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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Kreislauf, der nur einer Sache diente: der Schinderei.
    Genug der makaberen Phantasie, Krispin! Die Architekten und Betreiber dieser Anlage haben zur Genüge ihren schlechten Geschmack und Sadismus bewiesen. Es reicht!
    »Fahren Sie mich zurück!«, wies ich Spindario an.
    »Was?«
    »Das ist nicht meine Welt, Mister Spindario. Ich habe die Nase voll von diesem Irrenhaus. Drehen Sie um, auf der Stelle!«
    Der Fahrer sah mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank, und erwiderte in sachlichem Tonfall: »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, werter Herr.«
    »So? Und warum nicht? Reicht das Benzin nicht?«
    Spindario ließ das Steuer los und nahm den Fuß vom Gaspedal. Der Wagen fuhr allein weiter. Der Fahrer zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und warf ihn mir in den Schoß – das Taxi setzte seine rasende Fahrt trotzdem fort.
    Ich starrte perplex auf das Armaturenbrett. »Wie geht das? Wird die Karre ferngesteuert?«
    »Mitnichten. Der Wagen fährt von sich aus.«
    »Sie meinen, er ist so etwas wie ein intelligenter Roboter? Mit elektronischem Lenkleitsystem, satellitengesteuert?«
    »Nein, Mister Krispin, er fährt von sich aus!«
    Wir blickten uns an, und ganz langsam beschlich mich wirklich das Gefühl, als hätte ich sie nicht mehr alle beisammen.
     
    Nach drei weiteren, absonderlichen Stadtsektoren und Chroner-Kontrollen war ich mit meinem Latein über Logik, Naturgesetze und Ethik weitestgehend am Ende. Was ich während der restlichen Fahrt sah, hörte und am eigenen Leib erfahren musste, übertraf alles, was mein geistiger Horizont bisher umspannt hatte. So starrte ich nur noch apathisch vor mich hin und nahm kaum wahr, dass der Wagen mit eigenem Willen irgendwann anhielt.
    »Endstation«, kommentierte Spindario das Ersterben des Motors. »Der Sata- Tempel.«
    Ich sah auf. Viel konnte ich nicht erkennen, denn es herrschte dichter Nebel. Das Taxi parkte am Fuß einer trutzigen Mauer, die sich zu beiden Seiten in den Dunst erstreckte. Direkt neben uns befand sich ein wuchtiges, von einem Pylon eingefasstes Portal in der Wand, das sich in diesem Moment öffnete und ein gnomenhaftes Geschöpf entließ: Es war Okabur, der Corrigan! Gewohnt flink wieselte er herbei und verbeugte sich bereits, bevor er die Wagentür überhaupt geöffnet hatte. Allerdings schien seine Unterwürfigkeit nicht uns zu gelten, sondern dem Taxi.
    »Kennen Sie den?«, fragte Spindario.
    »Ja.«
    »Na, dann. War nett, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Wünsche einen angenehmen Aufenthalt. Wer weiß, vielleicht laufen Sie mir ja mal vor den Wagen …«
    Ich ersparte mir eine Erwiderung und stieg aus. Kaum hatte ich das Taxi verlassen, heulte der Motor schon wieder auf, und das Fahrzeug brauste, Kies und Schotter aufwirbelnd, in den Nebel davon. Ich sah ihm noch nach, als sein Motorbrummen längst in der Ferne verklungen war.
    Trotz des Irrsinns und der Ungeheuerlichkeiten, deren Zeuge ich in den vergangenen Stunden geworden war, blieb ich auf jene geheimnisvolle Auftraggeberin gespannt, auf deren Weisung ich hierher verschleppt worden war. Immerhin musste sie genug Einfluss besitzen, um den furchtbaren Chronern Respekt abzuverlangen. Blieb einzig die Frage: Zu welchem Zweck wurde dieser ganze Aufwand um meine Person überhaupt betrieben?
     
    Ich erinnerte mich an den Corrigan und drehte mich um. Der Gnom stand abwartend auf der Stelle und musterte mich. Wie war diese Kreatur überhaupt so schnell hierher gelangt? Gab es vielleicht eine U-Bahn? Vom römischen Sektor bis zu dieser Festung waren es mindestens fünfzig Kilometer.
    Das Wesen wies mich an, ihm zu folgen, und trippelte leichtfüßig durch den Eingang. Ich ließ meinen Blick über die fremdartigen Hieroglyphen wandern, die in die Pylonsäulen gemeißelt waren. Jedes Neuron meines Verstandes schrie, dass es ein Fehler sei, das Gebäude zu betreten und sich weiterhin auf dieses irrwitzige Spiel einzulassen. Ich sah mich verstohlen um, dachte für einen Augenblick daran, einfach das Weite zu suchen und im Nebel zu verschwinden. Die befremdlichen Geräusche, die von überall her aus dem Dunst zu mir herüberdrangen, und die Tatsache, dass ich nach einer Flucht nahezu orientierungslos durch eine riesige und nicht gerade touristenfreundliche Stadt irren würde, brachten mich davon ab. Da es mir hier draußen im Nebel nicht sonderlich geheuer war, beschloss ich, dem Corrigan erst einmal zu folgen und zumindest noch die Nacht abzuwarten.
    Durch einen langen,

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