Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
Vom Netzwerk:
Bruder Maske.«
    »Ein recht eigenartiger Name für einen Pharao, finden Sie nicht? Wie heißen Sie wirklich?«
    »Das geht dich im Moment noch nichts an.« Er lachte säuerlich. »Du musst wirklich Finanzbeamter gewesen sein. Nenn mich Byron.« Er sah sich um. »Nun, ich merke, die Medinen haben dein Gehirn bis jetzt noch verschont. Wir sollten uns beeilen, damit das auch so bleibt.« Er ging ein paar Schritte zum Hauptgang zurück, blieb jedoch stehen und sah mich über die Schulter hinweg an. »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Die Kreatur, der ich mein Hiersein zu verdanken habe, nennt mich Kematef.«
    Byron zuckte belustigt. »Na, wunderbar.« Er lief um die Ecke und rief: »Komm, sonst sind deine Knochen bald genauso schwammig wie die aller anderen hier …«
     
    Nach einem langen Marsch, auf dem wir an Hunderten von überwucherten Gestalten vorübergehetzt waren, erklangen vor uns endlich gedämpfte Geräusche menschlichen Lebens. Ich vernahm Stimmen, Musik und Lachen. Byron hielt inne, dann bedeutete er mir, ihm in einen der Seitengänge zu folgen.
    »Wohin wollen Sie?«, erkundigte ich mich verwirrt. »Ich verspüre keine Lust, von diesem Gewürm aufgefressen zu werden. Warum gehen wir nicht dorthin, wo die Musik spielt?«
    Byron antwortete nicht. Er suchte sich eine leere Halle, lauschte eine Weile und begann schließlich, mit über dem Kopf verschränkten Armen eigenartige Verrenkungen zu vollführen. »Bleib am Eingang stehen und pass auf, ob jemand kommt«, stöhnte er.
    »Was haben Sie vor?« Verwundert beobachtete ich sein Treiben. Byron keuchte und fluchte, dann erfolgte ein Geräusch, als würde etwas gleichzeitig zerbrechen und reißen, und er richtete sich stöhnend auf. Die Chepresch-Krone saß auf seinem Kopf, als hätte er sich soeben das Genick gebrochen.
    »Glotz mich nicht so dämlich an«, kam es gedämpft unter der Ledermaske hervor. »Hilf mir lieber.«
    Ich starrte ihn an und musste lachen.
    »Ich wüsste nicht, was daran so komisch sein soll!«, beschwerte sich Byron, der Probleme zu haben schien, seinen Kopf schmerzfrei zu bewegen. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und atmete schwer.
    Ich lief zu ihm hin und betastete den prächtigen Kopfschutz. Nach ein paar Sekunden fühlte ich einen kleinen Metallbügel, der unter einer Pharaonenkrone eigentlich nichts zu suchen hatte. Ich zog daran, worauf ein unappetitliches Geräusch zu hören war. Byron stieß einen langgezogenen, unterdrückten Schmerzensschrei aus. »Jetzt beeil dich!«, zischte er und kniete nieder. Blut strömte mir über die Hände; Byrons Blut! »Na los!«, forderte er. »Kräftig!«
    Ich tat es, doch irgendetwas verhinderte immer noch, dass ich ihm Helm und Maske vom Kopf ziehen konnte. Es war, als klebten sie an Byrons Gesicht und Schädel fest. Mittlerweile waren meine Hände und die Rüstung so blutverschmiert, dass ich Mühe hatte, sicher zuzupacken. Der Kostümierte jaulte wie ein Hund, als ich zwei, dreimal an der Krone riss, dann gab der Widerstand nach, und ich hielt den kompletten Kopfputz in den Händen.
    Unter der Maske kam das schweißnasse, von tiefen, blutenden Wunden entstellte Gesicht eines Schwarzen zum Vorschein, der mich nach seinen Blicken zu urteilen am liebsten zerfleischt hätte. Er besaß die Physiognomie eines Schwergewichtsboxers; eine fliehende Stirn unter einem kahlen, von klaffenden Schnitten durchzogenen Schädel, eine breite Nase und fleischige, schmerzverzerrte Lippen. Verständnislos musterte ich den Helm. Die gesamte Innenseite von Kopfschutz und Maske waren mit langen, feinen Dornen gespickt, deren klingenartige Widerhaken tief in Byrons Kopf und Gesicht gesteckt haben mussten.
    »Warum tun Sie sich so etwas an?«, fragte ich fassungslos.
    Byrons Augen funkelten aus seinem dunklen Teint heraus wie zwei bösartige Autoscheinwerfer. »Ich habe diese Rüstung nicht freiwillig angelegt«, erklärte er. »Na los, weiter!«
    Ich begutachtete verlegen die Armschienen. »Sind die ebenfalls …?«
    »Nein, nur noch der Brust- und der Rückenpanzer, glaube ich.«
    »Glauben Sie?«
    Die Kriegsrüstung eines Pharao bestand zum Teil aus purem Gold, dem Fleisch der Götter, wie die alten Ägypter es genannt hatten. Sie bestand vom Unterkleid bis zum Helm aus mindestens sechzehn Einzelteilen, die in mehreren Schichten übereinander lagen. Über einem Oberteil aus weißen Leinen und einem mit Gold bestickten Hüftrock lag ein schwerer lederner Brustpanzer. Darüber wurde das dedjea

Weitere Kostenlose Bücher