Moskito
sie war so ruhig wie ein Tier, nachdem man ihm eins über den Schädel gegeben hatte. Aus eigener Erfahrung mit sich selbst wußte sie, daß diese Ruhe nicht anhalten würde.
»Na ja«, sagte Robert vorsichtig, »du hast wahrscheinlich recht. Du verdienst etwas Besseres als mich.«
»Adieu, Robert. Ich schicke dir den Mietvertrag für das Haus mit der Post, damit du ihn kündigen kannst.« Sie legte auf.
Lange Zeit saß sie da und starrte den Bildschirmschoner an. Dann ging sie ins Wohnzimmer, nahm den dunkelroten Pullover, den sie angefangen hatte für Robert zu stricken, und trennte ihn auf, Reihe um Reihe um Reihe.
INTERIM
Die USS Bryant durchpflügte das Wasser des Potomac; es war kurz vor Sonnenaufgang. Der Erste Offizier – die einzige Person auf der Brücke, die wußte, wie der Auftrag lautete – gab dem Steuermann Order, die Geschwindigkeit zurückzunehmen. In den nächsten paar Minuten flogen die Befehle nur so hin und her. Schließlich kam das Schiff zu einem Halt und ließ den Anker fallen.
Leichte Nebelschwaden trieben über den Fluß, und der Erste Offizier konnte gerade eben die Umrisse des Zentrums für Schiffsbewaffnung auf der Virginia-Seite des Flusses ausnehmen. Er verließ die verglaste Brücke, trat hinaus auf das Deck und hob das Fernglas an die Augen.
»Mister Horton, lassen Sie den Artillerieoffizier und die Besatzung antreten.«
»Jawohl, Sir!« sagte Fähnrich Horton, der jüngste Decksoffizier, der nach dem Abschluß in Annapolis seinen ersten Dienst auf dem Wasser ableistete. Er salutierte zackig, führte eine perfekte Neunzig-Grad-Wendung aus und marschierte davon. Der Erste, der seit siebzehn Jahren in der Marine war, lächelte in sich hinein.
Fünf Minuten später war Horton wieder da. »Sir … es … es gibt ein Problem.«
»Ein ›Problem‹?«
»Jawohl, Sir. Ein Mann von der Geschützbesatzung. Stanners. Er will nicht an Deck kommen.«
»Meinen Sie, er ›kann‹ nicht, Mister Horton? Ist Stanners krank?«
»Nein, Sir. Er ›will‹ nicht.«
»Wollen Sie mir erklären, daß es einem Besatzungsmitglied dieses Schiffes beliebt, einem direkten Befehl nicht Folge zu leisten?«
»J-Jawohl, Sir.«
»Und wieso?«
»Er sagt, es ist wegen der Malaria reading, Sir. Stanners sagt, hier in der Gegend hätte es angefangen. Er sagt, er will es nicht riskieren, früh am Morgen, wenn die Moskitos am gefräßigsten sind, raus ins Freie zu gehen. Sir.«
Die beiden Offiziere starrten einander an. Der Erste war weiß; der Fähnrich schwarz. Genau wie Stanners. Der Erste kannte den Sichelzell-Status der einzelnen Besatzungsmitglieder der Bryant nicht. Eine komplexe Mischung von Emotionen erfüllte ihn: Gereiztheit, Abscheu, schlechtes Gewissen und eine tiefe Abneigung, sich mit der Situation auseinanderzusetzen.
Er ignorierte alles. »Mister Horton, teilen Sie Stanners mit, daß er sich in drei Minuten auf Deck einzufinden hat oder vors Kriegsgericht kommt! Wir sind hier bei der Marine der Vereinigten Staaten, und er ist Seemann in dieser Marine!«
Im Hintergrund von Hortons dunklen Augen bewegte sich etwas. Unter seiner Handfläche schob sich der Daumen nach oben und strich über den Ring, den alle Absolventen von Annapolis trugen. »Jawohl, Sir.«
Horton begab sich wieder unter Deck.
Der Erste Offizier stützte eine Hand auf die Reling und wandte sich wieder seiner Betrachtung des Zentrums für Schiffsbewaffnung zu. Er hatte im Persischen Golf gekämpft und Seeleute fallen sehen. Er glaubte fest daran, daß das Leben jedes Soldaten seinem Land gehörte. Und er hatte in der Zeitung gelesen, daß die Todesfälle bei dieser sogenannten ›Malaria‹ ohnehin zurückgingen. Die Todesrate hatte sich im letzten Monat halbiert. Und vielleicht wagten sich die Moskitos gar nicht auf das Schiff, auch wenn es so ufernahe lag. Stanners war einfach ein Schwächling, leider typisch für die jungen Kerle, die sich zum Wehrdienst verpflichteten, weil sie Soldaten sein wollten, weil ihnen das Drumherum gefiel, die geregelte Bezahlung und die diversen Vergünstigungen. Aber von den Risiken, die damit verbunden waren, wollten sie nichts wissen! Gerade solche Taugenichtse wie die Reservisten. Feiglinge.
Doch hinter alldem stand das plötzliche Bild, wie Stanners vom Gehirnschlag getroffen umkippte – während einer Marineübung, die, wie nur Kapitän und Erster Offizier wußten, äußerst belanglos war. Und daran starb. Mit neunzehn. Auf seinen Befehl.
In der kühlen
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