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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Sahia.«
    »Bei allem Respekt, aber ich würde gerne erfahren, was das alles zu bedeuten hat.«
    »Das wirst du, früher oder später …«
    Ihre Vertraulichkeit irritierte mich. »Kennen wir uns?«
    »Das hast du mich schon einmal gefragt.«
    Ich musste schlucken. »Tut mir Leid, aber daran erinnere ich mich nicht.«
    »Natürlich nicht. Der Aphoes verhindert es.« Das Mädchen kam näher und schloss wie beiläufig die offen stehende Tür. »Erinnerst du dich an dein Versprechen? Ich hatte einen Wunsch frei.«
    »Bitte …?«
    Riesige, brüllende Gallertklumpen, zitternde, pulsierende Bäume aus Knochen und Blutbahnen, bebender Boden aus Nervensträngen … Und das Licht, dieses peinigende Licht …!
    »Nein!« Ich riss schützend die Arme empor, als könnte ich die plötzliche Vision abwehren, dann sank ich orientierungslos zu Boden. »Nein, nicht! Nicht …!« Eine warme Hand berührte mich, streichelte meinen Nacken. Die Geste wirkte beruhigend, ebenso wie der Duft, der den Raum nun zu erfüllen begann. Ich drehte mich auf den Rücken und blickte die Frau an, die sich über mich beugte. Ihre Hand ruhte auf meiner Brust, und jegliches Grauen der mich heimsuchenden Vision schien durch ihre Finger abzufließen.
    »Was ist mit mir geschehen?«, brachte ich hervor.
    »Nichts, was nicht hätte geschehen sollen«, flüsterte das Mädchen.
    »Wer bist du?«
    Sahia lächelte. »Du hast mich aus der Tiefe zurück ins Licht getragen, Hippolyt. Das Aphonnon machte es möglich, dass wir in deiner Welt einander für kurze Zeit begegnen konnten. Nun erfülle dein Versprechen. Schenke mir das Licht, das jenseits der Dunkelheit liegt. Schenke mir Leben …«
    Ehe ich etwas erwidern konnte, verschlossen ihre Lippen meinen Mund, und eine warme Zunge schlängelte sich verlangend hinein. Ich zog Sahia an mich, ihren goldenen Schein und ihren unbeschreiblichen Duft. Ich küsste ihre Brüste, strich mit meinem Gesicht über ihren Körper, ließ die warme Substanz, die ihren Poren entströmte, meine Zunge benetzen. Unsere Lippen erkundeten jeden Quadratzentimeter unserer Körper, dann fanden sie wieder zusammen.
    Goldenes, lustvoll pulsierendes Licht über mir, ein Gleißen, das sich ausbreitete und meinen gesamten Körper einhüllte, sich schlangengleich über mir wand, vibrierend, erschauernd, gesättigt von dem Feuer in meinen Eingeweiden. Sahia bewegte sich in dämonischem Rhythmus, umschlang mich, um sich letztlich mit mir aufzubäumen und zu einem ekstatischen Höhepunkt zu gelangen. Dann entspannte sie sich, gab mich nach und nach aus ihrer Umklammerung frei, zog sich zurück und überließ mich der Ruhe und dem Schlaf.
    Verblasste.
     
    In den nachfolgenden Tagen kam Sahia oft zu mir herauf. Sie betrat das Zimmer schweigend und mit der verführerischen Anmut eines Sukkubus; schön, magisch, Furcht erregend und unwiderstehlich. Mal liebten wir uns ungestüm, dann wieder langsam und hingebungsvoll, doch selbst dabei redeten wir nicht miteinander. Wenn Sahia mich wieder verließ und dem Schlaf übergab, verschwand sie, ohne ein Wort zu sagen.
    Ich konnte nicht behaupten, dass mir das, was in diesem Raum geschah und wir miteinander trieben, wirklich unangenehm war, doch bei aller Faszination und Leidenschaft: Es war absolut irreal! Die Umstände passten einfach nicht zusammen. Oder besser gesagt: Sie passten nicht ins angehende 21. Jahrhundert.
    Sahia hatte mich zu ihrem Seladon gemacht. Sie verlor nie ein Wort darüber, warum sie das tat und weshalb sie mich hier gefangen hielt, und begehrte ich nach unseren Liebesspielen dennoch eine Antwort, unterband sie jegliche Wissbegier mit ihrem Duft und ihren Blicken. Sie tat es einzig, weil sie es wollte, fürchtete ich. Weil sie Lust darauf hatte und die Macht dazu besaß.
    Die Welt bestand für mich bald nur noch aus Ekstase und traumlosem Erschöpfungsschlaf. All mein Denken kreiste um Sahia, ihren Körper, ihre Berührungen, ihren Duft und dieses goldene Licht, das sie während des Liebesspiels umfloss. Was früher war, schien unendlich weit fort und ohne Belang für mich zu sein. Ich stand unter Drogen, zumindest so viel sickerte zu meinem Verstand durch, aber es war mir egal. Alles war mir egal, solange Sahia kam und sich mir hingab …
    Der euphorische Rausch, in dem ich gefangen war und der mich nahezu willenlos gemacht hatte, verflüchtigte sich erst, als das Mädchen für längere Zeit nicht mehr auftauchte. Das Paradoxe dabei war: Sahias Abwesenheit machte mich anfangs nur

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