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Mortlock

Mortlock

Titel: Mortlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Mayhew
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wenden. »Hier in Seven Dials gibt’s jede Menge Quacksalber, die Ihnen für ’nen Penny was gegen Ihren Husten geben. Oder Sie kommen in vier Wochen wieder, wenn’s Sie erwischt hat, dann kümmern wir uns um Sie.«
    »Ich möchte zu Mr Wiggins«, sagte Gimlet und warf Josie einen finsteren Blick zu. Sie sah, wie sich seine Kiefermuskeln anspannten.
    »Tja, es gibt ’ne Menge Leute, die sogar sterben würden, um ihn zu sehen«, spottete der Junge und versetzte der Kröte von hinten einen Schubs, woraufhin ihr Vorderbein in die Höhe zuckte. Der Junge grinste.
    »Kannst du mir sagen, wo ich ihn finde?«, fragte Gimlet mit starrem Lächeln.
    Zum ersten Mal hob der Junge den Kopf. Josie dachte unwillkürlich, dass er mit seinem breiten abwärts gebogenen Mund und den großen Augen selbst ein bisschen wie eine Kröte aussah. Er kratzte sich an der Nase und schnippte die Kröte vom Tresen. Zu Josies Überraschung und Entsetzen flog sie durch die Luft wie ein Kreisel und klatschte gegen ihren Mantel.
    »Ja, kann ich«, sagte der Junge, sprang von seinem Hocker und verschwand durch einen Vorhang in den hinteren Bereich des Ladens. »Er steht genau hinter Ihnen.«
    Die Glocke ertönte erneut, und ein kleiner, kugelrunder alter Mann kam herein. Auf der Spitze seiner Knubbelnase saß eine Brille, deren Gläser so dick waren wie Kieselsteine. Er hatte die fleischigen Hände um die Aufschläge seines abgetragenen schwarzen Anzugs gelegt und wippte auf seinen dünnen Beinen vor und zurück, als versuche er sich größer zu machen. Der hohe Zylinder, den er auf dem Kopf trug, wirkte viel zu groß für seinen gedrungenen Körper, und er war mit einem weißen Band versehen, als Zeichen, dass gerade ein Kind beerdigt worden war.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er und spähte durch seine dicken Brillengläser.
    »Mr Wiggins?« Gimlet streckte die Hand aus. Mr Wiggins beugte den Kopf und tastete etwas unsicher danach.
    Josie bückte sich, um die Kröte vom Boden aufzuheben,ließ sie jedoch mit einem leisen Schrei wieder fallen. Sie war tot, und zwar schon eine ganze Weile, nach ihrem vertrockneten Zustand zu schließen. Wie um alles in der Welt konnte das sein?
    Die beiden Männer sahen verdutzt zu ihr hinunter, dann wandten sie sich wieder ihren Angelegenheiten zu.
    »Hmmm, ja, ich
bin
Mr Wiggins«, sagte der dicke Mann mit gerunzelter Stirn, als wäre ihm dies eben erst klar geworden. »Wie kann ich Ihnen in dieser … schweren Stunde beistehen?«, fragte er mit ernster Miene. Josie starrte immer noch die tote Kröte an. Was für ein Junge spielte mit den mumifizierten Überresten einer Amphibie?
    »Verzeihen Sie, Mr Wiggins, wir sind nicht hier, um jemanden zu beerdigen, obwohl der Anlass für diesen Besuch in der Tat trauriger Natur ist.« Gimlet stupste Josie verstohlen an, woraufhin sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Leichenbestatter zuwandte und ihn mit einem aufgesetzten Lächeln anstrahlte.
    »Tatsächlich?« Wiggins reckte den Kopf noch weiter vor, um Gimlet und Josie eingehender zu mustern. »Höchst ungewöhnlich. Sie kommen in ein Beerdigungsinstitut, obwohl Sie niemanden beerdigen wollen?«
    »Ich bin ein Freund des Großen Cardamom«, sagte Gimlet. »Das hier ist Josie – er war ihr Vormund.«
    »Ah.« Mr Wiggins nahm seine Brille ab und putzte sie mit einem Stück Leichentuch. »Ich verstehe.«
    »Ich fürchte, ich habe traurige Nachrichten«, begann Gimlet.
    »Ich weiß bereits von Edwin Chrimes’ Dahinscheiden«, sagte Wiggins und setzte die Brille wieder auf. »In meinem Beruf sprechen sich solche Dinge schnell herum, Sir. TraurigeNachrichten, in der Tat. Wir waren seit Kindertagen befreundet.«
    »Ich weiß. Josie hat das mit ihrem Bruder erfahren …«
    »Das denke ich mir.« Wiggins ergriff erneut seine Rockaufschläge und begann wieder auf und ab zu wippen. »Ich habe den jungen Alfie meinerseits ebenfalls eingeweiht – nachdem ich von dem Unglück erfahren hatte, versteht sich. Irgendwann kommt die Wahrheit immer ans Licht.«
    »In der Tat. Cardamom hat übrigens einen letzten Willen geäußert«, sagte Gimlet rasch, bevor Josie zur Verteidigung ihres Vormunds ansetzen konnte. »Er will in Gorsefields Yard begraben werden.«
    Alle Farbe wich aus Wiggins’ Gesicht. Josie dachte, er würde die Aufschläge von seinem Rock reißen, so fest umklammerte er sie. »Gorsefie- also, ich …«
    »Ist das ein Problem?«, fragte Gimlet.
    »Ich – nein … nein. Ich glaube nicht. Es ist nur nicht gerade einer der

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