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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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dass du kommen würdest. Wisse, dass wir dich nicht daran hindern dürfen, die andere Seite zu betreten. Hast du die Grenze einmal überquert, gibt es für dich kein Zurück mehr. Überlege dir also gut, was du tust.«
    »Was ist mit dem Luftschiff, das in den Feldern abgestürzt ist?« Ka deutete flussabwärts. »Kam es nicht auch von dort?«
    »Das tat es.«
    »Warum habt ihr es nicht aufgehalten?«
    »Es gab Wichtigeres zu tun.«
    »Das sind nicht die Antworten, die mir die Stimme in den Sternen versprochen hat«, sagte Ka.
    »Dies hier wird deinen Wissensdurst befriedigen.« Ra-El reichte Ka ein schwarzes, würfelförmiges Objekt, das ringsum mit Hieroglyphen verziert war.
    »Was ist das?«
    »Ein Hexonnox«, erklärte Ra-El. »Erkenne, begreife und wäge das, was es dir schenkt, gut ab. Dann geh und handele nach eigenem Ermessen. Rette dich oder besiegle dein Verderben. Der Weg steht dir offen.«
    Ka zögerte, der Maschine das Objekt aus der Metallklaue zu nehmen. Im selben Moment, in dem sich seine Finger um den Steinwürfel schlossen, überwältigte ihn eine ungeheuerliche Flut von Bildern, Tönen und Empfindungen. Ka schrie gepeinigt auf, als seine Umgebung sich im Strudel der mentalen Übertragung aufzulösen drohte. Es war Ra-El, dessen Reaktion verhinderte, dass Ka kraftlos vornüberkippte und ins Wasser sank.
    »Ich glaube, da kommt schon wieder einer«, drang eine Stimme wie durch Watte an sein Gehör. »Jetzt wieder von drüben.«
    Und von der anderen Uferseite tönte es herüber: »Heute ist wirklich die Hölle los.«

 

     
     
    Ich lag auf festem Boden. Zuerst war mir nicht bewusst, dass ich wirklich wach war. Dann drang Byrons monotone Stimme an mein Ohr. Er murmelte leise vor sich hin und hielt sich anscheinend in unmittelbarer Nähe auf. Ich öffnete die Augen und blinzelte in das hässliche graue Wallen der Wolken. Ob es über dem Dunst ein Firmament geben mochte – mit Sternen und einer Sonne?
    Ich sah mich im Liegen um. Wir befanden uns vor einer leeren Liftstation, bis zu der Byron mich getragen (oder hinter sich hergeschleift) haben musste. Sie sah aus wie die überdachte Gipfelstation einer primitiven Seilbahn. Byron selbst saß ein paar Meter von mir entfernt auf dem Boden. Als er merkte, dass ich wach war, brach er sein Gemurmel ab und sah mich ausdruckslos an. Nichts regte sich in seinem Gesicht, er blinzelte nicht einmal. Seine Kleidung war in Höhe seines Bauches von frischem Blut durchtränkt. Ich richtete mich auf und bereute die Bewegung im selben Augenblick. Stöhnend sank ich zurück ins Gras und presste mir die Hände gegen den Kopf.
    »Was ist passiert?«, flüsterte ich.
    »Du warst ziemlich lange weg«, erklärte Byron.
    Ich sah auf seine blutige Kleidung. »War ich das?«
    »Nein.«
    Der Schwarze starrte zu Boden, riss geistesabwesend Grashalme aus und ließ sie gleich wieder fallen. Dies musste er bereits seit einer ganzen Weile getan haben, denn der Rasen um ihn herum war ziemlich ausgedünnt. Ich ignorierte den dumpfen Schmerz in meinem Kopf und rappelte mich langsam auf. Der Fluss, so erkannte ich nun, befand sich einige hundert Meter weit entfernt.
    »Sag nur, dein Gemütszustand hat etwas mit Sorge zu tun?« Ich lächelte schief. »Ich bin wieder okay, denke ich.« Byrons Gesicht blieb versteinert. »Willst du hören, dass es mir Leid tut?«, bohrte ich nach. »Ja, es tut mir Leid. Du hattest von Anfang an Recht.«
    »Das ist es nicht«, antwortete der Schwarze ruhig. Er blickte mir in die Augen und quälte sich ein Grinsen ab, das jedoch mehr als bescheiden ausfiel. »Wir hätten niemals versuchen sollen, hier heraufzukommen, Hippolyt!« Er rang mit sich, als suche er nach den richtigen Worten. Man sah ihm deutlich an, dass während meiner Ohnmacht etwas geschehen sein musste, das ihn ziemlich aus der Fassung gebracht hatte. Sein Selbstbewusstsein schien einen gewaltigen Knacks erlitten zu haben.
    Ich sah mich besorgt um, doch meine Befürchtung, wir wären nicht mehr allein, bestätigte sich nicht. Der Limbus war leer und verlassen wie zuvor. Fünfzig Schritte entfernt fiel seine Flanke in die Tiefe ab, zur anderen Seite hin verlor sich die brettebene Landschaft nach etwa zwei Kilometern im Nebel.
    »Ich war dort«, sagte Byron. Es klang wie das Geständnis eines kleinen Jungen, dem man ausdrücklich verboten hatte, nach dort zu gehen.
    »Wo?«
    »Am Horizont. Der Trick ist, den Fluss nicht zu verlassen …«
    Ich sah in den fernen Dunst, dann wieder zu

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