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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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wohlwollend. Der Unverschämte erlaubte sich, ihren Arm zu nehmen, und sie entzog sich ihm nicht. Noch mehr missfiel es Fandorin, dass der junge Mann mit ihr den Raum verließ. Erast Petrowitsch ging mit seiner Zigarre vorbei und hörte Schustrow sagen: »Elisa, ich muss Sie in einer wichtigen Angelegenheit unter vier Augen sprechen.«
    »Nun, dann begleiten Sie mich zu meiner Garderobe«, antwortete sie, wobei ihr Blick rasch über Fandorins Gesicht glitt. »Ich möchte mich abschminken.«
    Sie gingen hinaus.
    Es reicht, sagte sich Erast Petrowitsch. Diese Frau geht mich nichts an, aber ich muss auch nicht zuschauen, wie sie mit anderen Männern flirtet. Das riecht nach Sado-Masochismus. Er überlegte, wann er verschwinden konnte, ohne dass es wie ein Affront aussah, und entschied: In zehn Minuten.
    Nach genau zehn Minuten ging er zu Stern, verabschiedete sich flüsternd und bat, sich unauffällig entfernen zu dürfen.
    Noah Nojewitsch wirkte verärgert oder besorgt. Vermutlich hatte die Rede des Mäzens ihn beunruhigt.
    »Ein glänzendes Debüt, wirklich glänzend, ich gratuliere«, murmelte er, während er Erast Petrowitsch die Hand drückte. »Lassen Sie uns über ein nächstes Stück nachdenken.«
    »Unb-bedingt.«
    Erleichtert manövrierte sich Fandorin zwischen den Schauspielern und Gästen, die meist Tee oder Cognacgläser in der Hand hielten, in Richtung Ausgang hindurch.
    Die Tür flog ihm geradezu entgegen. Er konnte eben noch Elisa auffangen, die mit ihrem ganzen Körper gegen ihn prallte. Ihr Gesicht war zu einer Schreckensmaske erstarrt, ihre Pupillen so stark vergrößert, dass die Augen ganz schwarz wirkten.
    »Aahh«, stöhnte sie und schien Fandorin gar nicht zu erkennen. »Aahh …«
    »Was ist los? Was ist passiert?«
    Schustrow kam den Flur entlanggelaufen, sich mit einem Taschentuch die Stirn abwischend.
    »Was haben Sie mit ihr gemacht, verdammt noch mal?!«, rief Erast Petrowitsch ihm zu.
    »Da …« Der Unternehmer, sonst immer so ruhig, zeigte mit zitterndem Finger in Richtung Flurende. »Dort, in der Garderobe … Elisa hat den Schlüssel vom Brett genommen und aufgeschlossen … Und da … Wir müssen die Polizei rufen! Ein Telefon … Wo ist ein Telefon?«
     
    Der Tote lag in der Garderobe, direkt vor der Tür, in der Haltung eines Embryos – zusammengerollt, die Arme an den Bauch gepresst. Bemüht, nicht in die riesige Blutlache zu treten, nahm Fandorin dem Toten vorsichtig ein Klappmesser mit sehr scharfer, leicht gebogener Klinge aus den geöffneten Fingern.
    »Eine Kelappemessa«, sagte Masa hinter ihm.
    »Das sehe ich auch ohne dich. Geh beiseite und lass niemanden näher heran. Hier g-gibt es viele Spuren«, befahl ihm Erast Petrowitsch kühl, ohne sich umzudrehen.
    Im Raum waren überall Blutflecke, blutige Handabdrücke bedeckten die Innenseite der Tür, auf dem Boden waren rote Spuren spitznasiger Schuhsohlen zu erkennen. Sie passten zu den Kavalleriestiefeln des Toten.
    »Lassen Sie mich durch!«, ertönte Sterns wütende Stimme. »Das ist mein Theater! Ich muss wissen, was hier passiert ist!«
    »Ich rate Ihnen, lieber n-nicht reinzukommen. Das würde der Polizei nicht gefallen.«
    Noah Nojewitsch schaute zur Tür herein, wurde blass und bestand nicht mehr darauf, eingelassen zu werden.
    »Der arme Junge! Wurde er erstochen?«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich nehme an, der Kornett ist an Blutverlust gestorben. Die breite Schnittwunde am Bauch hatte nicht den sofortigen Tod zur Folge. Er ist durchs Zimmer gelaufen, hat am Türgriff gerüttelt, und dann verließen ihn die Kräfte.«
    »Aber … warum ist er nicht in den Flur hinaus gelaufen?«
    Fandorin antwortete nicht. Er erinnerte sich, wie er auf dem Weg zum Bankett hier vorbeigekommen war und sich gewundert hatte, dass die Tür abgeschlossen war. Also hatte Limbach nur einen Schritt entfernt von ihm gelegen, vermutlich bereits tot oder bewusstlos.
    »Ein Meer von Blut«, erklärte Stern, sich umdrehend und an die Übrigen gewandt. »Der Husar wurde erstochen oder hat sich selbst erstochen. Auf jeden Fall werden wir morgen wieder in allen Zeitungen stehen. Die Reporter werden augenblicklich herausfinden, dass er Elisas Verehrer war. Übrigens, wo ist sie eigentlich?«
    »Serafima, Soja und Prostakow sind bei ihr«, antwortete die Reginina. »Die Ärmste ist einer Ohnmacht nahe. Ich kann mir gut vorstellen, wie das ist – du machst die Tür auf und entdeckst in deinereigenen Garderobe so etwas … Ich weiß nicht, wie sie

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