, wissen tu ich gar nichts, ich könnte es höchstens erraten. Alte Sünden haben lange Schatten, wie man zu sagen pflegt! Aber ich bin keine Klatschbase.«
    Poirot wechselte taktvoll das Thema.
    »Da ist noch etwas – eine heikle Sache. Aber ich bin überzeugt, ich kann mich auf Ihre Diskretion verlassen.«
    Ein geschmeicheltes Lächeln breitete sich auf Schwester Hopkins’ unschönen Zügen aus.
    »Ich spreche von Mr Roderick Welman. Wie ich höre, war er von Mary Gerrard gefesselt.«
    »Völlig hin und weg!«
    »Obwohl er zu jener Zeit mit Miss Carlisle verlobt war?«
    »Wenn Sie mich fragen«, sagte Schwester Hopkins, »er war nie so richtig verliebt in Miss Carlisle, nicht, was ich verliebt nenne.«
    »Hat Mary Gerrard seine – hm – Bemühungen um sie ermutigt?«
    Schwester Hopkins erwiderte scharf:
    »Sie hat sich tadellos benommen. Niemand könnte behaupten, sie habe ihn ermutigt!«
    »War sie in ihn verliebt?«
    »Nein, das war sie nicht«, erklärte Schwester Hopkins entschieden.
    »Aber sie hat ihn gut leiden können?«
    »O ja, sie hat ihn ganz gut leiden können.«
    »Ich vermute, mit der Zeit hätte etwas daraus werden können?«
    Schwester Hopkins gab das zu.
    »Möglich. Aber Mary hätte nichts

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