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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Aber dank Libby Turner von der Sun handelte es sich um einen Verstoß mit hohem Bekanntheitsgrad in einer Sache mit hohem Bekanntheitsgrad.
    Seit einer Woche benahm sich Dunbar, das menschliche Metronom, völlig uncharakteristisch. Wie ein Mensch unter furchtbarer Belastung. Aber dieser Fall war eine furchtbare Belastung. Man mußte sich nur ansehen, was er mit Melanie Anderson, der Superepidemiologin des Zentrums für Seuchenkontrolle, angestellt hatte! Dunbar war zwar nicht schwarzer Hautfarbe, aber er hatte die Leitung der Ermittlungen bei einer Ungeheuerlichkeit, die zu Todesfällen, Tumulten, Schmähungen, Gegenschmähungen und zu unbarmherzigem öffentlichem Druck, dieser Sache umgehend ein Ende zu machen, geführt hatte.
    Doktor James Farlow, der Chef des Einsatzteams des Zentrums für Seuchenkontrolle, wurde plötzlich per Beförderung in die Schweiz geschickt, weit weg von Washington. Aber es wurden unentwegt Leute befördert. Farlow hatte gute Arbeit geleistet, und soviel Cavanaugh wußte, war der Posten bei der Weltgesundheitsorganisation, der auf Farlow wartete, eine echte Rosine im Kuchen.
    Doktor Melanie Anderson, diejenige von den Zentrum-Leuten, die sich am wenigsten ein Blatt vor den Mund nahm und Malaria reading einen ›Genozid‹ nannte, war auch aus dem Einsatzteam entfernt worden. Aber Melanie hatte einen Minderjährigen in der Öffentlichkeit körperlich attackiert. Die Sache war sogar in den Morgennachrichten, die Cavanaugh über das Autoradio gehört hatte, breitgetreten worden. Und ein tätlicher Angriff in einem Burger King paßte nicht unbedingt zum rechten Image eines Wissenschaftlers des Zentrums für Seuchenkontrolle. Auch wenn der Junge angeblich bereits eine lange Liste von Unruhestiftungen und Belästigungen seiner Mitmenschen angesammelt hatte, war ein tätlicher Angriff gegen das Gesetz.
    Nichts davon hatte wirklich etwas zu bedeuten.
    Cavanaugh saß im Wagen und fuhr fort nachzudenken. Er holte seinen Zeichenblock hervor. Kritzeln half ihm, sich zu konzentrieren. Er zeichnete einen Teddybär, der in einem Regal saß, daneben einen Zinnsoldaten, eine Puppe, einen Wasserball und eine Frisbeescheibe. Der Teddybär erhielt eine Sprechblase, in der stand: »Ich wäre so gern eine richtige Avocado!« Und in dem Moment, als er die Zeichnung ›DUMMER TEDDY MIT DEPRESSION‹ nannte, wußte er, was er als nächstes tun würde.
     
    Seton war nicht in ihrem gemeinsamen Büro in Leonardtown, hatte aber ausreichend Spuren hinterlassen: Pepsi-Dosen, Dorito-Tüten, Snickers-Einwickelpapiere. Wahrscheinlich saß Seton in einer Bar in der Nähe der Marinebasis Pax River und ›betreute Informationsquellen‹. Zum jetzigen Zeitpunkt sollte Seton eigentlich alle in Patuxent stationierten Personen soweit haben, daß sie einander bei der Bundespolizei irgendwelcher Gesetzesübertretungen beschuldigen, dachte Cavanaugh. Oder zumindest soweit, daß sie Setons Alkoholismus teilen.
    Seton war ein grauenhafter Agent. Aber er war gerissen genug, um Dunbar hinters Licht zu führen, der Seton kaum je zu Gesicht bekam und der von der Lawine korrekt ausgefüllten Papierkrams, die jeden Monat auf Baltimore niederging, überaus beeindruckt war. Außerdem hatte Seton Familie und stand kurz vor der Pensionierung. Auch jene Beamten in der Dienststelle Baltimore, die wußten, wie grauenhaft er war, würden ihn nichtsdestoweniger in Schutz nehmen. Selbst Direktor Broylin hatte eingeräumt, daß gerade noch akzeptablen Beamten gegenüber mehr Toleranz geübt wurde, als sie verdienten, obwohl man sie üblicherweise in einem Hinterzimmer versteckte, wo sie das Vorleben von neuen Jobanwärtern zu überprüfen hatten. Zu dumm, daß Seton die Serienproduktion von 302ern so meisterhaft beherrschte!
    Cavanaugh wollte einen Blick auf diese 302er werfen.
    Er kannte das Paßwort zu Setons Computer nicht. Aber er hatte einen Schlüssel zu den versperrten Aktenschränken, in denen sich die Ausdrucke befanden. Die meisten Agenten warfen den Ausdruck weg, sobald der Bericht abgeliefert war. Wozu ihn aufheben? Aber Seton, der so darauf bedacht war, seine Vorgesetzten zu beeindrucken, hatte vermutlich ordentlich abgelegte Kopien von allem und jedem – zur Sicherheit, falls sich irgendwann einmal die Gelegenheit bot, Dunbar, den eisernen Befolger der Dienstvorschriften, persönlich beeindrucken zu können. Cavanaugh begann beim letzten Schrank.
    Cavanaugh brauchte ganze neunzig Sekunden, um die Kopien der 302er zu finden. Sie waren

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