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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ich – nein, das kann ich nicht…«
    Hercule Poirot neigte den Kopf.
    »Ja, das dachte ich mir. Ich war sicher, dass Sie das sagen würden.«

14
     
    I n der Kanzlei Seddon, Ridgeway & Seddon wurde Hercule Poirot mit äußerster Zurückhaltung, um nicht zu sagen mit Misstrauen empfangen.
    Mr Seddon strich mit dem Zeigefinger über sein glattrasiertes Kinn, war durchaus unverbindlich, und seine klugen grauen Augen blickten den Detektiv nachdenklich und abschätzend an.
    »Ihr Name ist mir natürlich gut bekannt, Monsieur Poirot. Aber ich verstehe Ihre Aufgabe in diesem Fall nicht ganz.«
    »Ich handle, Monsieur, im Interesse Ihrer Klientin.«
    »Ach, in der Tat? Und wer – hm – hat Sie dazu veranlasst?«
    »Ich bin auf Ersuchen von Dr. Lord hier.«
    Mr Seddons Augenbrauen hoben sich beträchtlich.
    »Wirklich? Das erscheint mir sehr eigentümlich – höchst eigentümlich! Dr. Lord ist, soviel ich weiß, von der Staatsanwaltschaft als Zeuge geladen.«
    »Tut das etwas zur Sache?«
    Hercule Poirot zuckte mit den Achseln.
    »Die Anordnungen bezüglich Miss Carlisles Verteidigung liegen ganz und gar in unseren Händen. Ich glaube wirklich nicht, dass wir noch Hilfe von Außenstehenden in diesem Fall benötigen.«
    »Weil die Unschuld Ihrer Klientin so leicht zu beweisen ist?«
    Mr Seddon zuckte zusammen.
    »Das«, sagte er, »ist eine höchst ungehörige Frage. Höchst ungehörig.«
    »Die Lage Ihrer Klientin ist ausgesprochen schlecht…«
    »Ich kann wirklich nicht begreifen, Monsieur Poirot, wieso Sie etwas darüber wissen.«
    »Obwohl sich tatsächlich zuerst Dr. Lord an mich wandte, habe ich hier auch noch einen Brief von Mr Roderick Welman.«
    Er überreichte ihn mit einer Verbeugung.
    Mr Seddon las die wenigen Zeilen und bemerkte dann widerstrebend:
    »Das ändert die Sache natürlich. Mr Welman hat die Verantwortung für Miss Carlisles Verteidigung übernommen. Wir handeln auf seinen Wunsch.«
    Er fügte mit sichtlichem Widerwillen hinzu:
    »Unsere Firma hat sehr wenig zu tun mit Strafprozessen, aber ich empfand es als meine Pflicht meiner verstorbenen Klientin gegenüber, mich um die Verteidigung ihrer Nichte zu bemühen. Ich kann Ihnen mitteilen, dass wir bereits Sir Edwin Bulmer als Verteidiger gewonnen haben.«
    Poirot sagte, und sein Lächeln war plötzlich ironisch:
    »Keine Kosten werden gescheut. Sehr richtig und in Ordnung.«
    »Wirklich, Monsieur Poirot – «
    »Rhetorik und Emotionalität werden Ihre Klientin nicht retten. Da braucht es mehr.«
    »Was raten Sie?«, fragte Mr Seddon kühl.
    »Es gibt immerhin die Wahrheit.«
    »Ganz richtig.«
    »Aber wird die Wahrheit uns in diesem Fall helfen?«
    »Das ist wieder eine höchst ungehörige Bemerkung«, rügte Mr Seddon scharf.
    »Es gibt gewisse Fragen, auf die ich gern eine Antwort hätte«, fuhr Poirot fort.
    Mr Seddon wurde vorsichtig.
    »Ich kann mich natürlich nicht verpflichten, ohne die Zustimmung meiner Klientin zu antworten.«
    »Natürlich, das begreife ich.« Er machte eine Pause und fragte dann: »Hat Elinor Carlisle Feinde?«
    Mr Seddon zeigte sich leicht erstaunt.
    »Soviel ich weiß, keine.«
    »Hat die verstorbene Mrs Welman je, zu irgendeiner Zeit ihres Lebens, ein Testament gemacht?«
    »Nie. Sie hat es immer hinausgeschoben.«
    »Hat Elinor Carlisle ein Testament gemacht?«
    »Ja.«
    »Kürzlich? Nach dem Tod ihrer Tante?«
    »Ja.«
    »Wem hat sie ihr Vermögen hinterlassen?«
    »Das, Monsieur Poirot, ist streng vertraulich. Das kann ich Ihnen ohne Bevollmächtigung durch meine Klientin nicht sagen.«
    »Dann werde ich Ihre Klientin sprechen müssen!«
    Mr Seddons Lächeln war kalt wie Eis.
    »Das, fürchte ich, wird nicht leicht sein.«
    Poirot erhob sich und machte eine Geste.
    »Alles ist leicht für Hercule Poirot«, sagte er.
     

15
     
    C hefinspektor Marsden war leutselig.
    »Nun, Monsieur Poirot, kommen Sie, um mir einen meiner Fälle zurechtzurücken?«
    Poirot murmelte abwehrend:
    »Nein, nein. Ein wenig Neugierde meinerseits, das ist alles.«
    »Wird mich freuen, Sie befriedigen zu können. Welcher Fall ist es?«
    »Elinor Carlisle.«
    »Ach ja, das Mädchen, das Mary Gerrard vergiftet hat. Kommt in zwei Wochen zur Verhandlung. Interessanter Fall. Hat die alte Frau übrigens auch umgebracht. Bericht liegt noch nicht vor, aber es scheint kein Zweifel zu bestehen. Morphium. Kaltblütiges Ding. Hat nicht mit der Wimper gezuckt, weder bei ihrer Verhaftung noch nachher. Verrät nichts. Aber wir haben Beweise

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