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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Worte aus dem Mund.
    »Ja, und er hatte Recht. Es schadet einem Doktor nur, sich Dinge einzubilden und die Familie zu beleidigen, und wenn er dann unrecht hat, ist es aus mit ihm, niemand wird ihn mehr holen lassen. Ein Doktor muss sicher sein!«
    »Man hält es für möglich, dass Mrs Welman Selbstmord begangen hat.«
    »Die? Wo sie so hilflos dalag? Die konnte gerade noch eine Hand heben!«
    »Hätte ihr jemand dabei helfen können?«
    »Ah! Jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Miss Carlisle oder Mr Welman, oder vielleicht Mary Gerrard?«
    »Es wäre doch möglich, nicht?«
    Schwester O’Brien schüttelte den Kopf.
    »Von denen würde es keiner gewagt haben!«
    Poirot sagte langsam:
    »Vielleicht nicht.«
    Dann fuhr er fort: »Wann vermisste Schwester Hopkins das Röhrchen mit Morphium?«
    »Am gleichen Morgen. ›Ich bin ganz sicher, dass ich es mitgenommen hatte‹, sagte sie. Anfangs war sie sehr sicher; aber Sie wissen, wie das ist, nach einer Weile wird man irre an sich, und schließlich glaubte sie bestimmt, es zu Hause gelassen zu haben.«
    »Und sogar dann hegten Sie keinen Verdacht?«
    »Aber nicht den geringsten! Es kam mir nicht einen Augenblick der Gedanke, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte.«
    »Und was denken Sie jetzt?«
    »Wenn man Morphium bei ihr findet, kann es wohl kaum einen Zweifel geben, wer das Röhrchen genommen hat und wozu es benützt wurde…«
    »Sie hegen gar keinen Zweifel, dass Elinor Carlisle Mary Gerrard umgebracht hat?«
    »Wer sonst hätte einen Grund oder den Wunsch gehabt, es zu tun?«
    »Das ist die Frage«, bestätigte Poirot.
    Schwester O’Brien fuhr dramatisch fort:
    »War ich nicht selbst an jenem Abend dabei, als die alte Dame zu reden versuchte und Miss Elinor ihr versprach, dass alles ihren Wünschen gemäß getan werden sollte? Und hab ich nicht ihr hasserfülltes Gesicht gesehen, als sie eines Tages Mary nachschaute, wie sie die Treppe hinunterging? Zu jener Minute dachte sie an Mord!«
    »Wenn Elinor Carlisle Mrs Welman tötete, warum tat sie es?«
    »Warum? Wegen des Geldes natürlich! Zweimal hunderttausend Pfund, keinen Penny weniger!«
    »Wenn Mrs Welman noch dazu gekommen wäre, ein Testament zu machen, wie, glauben Sie, hätte sie über ihr Geld verfügt?«
    »Sie hätte bestimmt alles Mary Gerrard vermacht!«
    »Warum?«
    Dieses eine Wort schien Schwester O’Brien etwas aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    »Warum? Warum, fragen Sie? Nun – ich möchte einfach sagen, so wäre es eben gewesen.«
    »Sie sind, glaube ich, eine sehr diskrete Person, Schwester O’Brien«, erklärte Poirot leise und fuhr fort, sie sehr genau beobachtend: »Sie und Schwester Hopkins, Sie sind übereingekommen, dass es Dinge gibt, die lieber nicht ans Tageslicht gebracht werden sollten, nicht wahr?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Nichts, was mit dem oder den Verbrechen zu tun hat. Ich meine – das andere.«
    »Wem würde es nützen, die alte Geschichte wieder aufzurühren? Sie war eine anständige Frau, die hoch geachtet und von jedermann verehrt gestorben ist.«
    Hercule Poirot nickte zustimmend.
    »Sie sagen es, Mrs Welman war sehr geachtet in Maidensford.«
    Die Unterredung hatte eine unerwartete Wendung genommen, sein Gesicht verriet jedoch weder Überraschung noch Verwirrung.
    »Es ist auch schon so lange her. Alles tot und vergessen. Ich selbst habe viel für Romantik übrig und ich sage, was ich immer gesagt habe, dass es hart ist für einen Mann, der eine Frau im Irrenhaus hat, sein ganzes Leben lang an sie gefesselt zu sein.«
    Poirot murmelte, noch immer im Dunkeln tappend: »Ja, es ist hart…«
    »Hat Ihnen Schwester Hopkins erzählt, wie ihr Brief sich mit dem meinen kreuzte?«
    »Das hat sie mir nicht erzählt«, erklärte Poirot wahrheitsgemäß.
    »Es war ein seltsames Zusammentreffen, aber so geht es immer! Man hört einmal einen Namen, und ein paar Tage später begegnet man ihm wieder und so weiter und so weiter. Dass ich im gleichen Augenblick die Fotografie auf dem Klavier stehen sah, als Schwester Hopkins alles darüber von der Haushälterin des Doktors erfuhr!«
    »Das«, sagte Poirot, »ist sehr interessant… Hat Mary Gerrard davon gewusst?«
    »Wer hätte es ihr sagen sollen?«, meinte Schwester O’Brien. »Ich nicht – und die Hopkins nicht. Schließlich, was hätte es ihr genützt?« Sie warf ihren roten Schopf in den Nacken und schaute ihn fest an.
    Poirot sagte mit einem Seufzer: »Freilich, was?«

18
     
    E linor Carlisle…
    Über die Breite

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