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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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hatten und daß es schwierig war, jemanden auf 115 Quadratmeter Reihenhaus – plus Garage – zu ›verfolgen‹. Cavanaugh war der Neue in der Klasse. Er wartete und hielt den Mund.
    Nach ein paar Minuten kippte das Garagentor jedoch wieder auf, und der weiße Mercedes glitt rückwärts ins Freie. Erickson saß hinter dem Lenkrad und Donohue neben ihm, ein schwaches Lächeln um die Mundwinkel. Er hatte einen hellgrauen Anzug an und würdigte die Reporter, die an die Fenster des Wagens hämmerten, brüllend um einen Kommentar bettelten und wie verrückt fotografierten, keines Blickes. Erickson hielt krampfhaft das Lenkrad umklammert, aber Donohue lächelte weiterhin kühl und unerschütterlich.
    »Ist er immer so gelassen?« erkundigte sich Cavanaugh.
    »Ja.«
    Als Fahrer war Arnett fähiger denn als Gesprächspartner. Er setzte den Wagen unmittelbar hinter den Mercedes und hielt mühelos die Position. Die anderen FBI-Wagen würden unauffällig folgen. Hinter Arnett zogen sich die Aufnahmewagen und Pressefahrzeuge dahin wie der unordentliche Schweif eines Kometen. Cavanaugh starrte Donohues Hinterkopf an. Er verriet ihm nicht das geringste.
    Sie nahmen die Westeinfahrt nach Washington, D.C., und hielten schließlich vor einem farblosen Gebäude auf der Georgia Avenue. Erickson parkte auf einem bewachten Parkplatz, und sein ganzes Gefolge drängte sich hinterher. Der Parkplatzwächter, ein Schwarzer in mittleren Jahren, erkannte Donohue offenbar nicht; er wirkte ängstlich und bestürzt ob des Durcheinanders, das sich da plötzlich zwischen seinen peniblen Reihen geparkter Autos abspielte.
    »Sie gehen rein mit ihnen«, sagte Arnett und verblüffte Cavanaugh mit seiner unvermuteten Gesprächigkeit. »Bleiben Sie dicht dran. Machen Sie sich Notizen. Ich warte im Wagen und behalte die Vordereingänge im Auge.«
    »Okay«, nickte Cavanaugh. Plötzlich hatten sie die verbalen Rollen getauscht.
    Erickson und Donohue stiegen aus dem Mercedes. Erickson gab dem Wächter die Wagenschlüssel, während Donohue bereits zur Tür des Gebäudes schlenderte. Reporter überschütteten ihn mit Fragen.
    »Doktor Donohue, was halten Sie von den vielen FBI-Agenten, die die Presse zu Ihnen geführt haben?«
    »Doktor Donohue! Ein Wort zur Malaria reading, bitte!«
    »He, Mike! Bringst du die Leute um, weil’s dir Spaß macht?«
    Nicht einmal die letzte Frage brachte das leicht verächtliche Lächeln aus Donohues Gesicht zum Verschwinden, während der Parkplatzwächter die Augen aufriß. Donohue betrat gleichmütig das Gebäude und wartete auf den Aufzug; er benahm sich, als wäre er völlig allein. Und doch merkte Cavanaugh, daß er sich des Aufsehens, das er erregte, sehr wohl bewußt war. Fetzen aus dem Quantico-Profil gingen ihm durch den Kopf: »… Er sieht sich als machtvolle Figur im Hintergrund, die ganze Bürokratien – wie etwa das FBI – dazu bringt, das zu tun, was sie will …«
    Zweiundzwanzig Menschen drängten sich in den Aufzug. Auf einem Schild im Innern stand: MAXIMALE BELASTUNG: 16 PERSONEN. Die Reporter fuhren mit ihrem fruchtlosen Gequassel fort, während der Aufzug ächzend in die vierte Etage kletterte, deren Beschreibung sich neben dem entsprechenden Druckknopf befand:
     
    SELENE-MODEN, GESCHÄFTSFÜHRUNG
     
    AUKTIONSHAUS CATHAY
     
    JENSEN & JENSEN, RECHTSANWÄLTE
     
    Cavanaugh nahm an, daß Donohue sein Anwaltsteam ausweiten wollte, aber damit lag er falsch. Die lärmende Prozession wurde von einem höflichen Türsteher vor dem Auktionshaus Cathay gestoppt.
    »Haben Sie eine Platznummer, Sir? Madam?«
    Niemand hatte eine Platznummer, die man, wie sich herausstellte, im vorhinein reservieren lassen mußte. Aber Cavanaugh hatte seinen FBI-Ausweis. Er war der einzige, dem es gestattet wurde, Donohue durch die Tür zu folgen.
    Cavanaugh war noch nie zuvor bei einer Auktion gewesen. Er blätterte den Katalog voll chinesischer und tibetanischer Antiquitäten durch, immer ein Auge auf Donohue gerichtet, der zwei Reihen vor ihm saß, einen Arm lässig über die Lehne des freien Nachbarsitzes gelegt. Nur ein Dutzend Personen saß auf den Samtstühlen. Es war sehr ruhig im Saal.
    Ein aus Jade geschnitzter Kranich aus der Sung-Periode, der die charakteristischen …
    »Ich darf Sie im Auktionshaus Cathay herzlichst begrüßen«, verkündete eine blendend aussehende Dame vom Podium herab. »Bitte denken Sie daran, daß das Rauchen nicht gestattet ist.« Sie ging die Regeln für die Versteigerung durch und stellte den

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