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Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Titel: Moser Und Der Tote Vom Tunnel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Baehr
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Frühstück einzunehmen. Als er am Tisch saß musste er doch an die beiden auf der Lok sich abmühenden Männer denken und stellte wieder einmal fest, wie gut es den Fahrgästen im Vergleich zum Personal ging.
     
    Bis Ulm verlief die Fahrt zügig und reibungslos. Auf dem Ulmer Bahnhof verzögerte sich jedoch die Abfahrt. Moser war seit Stuttgart allein in seinem Coupé. Er blickte vom Abteilfenster auf den überfüllten Bahnsteig. In der Nähe des Bahnhofes sah er den eingerüsteten Turm des Ulmer Münsters, dessen Vollendung nun bald erfolgen sollte, wie er gelesen hatte. Angeblich würde es der höchste Kirchturm der Welt, was Moser anmaßend für eine württembergische Provinzstadt fand.
    Der Schaffner ging durch den Zug und klopfte an die Türen der Abteile. Er trat in Mosers Coupé mit den Worten: »Gnädiger Herr, leider verzögert sich unsere Weiterfahrt. Vor uns ist auf der Donaubrücke ein Güterwagen aus den Schienen gesprungen. Bis man diesen wieder in die Gleise gehoben hat, kann es eine Weile dauern. Aber es wird versucht, alles zu unternehmen, damit wir möglichst schnell weiterfahren können.«
    Moser meinte: »Wie lang kann es denn dauern? Ich werde noch heute in München erwartet.«
    »Das ist schwer zu sagen. Wenn Sie möchten, können Sie jedoch aussteigen und im Wartesaal im Empfangsgebäude Kaffee und Kuchen zu sich nehmen. Die Weiterfahrt unseres Zuges wird rechtzeitig bekannt gegeben«, erklärte der Schaffner. Der Kriminalrat stieg aus, wollte jedoch das Angebot nicht annehmen. Stattdessen lief er am Zug entlang. An dessen Ende war ein Gepäckwagen angekuppelt, der wie die Personenwagen einen Laufweg von Paris über Reims, Metz, Landau, Stuttgart und Augsburg nach München hatte. Zwei Dienstmänner waren gerade damit beschäftigt, einige Koffer dem Personal des Gepäckwagens durch eine geöffnete Schiebetür zu übergeben. Moser konnte in den Wagen sehen und stellte fest, dass es neben dem eigentlichen Gepäckraum auch ein Abteil mit Postsäcken gab, in dem ein Postbeamter damit beschäftigt war, die Briefe zu sortieren und in einzelne Fächer einer Regalwand zu stecken. Am Ende des Wagens gab es außerdem einen Aufenthalts- und Schlafraum für das Personal. Moser stellte sich vor, dass die Teile des Châtellerault-Gewehrs vielleicht in einem solchen Gepäckwagen über die Grenze geschmuggelt und von einem Bahnbeamten nach dem Münchweiler Tunnel abgeworfen worden waren.
    Der Kriminalrat überlegte, dass – sofern seine Vermutung zutraf – auf jeden Fall mindestens ein Komplize an der Sache beteiligt gewesen sein musste, der die ›Ware‹ in Empfang nahm und verschwinden ließ. Dieser konnte nur ein weiterer Eisenbahner oder ein Gleisarbeiter gewesen sein. Auf jeden Fall jemand, der vor Ort war.
    Durch den Ruf des Schaffners: »Alles einsteigen, alles einsteigen, wir setzen unsere Fahrt fort!«, wurde Moser aus seinen Gedanken gerissen; er beeilte sich, wieder sein Abteil in der 1. Klasse an der Spitze des Zuges zu erreichen.
    Nach seinen Erlebnissen auf der Lokomotive und den Beobachtungen im Gepäckwagen bestanden für Moser keine Zweifel mehr: Das Gewehr wurde offensichtlich von einem solchen Wagen am Schluss eines Zuges abgeworfen.

Rückkehr nach München
     
     
    Mosers Zug kam erst kurz vor 18 Uhr im Münchner Hauptbahnhof an. Da er wusste, dass Pfister auf Nachrichten über den Mordfall am Münchweiler Tunnel wartete, beschloss er, trotz der vorgerückten Stunde direkt vom Bahnhof ins Ministerium zu gehen. Wie vermutet, traf er Pfister noch an, der sofort über die Ermittlungsergebnisse informiert werden wollte. Moser schloss seine Rede mit den Worten: »… wie Sie sehen, haben wir es hier mit zwei Kriminalfällen zu tun. Einerseits mit Waffenschmuggel, andererseits mit dem Mord an einem aus Ungarn stammenden Gleisbauarbeiter. Beide Fälle müssen eng zusammenhängen.«
     
    »Saubere Arbeit, Moser«, erwiderte Pfister, »am Montag müssen wir bereden, welche Schritte wir als Nächstes unternehmen. Besonders der ominöse Teil des Flugblatts mit dem Hinweis auf eine Gastwirtschaft sowie dieser merkwürdige Mann, der in dem Bahnarbeiterlager irgendetwas sucht, scheinen mir vielversprechende Fährten zu sein. Übrigens haben unsere Kollegen in Wien nichts über einen Zoltán Koloman in Erfahrung bringen können. So, als ob es den Mann nie gegeben hätte. Vermutlich haben Sie recht, dass es sich nicht um den richtigen Namen des Toten handelt.«
    »Nun, wir stehen gewissermaßen immer

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