Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
Vom Netzwerk:
ab und demonstrierte die Bisswunde.
    »Nicht der Rede wert«, sagte der Regieassistent männlich und bewegte die Finger. »Tut gar nicht mehr weh.«
    Doch die friedliche Phase des allgemeinen Gesprächs währte nicht lange. Die Intrigantin setzte die Zündschnur in Brand.
    »Aber wie rasch und geschickt Sie die Hand zurückgezogen haben, Elisa«, bemerkte die Lissizkaja mit einem unangenehmen Lächeln. »Ich wäre vor Angst wie versteinert gewesen und gebissen worden. Sie dagegen – als hätten Sie gewusst, dass in den Blumen ein Reptil lauert.«
    Die Altaïrskaja schwankte, als hätte man ihr eine Ohrfeige versetzt.
    »Was wollen Sie damit andeuten?«, rief Prostakow. »Sie wollen doch nicht sagen, Elisa habe das Ganze selbst arrangiert?«
    »Das fällt mir nicht im Traum ein!« Die Intrigantin breitete die Arme aus. »Aber da Sie selbst davon anfangen … Die Gier nach Ruhm treibt Menschen zu den verwegensten Dingen.«
    »Hör nicht auf sie, Elisa!« Prostakow griff nach der Hand der erschütterten Altaïrskaja. »Und Sie, Xanthippa Petrowna, Sie machen das doch mit Absicht. Weil Sie wissen, dass Sie verdächtigt werden.«
    Die Lissizkaja lachte laut.
    »Aber natürlich, wer denn sonst? Übrigens ist mir ein kleines, aber sehr interessantes Detail aufgefallen. Normalerweise nehmen Sie, der treue Ritter, beim Applaus den schönsten Korb und überreichen ihn persönlich der Dame Ihres Herzens. Das haben Sie diesmal nicht getan. Warum?«
    Prostakow wusste nicht, was er darauf antworten sollte, und schüttelte vor Empörung nur den Kopf.
    Mefistow schnalzte mit der Zunge und sagte düster: »Ich würde mich über gar nichts wundern. Das heißt, über
niemanden
.« Er ließ seinen Blick der Reihe nach über alle gleiten.
    Jeder, den der Intrigant misstrauisch musterte, reagierte auf seine Weise. Der eine protestierte, der Nächste schimpfte. Die Durowa streckte die Zunge heraus. Die Reginina lachte verächtlich und ging hinaus in den Flur. Rasumowski gähnte.
    »Schert euch doch alle zum Teufel. Ich sollte eine rauchen gehen, mir meine Rolle ansehen …«
    Zu einem Skandal kam es jedoch nicht. Nach ein paar Minuten waren alle verschwunden, und die beiden Intriganten blieben ein wenig enttäuscht zurück.
    »Antoscha, Sie könnten so etwas getan haben, bloß so, um die Gänse zu reizen«, sagte die Lissizkaja aus reiner Gewohnheit zu ihrem Partner. »Geben Sie zu, das war Ihr Werk.«
    »Hören Sie auf«, entgegnete Mefistow träge. »Was sollen wir beide uns gegenseitig ärgern? Ich setze mich in den Saal und probiere mal den Jepichodow. Was für eine Rolle …«
    Die Intrigantin wirkte unzufrieden. Da nun nur noch Fandorin im Künstlerfoyer war, wetzte sie ihre Krallen an dem Neuen.
    »Rätselhafter Unbekannter«, begann sie schmeichelnd, »Sie sind sehr unverhofft aufgetaucht. Genau wie der Blumenkorb gestern, den wer weiß wer geschickt hat.«
    »Verzeihen Sie, Gnädigste, ich habe keine Zeit«, erwiderte Erast Petrowitsch kühl und erhob sich.
    Er schaute zuerst in den Zuschauersaal. Dort saßen, einzeln, in gebührendem Abstand voneinander, einige Schauspieler. Elisa war nicht darunter.
    Er ging in den Flur.
    Vorbei an Lowtschilin, der sich auf einem Fensterbrett niedergelassen hatte, vorbei an dem Pfeife rauchenden Rasumowski und an dem finster dreinblickenden Dewjatkin, der auf eine einzige Textseite starrte.
    Die Altaïrskaja-Lointaine fand er auf der Treppe. Sie stand am Fenster, mit dem Rücken zu Fandorin, die Arme um die Schultern geschlungen. Ihr Textbuch im rosa Umschlag lag auf dem Geländer.
    Schluss mit den Mätzchen, sagte er sich. Diese Frau gefällt mir. Zumindest interessiert sie mich, sie reizt mich. Also sollte ich sie ansprechen.
    Er blickte in den passenderweise in der Nähe hängenden Spiegel und war zufrieden mit seinem Aussehen. Noch nie hatte sein Äußeres eine Dame gleichgültig gelassen – vor allem, wenn er ihr gefallen wollte.
    Erast Petrowitsch trat näher, räusperte sich taktvoll und sagte, als sie sich umdrehte, sanft: »Sie sollten sich nicht ärgern. Damit haben Sie dieser Dame mit der bösen Zunge nur eine Freude gemacht.«
    »Wie konnte sie es wagen?!«, rief Elisa klagend. »Zu behaupten, dass ich selbst …«
    Sie schüttelte sich widerwillig.
    Fandorin, der überdeutlich spürte, wie nah sie war, nur eine Armlänge entfernt, fuhr mit feinem Lächeln fort: »Frauen wie die Lissizkaja können nicht ohne Skandale leben. Sie dürfen nicht zulassen, dass sie Sie in ihre Spielchen

Weitere Kostenlose Bücher