Morphogenesis
armseligen Nanopartikelkörper wird bersten und sich durch dein Protofleisch bohren. Und dann wirst du im kochenden Wasser wieder zusammenheilen! Stundenlang. Tagelang.
Du bist tot, Krispin! Du kannst nicht mehr sterben!
»Nein! Nein, ich lebe! ICH LEBE!«
Zwei Arme schlangen sich um mich, und eine unbarmherzige Kraft riss mich wenige Meter vor dem Katarakt zur Seite. Verzweifelt bäumte ich mich gegen den Griff auf, trat, schrie und wand mich in der Umklammerung. Byron schleuderte mich herum und schüttelte mich durch. Ich begann, auf ihn einzuschlagen, gebärdete mich wie ein Wahnsinniger. Der Schwarze stöhnte unter meinen unkontrollierten Schlägen auf, dann traf mich seine Faust wie ein Rammbock mitten ins Gesicht. Der Sauhund schlug zu, unbarmherzig und mit aller Kraft, mir in den Magen, ins Gesicht, und wieder in den Magen. Schließlich erlahmte mein Toben, und ich sank in seinem Griff zusammen. Als die Fluten des Flusses über mir zusammenschwappten, betete ich, dass mich die Strömung erfassen und in den Abgrund reißen möge. Dann verlor ich das Bewusstsein.
Kaum hatte Ka den Nebel erreicht, wurde der Wald aus Skelettpfählen lichter, und das Flussufer begann anzusteigen. Ka blieb an Land, bis die Böschung so hoch war, dass er das Wasser im Dunst nicht mehr sehen konnte. Dann lief er ein Stück zurück und kletterte vorsichtig den Hang hinab. Eine Zeit lang suchte er den Fluss nach dem Tier mit den Metallkiefern ab, das ihn seit Verlassen des Quellraums begleitet hatte, konnte jedoch keine Bewegung unter der Oberfläche wahrnehmen. Entweder war dem Geschöpf der Wasserpegel zu niedrig geworden, oder es war fortan damit beschäftigt, dem seltsamen Fremden aus dem havarierten Luftschiff flussaufwärts zu folgen.
Ka ging so lange am Ufer entlang, bis der Hang zu steil wurde, dann watete er in die Mitte des Flusses. Das Wasser reichte ihm nicht einmal bis an die Knie und floss zunehmend ruhiger. Fast schien es, als scheue der Fluss den Nebel. Er duckte sich in sein Bett, als hätte er Angst vor der Schlucht. Vielleicht, überlegte Ka, bewegte das Wasser sich auf eine Staumauer zu. Elijah hatte von einer Stadt gesprochen. Womöglich lag weiter flussabwärts ein Kraftwerk, für dessen Betrieb das Wasser gestaut wurde.
Die Uferböschung wandelte sich langsam zu einer Schlucht, mit steilen, fast senkrecht aufragenden Wänden. Ka fielen die zahllosen Augen, die ihn aufmerksam beobachteten, nicht sofort auf. Er konzentrierte sich darauf, gewaltige Felsbrocken zu umgehen, die aussahen, als wären sie erst vor kurzem in den Fluss gestürzt. Erst als er seinen Blick suchend über die nebelverhangenen Steilwände wandern ließ und gewahrte, dass einige der ›Felsen‹ sich unmerklich bewegten, erkannte er die gedrungenen Schatten, die sich auf Stöcke oder Speere stützten. Sie kauerten auf den Felsen wie Geister gefallener Kreuzritter, schienen dabei eins zu werden mit den Klippen. Lediglich anhand der emporragenden Lanzenspitzen vermochte Ka abzuschätzen, wie viele es waren.
»Hier kommt noch einer«, raunte es von den Felsen herab. »Aus der anderen Richtung.«
»Heute ist die Hölle los«, tönte es von der gegenüberliegenden Uferseite.
Einer der Schatten erhob sich und sprang fast zehn Meter tief hinab zu Ka in den Fluss, wo er mit einem gewaltigen Klatschen beidbeinig im Wasser aufkam. Es war eine Maschine wie Ur-El, allerdings robuster gebaut und bewaffnet. Sie lief auf Ka zu und versperrte ihm mit vorgestreckter Lanze den Weg.
»Wohin willst du?«
»Flussabwärts«, erwiderte Ka. »Es soll dort eine Stadt geben.«
»Ein Umnachteter«, kommentierte einer der Schatten auf den Felsen. »Fliegt wie eine Motte ins Feuer.«
»Du hast dich doch nicht etwa in dem Paraboliden versteckt gehabt und schleichst dich nun zurück, weil dich die Reue gepackt hat?«
»Ich komme aus dem Sanatorium«, erwiderte Ka.
»Tatsächlich? Wer erzählte dir dann von der Stadt?«
»Ein alter Mann namens Elijah«, antwortete Ka. »Er behauptete, er sei aus dem Luftschiff gesprungen.«
»Ein Städter?!«, orgelte die Maschine. »Ein Städter in Jaru?«
»Ich sag doch, heute ist die Hölle los«, kam es wieder vom anderen Ufer.
»Er kann passieren!«, ertönte eine Stimme, die das Geraune in den Steilwänden zum Verstummen brachte. Hinter einem der Felsen, die in den Fluss gestürzt waren, trat eine weitere Maschine hervor. »Ich bin Ra-El«, verkündete sie, als sie Ka erreicht hatte. »Uns wurde prophezeit,
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