Moser Und Der Tote Vom Tunnel
Deshalb probierte ich noch einmal selber mein Glück …«
»Und dabei ist der Knopf Ihres Mantels abgerissen. Greiner hatte ihn also keineswegs bei seiner Untersuchung des Fundorts übersehen, sondern er war zum betreffenden Zeitpunkt dort überhaupt noch nicht vorhanden. Haben Sie denn im Gras oder an anderer Stelle etwas entdeckt?«
»Nein, auch ich konnte nichts finden. Weder einen Hinweis auf Istváns Mörder noch auf den Verbleib des Gewehres …«
»Nun, das haben die Kollegen aus Pirmasens längst sichergestellt. Dieses Gewehr wird keinen Schaden mehr anrichten … So, Sie haben mir sehr geholfen. Das könnte sich vielleicht mildernd auf das Strafmaß in Bezug auf den Waffenschmuggel mit der Absicht, einen Umsturz anzuzetteln, auswirken.«
»Aber dazu müsste ich erst einmal gefasst werden, Herr Kriminalrat. Einen Tschulnigg bekommt man nicht so leicht …«, sagte Tschulnigg grinsend und warf Moser eine mit Wasser gefüllte Blechschüssel entgegen. Dieser zuckte verdutzt zusammen. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Das Wasser lief über seinen Oberkörper und triefte auf den Holzboden der Hütte. Im nächsten Moment stürzte Tschulnigg an Moser vorbei aus der Hütte und verriegelte die Tür von außen. Moser wusste immer noch nicht recht, wie ihm geschah, als ein Schuss durch die Marchauen hallte, sodass die Wasservögel laut schreiend aufflogen.
Der begossene Kriminalrat
Moser donnerte gegen die Tür seines ›Gefängnisses‹ und versuchte, aus dem winzigen Fenster etwas zu erkennen. Inzwischen war es schon dämmerig und er sah, wie sich auf der Wasserfläche der March dünne Nebelschwaden bildeten. Es gab keine Anhaltspunkte, was eigentlich passiert war.
In diesem Moment wurde die Tür der Hütte von außen geöffnet. Moser schnappte sich geistesgegenwärtig einen Enterhaken, mit dem er sich seitlich neben den Eingang stellte.
Es traten zwei Männer ein und der Kriminalrat wollte gerade von seiner ›Waffe‹ Gebrauch machen, als er sah, dass einer von beiden uniformiert war.
»Sachte, sachte. Wir kommen doch, um Sie zu befreien«, sagte der Mann im Straßenanzug.
»Hören Sie, ich bin Bürger des Deutschen Reiches …«, sagte Moser.
»Das wissen wir doch längst, Herr Kriminalrat«, erwiderte der Uniformierte. Der andere konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. So sieht also ein bayerischer Kriminalrat aus.
Moser bot in der Tat einen merkwürdigen Anblick. Seine Kleidung tropfte, war völlig durchnässt und derangiert. Außerdem hatte er einen roten Kopf und sein grau melierter Bart sah durch die unvorhergesehene Bewässerung ziemlich traurig aus.
Der Mann in Zivil erklärte: »Wir sind die österreichische Geheimpolizei. Mein Name tut nichts zur Sache. Nennen Sie mich einfach Huber, Herr Kollege. Unser Auftrag war seit Längerem die Ausfindigmachung und Ausschaltung des Waffenhändlers Tschulnigg. Unseren Informationen zufolge hielt er sich längere Zeit im Ausland auf, vor allem im Deutschen Reich. Nach dem Hinweis eines Zollbeamten in Schärding musste sich Tschulnigg seit einigen Tagen wieder in Österreich befunden haben. Durch die Anfragen aus München war uns bekannt, dass im letzten Winter in der Pfalz ein ungarischer Staatsbürger ermordet aufgefunden wurde. Selbstverständlich haben wir grundsätzlich Interesse an solchen Todesfällen von k.u.k.-Staatsbürgern. Außerdem sahen wir einen Zusammenhang mit dem Waffenschmuggel. Nach wie vor fehlte uns jedoch der Drahtzieher, Tschulnigg. Uns war klar, dass Sie uns früher oder später zu ihm führen, Ihr Spürsinn ist ja auch in Wien bekannt.« Moser kam aus dem Staunen nicht heraus. »Aber lassen Sie uns doch endlich nach draußen gehen. In dieser Hütte ist die Luft ja so stickig, man kann kaum atmen.«
Der Kriminalrat folgte den Männern nach draußen. Vor der Hütte lag Tschulnigg, tot. Aus einer Kopfwunde tropfte Blut. Moser fühlte sich für einen Moment schuldig am Tod von Tschulnigg.
Der Mann, der sich Huber nannte, bemerkte, dass der deutsche Kriminalrat durch den Anblick des toten Tschulnigg berührt wurde, und erklärte: »Lieber Herr Moser, machen Sie sich keine Vorwürfe. Tschulnigg wurde seit Jahren steckbrieflich gesucht. Tot oder lebendig. Nicht nur, weil er mit illegalen Waffen handelte, die er an die ungarischen Freischärler verkaufte. Er hat auch sonst mit allerlei unlauteren Geschäften viel Geld verdient und einen Umsturz in Ungarn geplant, wobei ihm jedes Mittel recht war. Einen von ihm
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