Mortal Kiss Wem gehört dein Herz?
wieder ein wenig. Egal, was sie dort unten finden würden, sie und Finn würden damit klarkommen – zusammen.
*
Finn drückte Fayes Hand und versuchte, im Dunkeln etwas zu erkennen. Er wollte sie nicht ängstigen, doch kaum hatten sie die Mine betreten, war ihm klar geworden, dass hier etwas grundverkehrt war.
Ihm war übel, und bei jedem Schritt quälte ihn ein Brechreiz. Sein Kopf begann wehzutun, und das Blut klopfte in den Schläfen wie ein Vorschlaghammer. Das musste das Silber sein. Nun, da sie sich unter der Erde befanden, war es überall. Es umgab sie, raubte ihm die Energie, machte ihn schwach …
Finn weigerte sich, den Schmerzen nachzugeben. Faye war so tapfer gewesen, ihm in die Mine zu folgen, und er würde sie nicht im Stich lassen.
Weiter vorn stiegen die Bergleute im flackernden Licht immer tiefer in den Untergrund, ohne die zwei zu bemerken. Finn hielt kurz an, um Atem zu schöpfen, und lehnte sich an den Fels. Faye blieb sofort stehen und legte ihm die Hand auf die Brust.
»Finn?« Die Dunkelheit dämpfte ihre besorgte Stimme. »Was ist los? Alles in Ordnung?«
»Mir geht’s gut«, brachte er hervor, obwohl sich der Schmerz unvermittelt verschlimmert hatte und ihn beinahe überwältigte. »Lass mich nur … nur einen Moment ausruhen.«
»Liegt es am Silber?«, fragte Faye eindringlich. »Es ist überall. Ich sehe es in den Wänden, schau doch.«
Er versuchte, sich auf das zu konzentrieren, worauf sie wies. Ein paar Meter entfernt sah er eine dünne Silberader in den unebenen Gesteinsschichten. Er blinzelte, als das Pochen im Kopf sich verschlimmerte …
»Finn«, flüsterte Faye. »Steh auf!« Er spürte ihre warmen Lippen am Ohr, doch irgendwie schien sie sehr weit weg. »Wir dürfen hier nicht bleiben!«, sagte sie nun. »Sonst werden wir geschnappt. Wir müssen weiter . «
Er nickte in völligem Einverständnis, konnte die Beine aber nicht bewegen. Als ihm Staub in die Nase stieg, hustete er schwach und merkte, dass er zusammengesackt war. Er spürte Arme um sich und begriff, dass Faye ihn hochziehen wollte. Mit ungeheurer Anstrengung stützte er eine Hand an den Fels, stellte die Füße zurecht und stemmte sich hoch.
Seine Beine waren zu Wackelpudding geworden. Faye hielt ihn, während sie ein paar Meter voranstolperten und wieder anhielten.
»Wir müssen zurück«, sagte sie. »Du schaffst das nicht. Wir müssen zurück.«
Finn schüttelte den Kopf und bemühte sich blinzelnd, in den Stollen hinabzuschauen. »Das wird wieder«, brachte er hervor. »Einen Moment noch … ich muss mich bloß … bloß daran gewöhnen … «
»Da ist eine Tür«, sagte Faye, und er hatte Mühe, sie zu verstehen. »Da unten.«
Ein Tunnel zweigte vom Hauptweg ab und war inmitten der flackernden Schatten kaum zu sehen. Zwar nahm Finn die Dinge nur vage und schemenhaft wahr, erkannte aber mit knapper Not eine Tür. Sie war weiß, sauber … Wie konnte es in diesem Dreck etwas Sauberes geben?
Er versuchte, den Kopf zu schütteln. »Wir wissen nicht, was dahinter ist. Und … wir sollten den Bergleuten folgen. Sie, sie entfernen sich immer mehr … «
»Du musst dich hinsetzen«, sagte Faye und zog ihn dabei zur Tür. »Sie ist wahrscheinlich abgeschlossen, aber … «
Sie griff nach der Klinke. Finn sah die Tür problemlos, leise und schwungvoll aufgehen. Grelles Licht erstrahlte, und er schloss geblendet die Augen.
Er stolperte ins Licht, und plötzlich war der Schmerz verschwunden, als wäre Ebbe an die Stelle der Flut getreten. Ihm schwindelte. Er blinzelte noch immer geschwächt, obwohl die pochenden Kopfschmerzen weg waren.
»Aha«, sagte eine Stimme. »Da seid ihr ja. Gut, gut, gut. Ihr seid wirklich zwei hartnäckige amerikanische Kinder.«
Mitten im Raum stand ein großer Mann mit dunklem Haar, schönen, ausgeprägten Gesichtszügen und russischem Akzent. Es war zweifellos Mr Koskay. »Normalerweise reichen meine kleinen Insekten-Haustiere, um die Leute zu verscheuchen. Und falls nicht, kümmern sich meine anderen Wächter um unerwünschten Besuch. Aber ihr seid wohl sehr entschlossen, ja?«
Finn wollte Faye schon zurück zur Tür ziehen, als sie einen Schrei ausstieß.
»Lucas!«
Sie entwand sich ihm, und Finn, der noch immer schwach auf den Beinen war, knickte zusammen, als sie ihn nicht mehr stützte. Er glitt zu Boden und sah sie durch den Raum eilen, dessen weiße Fliesen im grellen Licht funkelten.
Lucas war in einer Ecke an einen Stuhl gebunden und wirkte noch weißer als der
Weitere Kostenlose Bücher