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Morton Rhu - Leben und Werk

Morton Rhu - Leben und Werk

Titel: Morton Rhu - Leben und Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Bardola
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sich unterlegen und weiß nicht, wo er eigentlich hingehört und wie er sich verhalten soll.
    »Gestern hab ich so ’nem Arschloch im Einkaufszentrum voll eins auf die Fresse gegeben«, erzählte Adam Lockwood. Er stützte die Ellbogen auf die gemauerte Brüstung der Brücke, zog an seiner Zigarette und guckte auf die Autos runter, die den Highway entlangrasten. Seine dunklen Haare fielen ihm in die Augen.
    »Und warum?«, fragte Seth Dawson, der neben ihm lehnte.
    Adam zuckte mit den Schultern und der hochgeklappte Kragen seiner Lederjacke hob und senkte sich. »Einfach so. Der Typ hat genervt. Hat sich eingebildet, dass er mich blöd anmachen kann, bloß weil er ein bisschen älter war als ich. Aber ich lass mich nicht verarschen. Von niemandem.«
    »Hast du den so richtig verprügelt?«, fragte Seth und nahm einen Zug von seiner eigenen Zigarette. Er rauchte zum allerersten Mal in seinem Leben. Allerdings machte er keine Lungenzüge, sondern behielt den Rauch bloß eine Weile im Mund, bevor er ihn ausstieß.
    »Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass ich ihm die Nase gebrochen habe«, sagte Adam. »Dann musste ich aber abhauen. Der Typ vom Pizzastand hat die Bullen gerufen und die sind gerade nicht so gut auf mich zu sprechen.«
    »Wegen was?«, fragte Seth, dem auffiel, dass Adam den Rauch zu den Nasenlöchern rausquellen ließ. Das war wahrscheinlich eine besondere Technik, auf Lunge zu rauchen, dachte er sich. Adam machte garantiert Lungenzüge.
    »Die können mich einfach nicht ab«, sagte Adam. »Du weißt doch, wie das ist.«
    Obwohl Seth kein bisschen wusste, wie das war, nickte er. Er ging davon aus, dass die Polizei noch nicht einmal seinen Namen kannte. Aber das hätte er niemals zugegeben, weil er nicht wollte, dass Adam ihn uncool fand.
    Die beiden Jungs schauten weiter auf den Highway hinunter. Es war ein warmer Frühlingsnachmittag und sie hatten nach dem Unterricht beschlossen, nicht mit dem Schulbus nach Hause zu fahren, sondern zum Diner an der Ecke zu gehen. Dort hatte Adam Seth den Zigarettenautomaten gezeigt und ihm erklärt, wie viele Vierteldollarmünzen er in den Schlitz stecken musste, um eine Packung Marlboro zu ziehen. Seth hatte Angst gehabt, erwischt zu werden, aber Adam hatte ihn beruhigt und gesagt, wenn der Besitzer von dem Diner rauskäme, sollte er einfach behaupten, er würde die Zigaretten für seine Mutter kaufen.
    Jetzt steckten die Marlboros in der Brusttasche von Seths Jeansweste. Er hatte extra die Ärmel von seiner neuen Jeansjacke abgeschnitten und sie dann ungefähr hundert Mal in der Waschmaschine gewaschen, damit sie alt und abgewetzt aussah. Danach hatte sie aber nur neu und abgewetzt ausgesehen. Seth zog sie trotzdem an, auch wenn er sich darin wie ein Betrüger fühlte, der einen auf cool macht, obwohl er es in Wirklichkeit gar nicht ist. Adams Lederjacke sah dagegen echt alt und abgewetzt aus. Im rechten Ärmel klaffte ein Riss und das Leder war vom vielen Tragen faltig und weich geworden. Bestimmt hatte er die Jacke schon bei etlichen Prügeleien angehabt. Seth hatte sich noch nie geprügelt. Jedenfalls nicht so richtig mit Blut und allem drum und dran.
    Adam kam jeden Morgen schon mit Lederjacke zur Schule. Er gehörte nicht zu denen, die ihre coolen Klamotten im Schließfach aufbewahrten, weil ihre Eltern ihnen niemals erlauben würden, darin rumzulaufen. Seths Eltern waren auch so. Seine Mutter würde einen Anfall bekommen, wenn sie ihn in der ärmellosen Jeansjacke erwischen würde, weswegen er sie jeden Nachmittag auszog und in der Garage versteckte, wenn er nach Hause kam. Morgens musste er dann immer durch die Garage hinausgehen, um sie heimlich wieder anzuziehen.
    Er beugte sich ein Stück weiter vor und spürte den glatten, kalten Stein unter den Fingern. Die Brücke war schon alt und aus wuchtigen Granitblöcken errichtet. Die breiten Stützpfeiler standen so dicht am Highway, dass die Autos in nächster Nähe daran vorbeirasten.
    Unten näherte sich ein rotes Cabrio mit zwei Mädchen. Als Adam die Hand hob, winkte die Beifahrerin ihm zu. In der nächsten Sekunde schoss der Wagen auch schon unter der Brücke durch und war verschwunden. Adam grinste. »Vielleicht nehmen sie die Ausfahrt und fahren gleich hier an uns vorbei«, sagte er.
    »Meinst du?«, fragte Seth. Der Gedanke machte ihn nervös. »Aber wenn die schon einen Führerschein haben, sind sie auf jeden Fall älter als wir.«
    »Na und?«, sagte Adam. »Ich hab ’ne Menge Freundinnen, die

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