Mortal Kiss Wem gehört dein Herz?
darüber nachgedacht. Ich glaube, dass es eigentlich Menschen sind wie die, die wir ins Bergwerk ziehen sahen. Es geht ihnen nur … noch schlechter. Was Koskay ihnen auch antut, je länger es dauert, desto mehr ähneln sie den Geschöpfen, die uns attackiert haben.« Sie sah Lucas an, und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. »Und Lucas ist ganz am Anfang. Es wird ihm … immer schlechter gehen. Er wird sich in eines dieser … dieser Dinger verwandeln.«
Finn schwieg kurz. »Woher wusstest du das?«, fragte er dann. »Von Beginn an warst du dir ganz sicher, dass Lucas entführt wurde. Wieso?«
Faye schüttelte den Kopf, schloss die Augen und zog die Knie ans Kinn, wobei das Seil ihr in die Fußgelenke schnitt. »Keine Ahnung. Gewusst hab ich es nicht. Es war bloß … ein Gefühl. Als würde etwas fehlen.« Sie öffnete die Augen und sah zur Decke. »Ich schätze, es war wegen des Traums.«
»Welches Traums?«
»Ich hab versucht, dir davon zu erzählen. Seit Wochen hab ich diesen Traum mit dem Wolf. Er jagt und jagt mich, als würde er nie aufgeben. Bis etwas passiert.« Faye runzelte die Stirn. Sie wusste, dass ihre Worte keinen rechten Sinn ergaben, aber nicht, wie sie es erklären sollte. Sie wusste nur, was sie empfand. »Und dann ist Lucas verschwunden. Mir war klar, dass er das nicht einfach so täte. Du hältst ihn für selbstsüchtig, aber das ist er nicht. Er würde nicht abhauen, ohne uns Bescheid zu sagen. Das täte er nicht.«
»Tut mir leid«, sagte Finn nach kurzem Schweigen. Seine Stimme brach. »Faye, es tut mir so leid. Das alles ist meine Schuld. Hätte ich doch gleich bei Lucas’ Verschwinden auf dich gehört … Aber ich dachte einfach … Ich dachte, er wäre mit seinem Motorrad irgendwohin gefahren.«
Faye starrte ihn an. »Ich hab dir doch gesagt, dass was nicht stimmt. Aber du wolltest nicht auf mich hören. Ich bin deine Freundin, und du wolltest einfach nicht auf mich hören.«
»Ich weiß. Ich war störrisch und dumm und hab meiner Eifersucht das Feld überlassen.«
Faye wollte tief einatmen, um die Fassung wiederzugewinnen, doch dabei kam nur ein weiteres Schluchzen heraus. »Ich möchte mit niemandem zusammen sein, der mir nicht traut«, flüsterte sie und sah Finn bei diesen Worten still werden. »Und ich möchte nicht aufhören, mit jemandem befreundet zusein, weil du ihn nicht magst. Das ist einfach nicht fair.«
»Nein«, pflichtete Finn ihr bei, und sie hörte die Verzweiflung in seiner Stimme. »Du hast recht. Es ist mein Problem, nicht deins. Ich muss Lucas nur besser kennenlernen … «
Faye lachte unfroh. »Sieht aus, als hättest du diese Chance versäumt. Sieh ihn dir an! Er stirbt , Finn!«
»Sag das nicht. Wir kommen hier raus. Wir alle . Das verspreche ich.«
»Wie kannst du so reden? Schau, wie es hier aussieht! Und keiner weiß, dass wir hier sind. Es gibt niemanden, der uns hilft!«
»Es gibt die restliche Gang«, gab Finn zu bedenken. »Wenn meine Männer uns nicht finden, ist ihnen klar, dass etwas nicht stimmt.« Er hielt inne, und Faye sah ihn an. Sein schmerzlicher Blick ruhte auf Lucas. »Ich hätte nicht bleiben sollen«, murmelte er mehr zu sich als zu Faye. »Ich hätte nicht in Winter Mill bleiben, sondern die Männer besser führen und mit ihnen weiterziehen sollen. Wir sind nicht zum Verweilen gemacht. Wen versuche ich zum Narren zu halten? Ich werde nie ein normales Leben haben. Ich werde nie … «
Hinter ihm war ein Geräusch zu hören, und die schwere Tür öffnete sich knirschend. In einem elegant geschneiderten grauen Anzug erschien Koskay auf der Schwelle. Sein hübsches, gebräuntes Gesicht lächelte. Er zog ein Schnupftuch aus der Tasche und tupfte sich damit die Lippen, bevor er auf seine Gefangenen zukam.
»Aah«, sagte er leise. »Meine Kinder. Ihr seid traurig, nicht? Wie schade, aber da kann man nichts machen.«
»Wer sind Sie? Was haben Sie mit uns vor?«, fragte Faye herausfordernd und starrte den Russen an. »Und was haben Sie Lucas angetan?«
Koskay sah sich zu dem Jungen auf dem Stuhl um und zuckte mit den Achseln. »Das ist eine lange Geschichte. Ich kann sie euch erzählen, wenn ihr wollt, aber das dauert eine Weile. Sitzt ihr auch bequem?« Er kicherte über seinen Witz.
»Ich krieg dich, Koskay«, knurrte Finn und zerrte an seinen Fesseln. »Wart’s ab!«
Der Mann sah auf ihn runter und grinste breit. »Im Moment sieht es eher danach aus, als hätte ich dich gekriegt, stimmt’s? Zwei Brüder, einer so
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