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Mosaik

Mosaik

Titel: Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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dachte Kathryn. Das wird er bedauern, wenn er wieder alles zusammenpacken muß.
    Sie wanderte durch die große Höhle, betrachtete die
    Formationen und stellte sich die natürlichen Prozesse vor, die während der langen marsianischen Eiszeit zum Erliegen
    gekommen waren. Jetzt setzten sie sich fort, und die
    jahrmillionenlange Unterbrechung stellte kaum mehr dar als eine kurze Pause in der Evolution des Planeten.
    Kathryn hörte, wie Cheb auch weiterhin in seinem Rucksack kramte, dabei immer wieder murmelte und grummelte. Sie lächelte stumm. Er gab sich noch immer ganz seinem Kummer hin und…
    Fast hätte sie den weißen Fleck übersehen. Sie war schon daran vorbeigegangen, ohne daß ihrem wachen Selbst etwas auffiel, doch ihr Unterbewußtsein war aufmerksamer. Kathryn blieb stehen, drehte den Kopf und betrachtete die Wand, die deutliche Ablagerungsschichten aufwies.
    Diesmal nahm sie es ganz bewußt wahr: ein zwei Zentimeter langes, gestreiftes Oval, von einer dunklen Linie der Länge nach geteilt. Es handelte sich um die fossilen Überreste eines Geschöpfs, seit Äonen hier im Fels eingebettet.
    »Cheb! Komm her!« rief Kathryn aufgeregt. In der großen Höhle klang ihre Stimme seltsam.
    »Was ist denn?« Er hörte auf, im Rucksack zu kramen, blieb jedoch sitzen.
    »Sieh dir das hier an!« Sie konnte seine Sturheit kaum fassen.
    Wenn er so aufgeregt gewesen wäre, hätte sie nicht gezögert, sofort zu ihm zu eilen. Aber Cheb starrte nur. Er blickte nach rechts, dann nach links, stemmte sich schließlich hoch und schlurfte näher. Die dunkle Locke fiel ihm in die Stirn – jene Locke, die sie früher so reizend gefunden hatte. Jetzt wirkte Cheb dadurch für sie ungepflegt und fast verwahrlost.
    Sie richtete den Schein des Handlichts auf ihren Fund. »Siehst du es? Das Fossil?«
    Er betrachtete es. »Und?«
    »Die Linie dort, entlang der Längsachse… Ich glaube, es ist ein knorpelähnlicher Achsenstab, eine Vorstufe der Wirbelsäule. Es handelt sich um einen Chordat.«
    Cheb runzelte skeptisch die Stirn. »Wie könnte sich ein Chordat auf dem Mars entwickelt haben?«
    »Ich weiß es nicht. Aber wir sehen hier ein Exemplar vor uns.«
    »Du glaubst nur, es sei ein Chordat. Aber du kannst nicht sicher sein.«
    »Ich habe eine Dissertation über die Anatomie von Wirbeltieren verfaßt und mich dabei auch mit Chordaten befaßt. Dieses Fossil ähnelt den ältesten Vorfahren des den Wirbeltieren vorbehaltenen Entwicklungszweigs auf der Erde, aus dem auch der Mensch hervorging.«
    »Könntest du mir jetzt bei der Suche nach den Haferflocken helfen?«
    Zorn brannte in Kathryn. Ja, es steckte Absicht dahinter – so lautete die einzige Erklärung. Einen Hinweis darauf zu finden, daß sich Chordaten auch auf dem Mars entwickelt hatten… Das war eine großartige Entdeckung, die die evolutionäre Geschichte des Planeten in einem ganz neuen Licht erscheinen ließ. Es handelte sich um einen wissenschaftlichen Durchbruch, doch Cheb dachte in erster Linie an seinen Magen.
    »Nein, ich kann dir nicht dabei helfen, die Haferflocken zu finden. Wenn du sie eingepackt hast, sind sie in deinem Rucksack. Wenn nicht, mußt du eben auf sie verzichten. Ich suche nach weiteren Fossilien.«
    Cheb schnitt eine schmerzerfüllte Grimasse und schlüpfte sofort in die Rolle des Opfers. »Was ist los mit dir? Ich verdiene es nicht, gleich so angefahren zu werden.«
    »Doch, genau das verdienst du. Schon seit Wochen hast du schlechte Laune. Wird es nicht langsam Zeit, daß du versuchst, darüber hinwegzukommen?«
    Er kniff die Augen zusammen. »Danke für deine ungeheure Anteilnahme und den Umstand, daß du so große Rücksicht auf meine Gefühle nimmst. Wie angenehm zu wissen, daß man dem besten Freund völlig gleichgültig ist.«
    Kathryn hatte das Gefühl, von einem Speer durchbohrt zu werden. Cheb litt noch immer sehr an der Enttäuschung – sie hätte tatsächlich keine so scharfen Worte an ihn richten sollen. Es gab bessere Möglichkeiten, mit einer solchen Situation fertig zu werden. Wann lernte sie endlich, ihr Mundwerk zu kontrollieren?
    »Tut mir leid, Cheb. Ich hab nur nicht verstanden, warum dich die Entdeckung des Fossils so kalt läßt.«
    Er drehte sich um und stapfte zu den Rucksäcken. »Sollen wir die ganze Woche auf diese Weise verbringen? Indem du jedesmal zur Furie wirst, wenn ich den Mund aufmache?«
    »Das ist nicht fair. Ich…«
    »Gibt es etwas Schlimmeres, als in einem unterirdischen Höhlensystem gefangen zu sein, in

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