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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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Kopf einen Brief zu formulieren. Denn sie würde ihren Schwestern
schreiben müssen und sie darüber informieren, dass sie und Tom kommen würden,
und sie würde es ihnen auf eine Weise erklären müssen, die sie erfreute. Sie
durften nicht misstrauisch werden.
    Und dann
war ihr noch etwas Wichtiges eingefallen. Sie hatte sich nie für schöne Kleider
interessiert, aber sie hatte das Gefühl, dass eine Frau, die heiratete, ein
Kleid haben sollte, das der Gelegenheit angemessen war. Sie selbst legte auf
diese Dinge keinen Wert, aber Tom vielleicht und seine Mutter ganz bestimmt,
und es gab nichts, was Juniper nicht für Tom tun würde.
    Sie
erinnerte sich an ein Kleid, das einmal ihrer Mutter gehört hatte: blasse
Seide mit einem Reifrock. Juniper hatte es sie einmal tragen sehen, vor langer
Zeit. Wenn es noch irgendwo im Schloss existierte, würde Saffy es finden, und
sie würde genau wissen, wie man es wieder in Schuss bringen konnte.
     
    4
     
    London, 19. Oktober 1941
     
    Meredith
hatte Mr. Cavill - Tom, wie er von ihr genannt . werden wollte — seit Wochen
nicht gesehen, und so war es eine Riesenüberraschung, als sie die Haustür
aufmachte und er vor ihr stand.
    »Mr.
Cavill«, sagte sie und bemühte sich, nicht allzu aufgeregt zu klingen. »Wie
geht es Ihnen?«
    »Es könnte
mir gar nicht besser gehen, Meredith. Und sag doch Tom, bitte.« Er lächelte.
»Ich bin nicht mehr dein Lehrer.« Meredith spürte, wie sie rot anlief. »Darf
ich einen Moment reinkommen?« Sie warf einen Blick über die Schulter in die
Küche, wo Rita mit finsterer Miene irgendetwas auf dem Tisch betrachtete. Seit
Kurzem war es aus mit dem jungen Fleischergehilfen, und seitdem war sie
fürchterlich schlecht gelaunt. Und offenbar hatte sie sich vorgenommen, ihre
Enttäuschung an ihrer kleinen Schwester auszulassen.
    Tom musste
ihre Zurückhaltung gespürt haben, denn er fügte hinzu: »Wir können auch
spazieren gehen, wenn dir das lieber ist?«
    Meredith
nickte dankbar und schloss die Tür leise hinter sich, als sie sich aus dem
Staub machte.
    Sie gingen
die Straße entlang, und Meredith, die Arme verschränkt, den Kopf gesenkt, tat
so, als lauschte sie seinen freundlichen Worten über die Schule und das
Schreiben, über die Vergangenheit und die Zukunft, während sie in Wirklichkeit
fieberhaft darüber nachdachte, was der Grund für seinen Besuch sein mochte. Sie
versuchte angestrengt, nicht an ihre Schulmädchenschwärmerei von früher zu
denken.
    Schließlich
hatten sie den Park erreicht, wo Juniper und Meredith im Juni, als es so heiß
gewesen war, vergeblich nach Liegestühlen gesucht hatten. Der Kontrast
zwischen der Erinnerung an den warmen Tag und dem grauen Himmel heute ließ
Meredith frösteln.
    »Du
frierst ja. Ich hätte dich daran erinnern sollen, eine Jacke mitzunehmen.« Er
zog seine Jacke aus und gab sie Meredith.
    »Nein,
nein, ich ....«
    »Ach was.
Mir ist ohnehin zu warm.«
    Er zeigte
auf eine Stelle auf dem Rasen, wo Meredith sich im Schneidersitz neben ihn
setzte. Er erzählte noch ein bisschen, fragte, wie es mit dem Schreiben
voranging, und hörte ihr aufmerksam zu. Er sagte, dass er sich noch gut daran
erinnere, wie er ihr das Tagebuch geschenkt hatte, und wie sehr er sich darüber
freue, dass sie es immer noch benutzte, und dabei zupfte er die ganze Zeit
Grashalme aus, die er zu kleinen Spiralen rollte. Meredith hörte ihm zu, nickte
und beobachtete seine Hände. Sie waren wunderschön, kräftig und wohlgeformt.
Männerhände, aber nicht klobig oder behaart. Wie es sich wohl anfühlen würde,
sie zu berühren?
    Ihre
Schläfe begann zu pochen, und der Gedanke, wie einfach das gehen könnte,
machte sie ganz schwindlig. Sie müsste nur ihre Hand ein bisschen weiter ausstrecken.
Ob seine Hand wohl warm war, fragte sie sich, glatt oder rau? Würde seine Hand
zusammenzucken, sich dann aber um ihre schließen?
    »Ich habe
etwas für dich«, sagte er. »Es gehört mir, aber ich wurde wieder einberufen,
deshalb muss ich ein gutes neues Zuhause dafür finden.«
    Ein
Geschenk, bevor er wieder in den Krieg zog? Meredith stockte der Atem, und die
Gedanken an seine Hände verflogen. Waren das nicht genau die Dinge, die
Liebespaare taten? Geschenke austauschen, bevor der Held davonzog?
    Meredith
erschrak, als Toms Hand ihren Rücken berührte. Er zog sie sofort wieder zurück
und hielt ihr verlegen lächelnd die Handfläche hin. »Tut mir leid. Aber das
Geschenk befindet sich in meiner Jackentasche.«
    Meredith
erwiderte

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