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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Anhängerin des Schauspieler- oder Regietheaters, ich war immer für das Autorentheater! Sie sind mein Held, Erast Petrowitsch! Ach, Sie sollten einmal ein Stück schreiben über eine nicht mehr junge Frau mit lebendiger Seele und starken Leidenschaften!«
     
    Ihr Exgatte, mit glänzender künstlicher Glatze und gewachstem Samuraizopf, schob sie beiseite.
    »Ich habe erst heute die Idee Ihres Werkes richtig verstanden. Das ist grandios! Wir beide haben viel gemeinsam. Irgendwann einmal erzähle ich Ihnen die Geschichte meines Lebens …«
    Doch da drängte sich schon die Intrigantin vor, den Mund zu einem breiten, die winzigen Zähne entblößenden Lächeln verzogen.
    »Die interessantesten Stücke sind die, in denen die Hauptfigur auf der Seite des Bösen ist. Das haben Sie genial demonstriert.«
    Wassja Prostakow, noch immer mit den Schwertern im Gürtel, dankte ihm im Gegenteil für die »Bestrafung des Bösen«, die seiner Ansicht nach den wesentlichen Sinn von Fandorins Stück und des Seins überhaupt ausmachte.
    Und dann sah Erast Petrowitsch keinen von ihnen allen mehr, denn Elisa kam auf ihn zu, schlang ihm ihren heißen Arm um den Hals, betäubte ihn mit Veilchenduft und flüsterte ganz leise: »Allerbester! Verzeih mir, Liebster, es ging nicht anders …«
    Sie glitt beiseite, um anderen Platz zu machen, und Fandorin fragte sich quälend: Hatte sie »Verzeih« gesagt oder »Verzeihen Sie«? Er war nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. Davon hing so vieles ab! Aber er konnte schließlich nicht nachfragen, oder?
    Beruhige dich, das hat rein gar nichts zu bedeuten, befahl er sich. Frau Lointaine ist Schauspielerin, auch sie ist dem Zauber des großen Erfolgs verfallen. Für sie bin ich plötzlich nicht mehr irgendein Mann, sondern ein vielversprechender Dramatiker. Ich kenne den Preis für einen solchen Kuss, ein zweites Mal tappe ich nicht in diese Falle, ergebensten Dank. Und mit absichtlich betonter Bitterkeit fragte er in Gedanken: Gnädige Frau, warum sieht man denn Ihren Auserwählten gar nicht?
    Er hatte Limbach bei der Premiere heute tatsächlich nicht gesehen und daraus den einzig möglichen logischen Schluss gezogen: Der Kornett musste die Festung nicht mehr belagern, da er sie bereits erobert hatte. Bestimmt erwartete er sie in ihrem Hotelzimmer mit Blumen und Champagner. Sei es drum. Wie sagt man so schön? Ein weiches Bett euch beiden!
    Nach den Schauspielern gratulierten auch die Gäste dem Autor – es waren nur wenige, das Bankett war »intern«. Die einflussreichen Kritiker, die Erast Petrowitsch in der Loge gesehen hatte, traten zu ihm und äußerten herablassende Komplimente. Dann fassten ihn zwei äußerst liebenswürdige Herren unter, der eine trug einen Kneifer, der andere einen duftenden Bart. Sie wollten wissen, ob er nicht noch andere Werke parat habe oder plane. Flugs eilte Stern herbei und drohte den beiden scherzhaft mit dem Finger.
    »Wladimir Iwanowitsch, Konstantin Sergejewitsch, stehlen Sie mir nicht meinen Autor! Sonst vergifte ich Sie beide wie Salieri Mozart!«
    Als Letzter, als alle anderen wieder am Tisch saßen, sprach der Förderer der Musen, Schustrow, Fandorin an. Er machte ihm keine Komplimente, sondern packte den Stier gleich bei den Hörnern.
    »Könnten Sie auch ein Szenarium aus dem japanischen Leben schreiben?«
    »Was b-bitte? Ich kenne dieses Wort nicht.«
    »Szenarium nennt man ein kinematographisches Stück. Eine neue Idee auf dem Gebiet des Films. Eine ausführliche Schilderung der Handlung mit ausgearbeiteter Dramaturgie und detailliert beschriebenen Bildern.«
    Fandorin war erstaunt.
    »Aber wozu? Soviel ich weiß, sagt der Filmregisseur den Darstellern nur, wie sie sich hinstellen und bewegen sollen. Dialoge gibt es ohnehin keine, und das Sujet kann sich jederzeit ändern, abhängig v-vom Geld, vom Wetter und von der Verfügbarkeit der Schauspieler.«
    »So war es früher. Doch das wird sich bald ändern. Wir reden später darüber.«
    Der Regisseur klopfte mit einer Gabel gegen sein Glas und rief dem Millionär zu: »Andrej Gordejewitsch, Sie wollten eine Rede halten! Jetzt ist der richtige Moment, alle sind versammelt!«
    Just erschien auch der Herzensbrecher Gasonow mit seinem glänzenden Stoppelkopf. Der Unverschämte setzte sich neben Elisa, die freundlich etwas zu ihm sagte. Aber wo sollte der Darsteller der männlichen Hauptrolle auch sonst sitzen?
    Erast Petrowitsch bekam ebenfalls einen Ehrenplatz, am anderen Tischende, neben dem

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