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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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auszuklügeln? Denn es war ausgeklügelt. Konstruiert. Zusammengesetzt aus kleinen Stücken plausibler Fakten zu etwas, das sich nie zugetragen hatte.
    Wieso war Cavanaugh dessen so sicher? Er wußte es nicht, aber gewiß nicht deshalb, weil er Seton mißtraute oder weil man ihn von den Ermittlungen in diesem Fall ausgeschlossen hatte. Nein. Sein früherer Boss Marty Felders hatte Cavanaugh beigebracht, immer auf sein ›gewisses Kribbeln im Bauch‹, wie Felders es nannte, zu hören: auf ein Gefühl, einen Argwohn, eine göttliche Eingebung, wie auch immer. Felders war der beste Agent, den Cavanaugh je kennengelernt hatte, und vor seiner Laufbahn als hervorragender Agent war er ein hervorragender Bulle in New York gewesen. Felders war es wert, daß man seine Ratschläge befolgte. Und Setons Bericht verursachte Cavanaugh eine größere Dosis Kribbeln im Bauch.
    Irgend etwas ging da vor.
    Das FBI hatte diesen Curtis P. McGraw wegen Betrügereien auf dem Bausektor am Haken gehabt und ihn als Gegenleistung für die Lieferung von ›Beweisen‹ gegen Michael Donohue laufen lassen. Wobei McGraw sogar noch zu etwas wie einem patriotischen Helden avancierte. Nicht schwer, seine Motive nachzuvollziehen; sie gingen zurück bis auf Brutus.
    Und auch Setons Motive waren nicht schwer zu durchschauen: Setz dich mit einem triumphierenden Paukenschlag zur Ruhe. Unternimm etwas, um all diese ›Informantenberichte‹ wettzumachen, die selten bis nie zu irgendwelchen konkreten Maßnahmen führten.
    Aber Dunbar hatte ihm diese Geschichte abgekauft. Genauso wie Bruce Maloney von der Abteilung für nationale Sicherheit. Und, soweit Cavanaugh wußte, wie Direktor Broylin selbst. Der Durchsuchungsbefehl für Donohues Haus hatte sich in erster Linie auf Setons Bericht gestützt. Obwohl er, wie Cavanaugh jetzt einfiel, von einem gewöhnlichen Bundesrichter und nicht vom Justizminister persönlich ausgestellt war. Und in dem Durchsuchungsbefehl hatte nichts davon gestanden, daß eine Gefährdung der nationalen Sicherheit diese außerordentliche Vorgangsweise notwendig gemacht hätte.
    Außerdem war der ganze Schwindel eine Nummer zu groß für Seton. Seton war ein Mann der belanglosen Lüge, der unbedeutenden Verschleierung, des unbedeutenden Betrugs. Er war ein unbedeutender Mann.
    Diese Sache hingegen war nicht unbedeutend.
    Was also ging hier vor? War das ganze bloß eine List, um in Donohues Haus hineinzukommen in der Hoffnung, daß weiterführende Spuren auftauchen würden, wenn das FBI erst einmal so weit gekommen war? So etwas hatte es beim FBI schon öfter gegeben. Aber nicht bei einem Fall dieser Größenordnung, dieser Publizität. Und war es wirklich nur Zufall, daß Doktor Farlow in die Schweiz ging, und Melanie Anderson von der Malaria-reading-Sache abgezogen wurde – genau wie Cavanaugh selbst – und daß Dunbar sich benahm, als würde er die Last der gesamten Zivilisation auf seinen vorschriftsmäßig unbeugsamen Schultern tragen?
    Wenn es kein Zufall war, wer verschleierte dann was? Und wozu?
    Cavanaugh hatte keine Antworten. Aber sein Bauchkribbeln wollte partout nicht aufhören. Im Gegenteil.
    Er kopierte Setons Bericht, steckte das Original in den Aktenschrank zurück und holte die zahlreichen 302er hervor, die von Setons Kontakten mit Curtis P. McGraw handelten. Er begann zu lesen.

DREIZEHN
     
    Das FBI ist insofern eine harte, gefühllose Organisation, als es dort höchst bürokratisch zugeht, vorschriftenorientiert und richtliniengemäß. Das FBI ist gefühllos in dem Sinn, daß es seine Leute manchmal nicht sehr gut behandelt.
    - Lee Colwell, ehemaliger Zweiter Direktor des FBI, 1992
     
     
    »In Sixty Minutes habe ich gehört, daß es zweifelhaft ist, ob Donohues Verhaftung rechtlich hält«, bemerkte Tess Muratore zu Judy Kozinski beim Mittagessen in einer Cafeteria.
    Die beiden Frauen saßen an einem Tisch weit hinten im Lokal, umgeben von einer angenehmen mittäglichen Geschäftigkeit. Tess, die nur eine Stunde Mittagspause hatte, trug ihre Polizeiuniform. »In der Sendung hieß es, Donohues Anwalt hat vor, den ›hinreichenden Tatverdacht‹ anzufechten. Wobei Sixty Minutes natürlich immer dafür gut ist, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.«
    »Ich habe die Sendung nicht gesehen«, antwortete Judy leichthin.
    »Ach ja«, sagte Tess.
    »Nein, ich war so beschäftigt mit meiner neuen Wohnung. Vorhänge, ein paar neue Möbel … Ich möchte, daß du sie dir bald ansiehst.«
    »Klar«, nickte Tess. »Hat

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