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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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überwältigt von blindem Verlangen
vergaß Juniper die Vergangenheit, wandte sich vom Garten ab, von der kleinen
Katze, die im Laub herumtollte, und von der traurigen alten Dame, die um die
Kathedrale von Coventry weinte, vergaß den Krieg draußen vor ihrem Fenster, die
Stadt der Stufen, die nirgendwohin führten, die Bilder an Wänden ohne Decken
und die Küchentische ohne Familien. Sie sprang von der Fensterbank herunter
und lief zum Bett, während sie Toms Hemd abstreifte. Und als sich der
Schlüssel im Schloss drehte, gab es nur noch sie und ihn in dieser kleinen,
warmen Wohnung, in der das Geburtstagsessen bereitstand.
     
    Sie hatten jeder zwei große Stücke
Kuchen gegessen, und das ganze Bett war mit Krümeln übersät. »Das liegt daran,
dass ich zu wenig Eier hatte«, sagte Juniper, die mit dem Rücken an die Wand gelehnt dasaß und das Chaos mit einem
resignierten Seufzer betrachtete. »Dann hält der Teig nicht so gut zusammen,
weißt du.«
    Tom
lächelte sie an. »Was du alles weißt.«
    »Da kannst
du mal sehen.«
    »Und was
du alles kannst. So einen Kuchen könnte man bei Fortnum & Mason verkaufen.«
    »Nun, ich
will nicht lügen, ein bisschen Hilfe hatte ich schon.«
    »Aha«,
sagte Tom, rollte sich auf die Seite und reckte sich nach dem in Zeitungspapier
eingewickelten Päckchen auf dem Tisch, bis er es mit den Fingerspitzen zu
fassen bekam. »Unser Hauskoch.«
    »Er ist
gar kein richtiger Koch, er ist eigentlich Dramatiker. Ich habe ihn dieser Tage
mit einem Mann reden hören, der eins seiner Stücke aufführen wird.«
    »Aber sag
mir eins, Juniper«, sagte Tom, während er behutsam das Papier entfernte und
ein Glas mit Brombeermarmelade freilegte. »Wie kommt ein Dramatiker dazu, so
etwas Köstliches zu produzieren?«
    »Ach, Tom,
das ist ja himmlisch«, rief Juniper aus und griff nach dem Glas. »So viel
Zucker! Wollen wir gleich eine Scheibe Toast damit essen?«
    Tom hatte
den Arm blitzschnell gehoben und hielt die Marmelade außerhalb ihrer Reichweite.
»Kann es wirklich sein«, fragte er ungläubig, »dass die junge Dame immer noch
Hunger hat?«
    »Nein,
eigentlich nicht. Aber es hat auch nichts mit Hunger zu tun.« »So?«
    »Es ist
nur die Verlockung, die süße Verlockung, auswählen zu können.«
    Tom drehte
das Glas zwischen den Fingern und betrachtete eingehend die köstliche
rotschwarze Beute. »Nein«, sagte er nach einer Weile, »ich finde, wir sollten
es für eine spezielle Gelegenheit aufheben.«
    »Spezieller
als dein Geburtstag?«
    »Meinen
Geburtstag haben wir doch schon ausreichend gewürdigt. Das hier sollten wir
für die nächste Feier aufbewahren.«
    »Also
gut«, sagte Juniper und schmiegte sich in seinen Arm, »aber nur, weil heute
dein Geburtstag ist und ich viel zu satt bin, um aufzustehen.«
    Lächelnd
zündete Tom sich eine Zigarette an.
    »Wie war's
bei dir zu Hause?«, fragte Juniper. »Hat Joey die Erkältung überstanden?«
    »Hat er.«
    »Und
Maggie? Hat sie dir dein Horoskop vorgelesen?«
    »Ja, und
das war sehr nett von ihr. Wie sollte ich sonst wissen, wie ich mich diese
Woche verhalten soll?«
    »Undenkbar.«
Juniper nahm ihm die Zigarette ab und zog den Rauch langsam ein. »Stand denn
etwas Interessantes darin? Los, erzähl schon.«
    »Nichts
Besonderes«, erwiderte Tom und ließ seine Finger unter das Laken gleiten. »Nur
dass ich wohl einem schönen Mädchen einen Heiratsantrag machen werde.«
    »Ach ja?«
Sie wand sich unter seinem Kitzeln und stieß prustend den Rauch aus. »Das ist
allerdings interessant.«
    »Ja,
durchaus.«
    »Wobei
natürlich die wirklich interessante Frage ist, was die junge Dame
voraussichtlich antworten wird. Konnte Maggie denn dazu auch etwas sagen?«
    Tom zog
seinen Arm weg und rollte sich auf die Seite, um sie anzusehen. »Leider konnte
Maggie mir da nicht helfen. Sie meinte, ich müsste das Mädchen selbst fragen
und sehen, was passiert.«
    »Na, wenn Maggie das sagt ...«
»Und?«, fragte Tom. »Und was?«
    Er stützte
sich auf einen Ellbogen und sagte näselnd: »Wollen Sie mir die Ehre erweisen,
Juniper Blythe, meine Frau zu werden?«
    »Nun,
verehrtester Herr«, antwortete Juniper im Tonfall der Queen. »Das hängt davon
ab, ob außerdem drei pummelige Kinderchen genehm wären.«
    Tom nahm
ihr die Zigarette ab und zog beiläufig daran. »Warum nicht vier?«
    Es wirkte
immer noch wie ein Spiel, aber das vornehme Näseln war verschwunden. Juniper
war plötzlich verlegen und wusste nicht, was sie sagen

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