Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
einem spezifischen Datum – etwas Normales sind.«
    Sie blinzelte hinter ihrem Schreibtisch hervor. »Schlaganfälle sind etwas völlig Natürliches, Agent Cavanaugh, insofern, als dem Körper Tausende Möglichkeiten einer Funktionsstörung offenstehen.«
    »Das ist mir völlig klar, Frau Doktor. Aber die ungewöhnliche Häufung von Schlaganfällen letztes Wochenende hier am Dellridge-Krankenhaus – ist das nicht medizinisch bemerkenswert?«
    »Agent Cavanaugh, untersuchen Sie die Möglichkeit ärztlichen Fehlverhaltens bei der Behandlung von Notfällen hier im Haus? Wenn das stimmt, dann sagen Sie es mir bitte offen.«
    »Ich untersuche gar nichts in dieser Richtung«, sagte Cavanaugh und sah in ihren Augen die Frage: Warum sind Sie dann hier? »Ich verfolge nur eine Anomalie. Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie mir Ihre fachliche Meinung zu dieser Anomalie geben könnten.«
    »Und diese Anomalie bezieht sich auf die Hautfarbe, das meinen Sie doch, nicht wahr? Wenn Sie gestatten, möchte ich ein paar Fakten auf den Tisch legen. Die Bevölkerung von Maryland besteht zu fünfundzwanzig Prozent aus Menschen afrikanischer Abstammung, ein Anteil, der deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt liegt. Menschen afrikanischer Abstammung sind aus Gründen, die wir nur teilweise verstehen, doppelt so gefährdet wie Weiße, einen Schlaganfall zu erleiden. Für Menschen afrikanischer Abstammung zwischen fünfunddreißig und fünfundfünfzig ist die Zahl sogar viermal höher als bei gleichaltrigen Weißen. Bundesweite Untersuchungen haben ergeben, daß bei schwarzen Patienten, die einen Schlaganfall überleben, die Schädigungen des Gehirns weitaus extensiver sind als bei anderen rassischen Gruppierungen. Niemand weiß, weshalb das so ist. Darf ich noch hinzufügen, daß wir hier im Dellridge-Krankenhaus mit beispielhaftem Engagement für eine erstklassige medizinische Versorgung all unserer Patienten Sorge tragen. Und wir können dies auch mit Hilfe der Krankengeschichten beweisen. Ist dies die Art von fachlicher Meinung, um die Sie mich gebeten haben, Agent Cavanaugh?«
    »Ja, das war sehr aufschlußreich«, sagte Cavanaugh beherrscht.
    »Das freut mich.« Doktor Lawrence stand auf. »Wenn ich noch etwas für Sie tun kann …«
    »Nein, das glaube ich nicht. Sie waren mir eine große Hilfe, vielen Dank.« Da sie so offensichtlich erwartete, daß er aufstand und ging, machte er ihr die Freude.
    Auf dem ganzen Weg spürte er ihre Augen in seinem Rücken – den Korridor entlang, durch die Eingangshalle und zur Tür hinaus ins Freie, wo ihn die untypisch frühe Sommerhitze umfing wie ein dampfendes Leichentuch.
     
    »Hier ist der Laborbefund, den Sie angefordert haben«, sagte der junge Doktor und legte einen dünnen Stapel Papiere auf den Schreibtisch des medizinischen Leiters. »Über Senator Reading.«
    Doktor Goldstein blätterte den Bericht durch. Er war ein schlanker, gutaussehender Mann in den Sechzigern mit immer noch dichtem lockigem Haar in der gleichen dunkelgrauen Farbe wie seine Augen. Während er las, zogen sich seine Brauen zusammen. »Da muß irgendwo ein Fehler passiert sein.«
    »Das glaube ich nicht, Sir. Ich habe die Untersuchung wiederholen lassen. Beide Befunde liegen Ihnen vor.«
    »Hat der Senator andere Erdteile bereist? Oder die Karibik?«
    »Seine Frau sagt nein. Er war zu beschäftigt mit den Vorbereitungen für die Wahlkampagne.«
    Goldstein stand auf und ging zum Fenster. Der Ausblick von der zweiten Etage war entmutigend. Wie bei den meisten New Yorker Krankenhäusern stellte die Parkraumnot ein Problem dar, das sich nur mit jenem der sanitären Einrichtungen messen konnte. Zahllose Fahrzeuge quetschten sich in den viel zu kleinen Parkplatz, viele davon quer zur vorgeschriebenen Richtung an deutlich verbotenen Stellen, wo sie die Müllabfuhr blockierten, die Zufahrt zu den Lieferanteneingängen und die Ausfahrtswege der anderen Parkplatzbenutzer. Unter den widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen befand sich auch ein Übertragungswagen mit der Aufschrift NACHRICHTEN AUF KANAL SECHS an den Seiten. Goldsteins Gesicht verfinsterte sich, und er wandte sich vom Fenster ab.
    »Rafe, ich kann das bei der Pressekonferenz nicht rausgeben. Nicht, wenn wir nicht absolut sicher sind.«
    Der junge Doktor schwieg. Er hatte selbst durch das Mikroskop gestarrt; er war bereits sicher. Er sagte: »Ich fürchte, da gibt es noch etwas, Sir.«
    »Noch etwas außer dem Umstand, daß ein Senator der Vereinigten Staaten

Weitere Kostenlose Bücher