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Mortimer & Miss Molly

Mortimer & Miss Molly

Titel: Mortimer & Miss Molly Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heinisch
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Aber nach dem, was Doktor Tozzi gesagt hat ... Ich meine, da sollten wir vielleicht doch noch einmal überlegen ...
    Was überlegen?
    Ob wir da nicht etwas hineinprojiziert haben.
    Projiziert
.
    Ja, sagte er. Vielleicht ein bisschen zu romantisch projiziert. Ich meine, sagte Marco, wir wollten die Geschichte von Mortimer und Molly halt so haben. Aber vielleicht war sie nicht so, sondern etwas anders.
    Wie?, fragte Julia.
    Vielleicht sogar ziemlich anders, sagte er.
    Wie anders?, fragte sie.
    Irgendwie platonisch, sagte er.
    Irgendwie platonisch, sagte sie. Das find ich ja enorm spannend.
    Già
, sagte er.
Ma secondo il Dottor Tozzi
...
    Nach
Doktor Tozzi ... Wie du daherredest!, sagte sie. Als wäre dieser Doktor eine Autorität. Als Arzt mag er seine Qualitäten haben, zumindest als Knöchelverletzungsdiagnostiker. Aber was weiß er schon von der Geschichte von Mortimer und Molly?
    Na, immerhin hat er die beiden gekannt, sagte Marco.
    Ach was, gekannt!, sagte Julia. Er weiß doch nicht einmal, dass Mortimer mit dem Fallschirm abgesprungen ist! Für ihn ist Mortimer überhaupt erst nach dem Krieg aufgetaucht.
    Ja, eben, sagte Marco.
    Das waren die zwei Worte, die Julia endgültig befremdeten.
    Damit habe doch bitteschön alles begonnen! Dass Mortimer mit dem Fallschirm abgesprungen und im
giardino
gelandet sei.
    Ja, eben, wiederholte Marco.
    Das heißt, du glaubst nicht mehr daran?
    Ich weiß nicht, sagte er. Ich bin nicht mehr sicher ...
    Aber das ergibt doch keinen Sinn, sagte Julia – warum sollte uns Mortimer ein Märchen erzählt haben?
    Ja, warum?, sagte Marco. Vielleicht hat er dieses Märchen selbst geglaubt ... Ehrlich gesagt ist seine Geschichte doch schon von Anfang an ziemlich unwahrscheinlich. Diese Landung genau im Zentrum des Gartens ... Und dass die Deutschen nichts davon mitgekriegt hätten ...
    Also, du meinst, sagte Julia, Mortimer ist gar nicht dort gelandet?
    Na ja, sagte Marco. Wenn überhaupt, dann vielleicht ein Stück weiter draußen.
    Aber dann hätte er nicht im Gewölbe des Mauerhauses Deckung gesucht.
    Stimmt, sagte Marco. In diesem Fall eher woanders.
    Und wie wäre er dann mit Miss Molly zusammengekommen?
    Ja, sagte Marco. Das ist dann allerdings die Frage.
    Und erst recht, wenn Mortimer überhaupt erst nach dem Krieg aufgetaucht wäre.
    Aber, sagte Julia, das kommt mir vollends verfehlt vor.
    Woher denn dann die enge Beziehung zu Molly? Dass die bestanden hat, das hat doch selbst Doktor Tozzi zugegeben. Auch wenn er sie nicht mehr als Liebesbeziehung erlebt hat. Mortimer muss schon früher da gewesen sein, egal ob das der Doktor oder wer immer sonst in San Vito bemerkt hat oder nicht.
    Er
muss
im Jahr 1944 im
giardino
gelandet sein, sagte Julia. Vielleicht nicht genau im Zentrum, aber auch nicht allzu weit davon entfernt. Sag doch was, Marco! Ich meine, auf ein paar Meter soll es nicht ankommen. Aber ohne diese Landung wäre alles in Frage gestellt.
    Nämlich buchstäblich alles, was daraus folgte. Alles, worauf sie so viel Intuition, Empathie, Fantasie verwandt hatten. Und so viel – ja, doch – so viel mediale Energie, jedenfalls von ihrer Seite.
    Das darf doch nicht wahr sein, dass das alles nicht wahr ist!
    Wäre Mortimer nicht im Zentrum des Gartens gelandet, oder zumindest in Sichtweite des Mauerhauses, so hätte ihn Molly nicht landen gesehen. Hätte er nicht Zuflucht im Gewölbe des Mauerhauses gesucht, so wäre sie nicht mit der Petroleumlampe erschienen. Und er wäre nicht hinter ihr die Treppe hinaufgestiegen, und sie hätte ihn, oben angekommen, nicht aufgefordert, ein Bad zu nehmen. Und sie hätte die Hemmung, jemanden anzustarren (noch dazu einen nackten Mann), nicht abgelegt.
    Und so weiter und so fort.
Einfach fort
. Die ganze Geschichte wäre auf diese Weise abhandengekommen. Darauf lief das nämlich hinaus, und das nahm Marco einfach hin. Mit einer für Julia unfassbaren Gelassenheit.
    Und dein Film?, sagte sie.
    Du meine Güte, lächelte er. Mein Film ...
    Diese Idee hatte er also auch schon aufgegeben.
    Natürlich hatten sie manchmal ironisch davon gesprochen. Aber bei aller Ironie war da immer noch ein Rest zumindest von ihr ernst genommener Hoffnung geblieben.
    Das Drehbuch war doch von Jahr zu Jahr gewachsen. Zwar hatten sie beide noch nicht gewusst, wie die Geschichte ausgehen würde, aber sobald er die Probejahre im Spital hinter sich habe, hatte Marco gesagt, könne er gewisse Beziehungen zur jungen Filmszene, die er früher gehabt hatte, vielleicht wieder

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