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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Dann drehte ich mich um und schloss demonstrativ langsam die Balkontür. Im selben Moment, in dem ich den Vorhang zurechtschob, erwachte der Corrigan zum Leben, wuselte durch den Raum und legte das Kleiderbündel auf einer Truhe ab. Dann postierte er sich abwartend in der Zimmermitte.
    »Bekomme ich auch etwas zu Essen?«, erkundigte ich mich, während ich die Kleidungsstücke durchwühlte.
    »Hast du denn wirklich Hunger?«
    Ich lauschte in mich hinein, schüttelte den Kopf und hielt ein weißes Gewand vor mich, das mit altägyptischen Ornamenten und Lotosblüten verziert war. »Woher sind die, vom Trödelmarkt?«, fragte ich und rollte eine lange, mit Schärpen und Schultergehängen versehene Stoffbahn aus. » Soll ich mich darin einwickeln oder das Bett damit beziehen? Und das hier …« Ich hielt eine mit goldenen Stickereien verzierte Halskrause hoch. »Bei allem Respekt, aber niemand bringt mich dazu, dieses alberne Kostüm zu tragen und herumzulaufen wie eine Schwuchtel!« Okabur rümpfte grimmig die Nase und schnaubte wie ein Kamel. Ich ignorierte seinen Missmut, warf die altertümliche Tracht aufs Bett und begann, meine eigenen muffigen Klamotten wieder anzuziehen.
    »Meine Herrin wünscht Euch in standesgemäßer Kleidung«, insistierte der Corrigan.
    »Dann solltest du veranlassen, dass jemand meine Reisetasche aus dem Flugzeug holt.«
    »Nicht ohne die Zustimmung meiner Herrin.«
    Loyaler Hund. Allerdings konnte die Bedingtheit seiner Weigerung bedeuten, dass in dieser Festung – oder zumindest in ihrer unmittelbaren Nähe – eine dieser geheimnisvollen Pforten existierte, die zurück in die Doppelpyramide führten. Wenn ich Gelegenheit hätte, sie zu suchen …
    Und nachdem du das Megaron erreicht hast, Krispin? Welche seiner restlichen zigtausend Pforten führt zurück in den Hangar?
    Verdammt, ich hätte mir die Nummer der Tür merken sollen, durch die Spindario mich ins Treppenhaus geschleust hatte …
    »Könnte ich vielleicht mal irgendwo telefonieren?«, unternahm ich einen Versuch, das Zimmer verlassen zu dürfen.
    Der Corrigan wandte sich um und schritt ohne weiteren Kommentar aus dem Raum.
    »He«, rief ich ihm hinterher, »eine Frage noch.«
    Das Zugleiten der Tür stoppte. Okabur streckte seinen Kopf zurück ins Zimmer.
    »Was stand unter Fußnote 477?«
    Ein bellendes Lachen war die Antwort, dann ließ der Corrigan die Pforte wuchtig ins Schloss fallen und polterte die Treppe hinab.
    Die Riegel!, durchfuhr es mich. Er hat vergessen, die Tür zu verriegeln! Sekundenlang stand ich mit angehaltenem Atem im Raum und lauschte, ob der Corrigan noch einmal zurückkehrte.
    Vielleicht muss er die Tür gar nicht mehr verschließen, munkelte Gizas Stimme in meinem Kopf. Womöglich befindet sich dort draußen inzwischen etwas, das weitaus effizienter arbeitet als jeder Riegel. Eine Selbstschussanlage beispielsweise. Oder Starkstrom …
    Mit gemischten Gefühlen trat ich vor den Ausgang und legte eine Hand auf die Klinke. Die Tür ließ sich tatsächlich problemlos öffnen. Es ist eine Falle!, mahnte Giza. Einen Schritt hinaus auf den Korridor, und sie schnappt zu! Ich zog die Pforte einen Spaltbreit auf und spähte nach draußen in die Dunkelheit. Niemand wachte im Korridor; kein Corrigan, keine Selbstschussanlage, nichts. Nachdem ich eine Weile nach verdächtigen Geräusche gelauscht hatte, gab ich mir einen Ruck und zog die Tür vollends auf.
    »Men keb hatar, Kematef«, erklang in diesem Augenblick eine Frauenstimme hinter meinem Rücken. Ich erstarrte. Dann drehte ich mich wie in Zeitlupe herum. Vor mir stand eine junge, dunkelhäutige Frau mit anmutigen nubischen Gesichtszügen. Sie war einen halben Kopf kleiner als ich und trug ein schwarzes, goldbesticktes Galabiya mit langen Trompetenärmeln. Das geflochtene schwarze Haar hatte sie mit einer goldenen Spange gebändigt, ihre Hände waren ornamentbemalt, ebenso ihre nackten Füße. Sie musste mit Okabur den Raum betreten und sich hinter den schweren Samtvorhängen verborgen gehalten haben. Freude und Stolz leuchteten in ihren Augen, die mich erwartungsvoll musterten.
    Ich erwiderte ihren Blick und vergaß die offen stehende Tür »Men keb hatar …«, wiederholte ich beeindruckt. »Ich habe diese Worte schon einmal gehört.«
    »Sie bedeuten: Sei mir willkommen!«
    »Was ist das für eine Sprache?«
    »Keine von Bedeutung, Mister Krispin.«
    »Sie sind meine Gastgeberin«, dämmerte es mir.
    Die junge Frau lächelte. »Mein Name ist

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