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Motiv Angst

Motiv Angst

Titel: Motiv Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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dagegen warf. Jan zog seine Hand zurück, machte einen Schritt zur Seite und stand im nächsten Moment Victor gegenüber.
    Mir war völlig klar, dass meine Eltern die ganze Sache nur noch verschlimmern würden. Also habe ich denen nichts davon erzählt. Selbst als ich einmal mit einem Veilchen aus der Schule nach Hause gekommen bin, habe ich sie angelogen und ihnen verschwiegen, dass ich mal wieder Dresche von denen bekommen hatte. Ich habe dann einfach den Spieß umgedreht, weil ich herausgefunden hatte, dass einer der Typen (der Anführer) einen richtig fiesen und brutalen Stiefvater hatte. Dann habe ich zu dem Jungen gesagt: „Wenn du mich noch einmal anrührst, dann erzähle ich allen, was dein Vater für ´n fieser Typ ist.“ Und das hat tatsächlich geklappt
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    Manuel, 13 Jahre alt, Realschüler
    Mobbing kommt in allen gesellschaftlichen Schichten vor. Das Thema betrifft Deutsche und Zugewanderte in gleicher Weise. Die Formen sind unterschiedlich, manchmal subtil, aber immer folgenschwer
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    Johannes Böhnke, Referent für Erziehungsberatung im Diözesan-Caritasverband Köln

V ICTORS G EHEIMNIS
    â€žWas ... was ... willst DU denn hier?“ Jan hatte Victor noch nie stottern gehört. Und so gesehen hatte er ihn auch noch niemals zuvor. Victor hatte ein blaues Auge, seine linke Gesichtshälfte war so heftig angeschwollen, dass man meinen konnte, jemand hätte mit einem Knüppel darauf geschlagen. Seine Oberlippe war aufgesprungen und eine hässliche braune Kruste hatte sich auf dem Riss gebildet.
    Und so idiotisch, wie es ihm auch vorkam, plötzlich empfand er Mitleid mit Victor. Was für ein Schwein hatte ihm das angetan? Jan hatte das Gefühl, als bestünden seine Beine nur noch aus Wackelpudding. Dennoch wagte er einen vorsichtigen Schritt zur Seite. Das Eigenartige war, dass Victor aus irgendeinem Grund ebenfalls einen Schritt zur Seite und nicht, wie Jan befürchtet hatte, auf ihn zu machte. Jan machte einen Schritt zur Tür und Victor einen davon weg. Dabei ließ er Jan nicht eine Sekunde aus den Augen – vielmehr aus dem Auge, denn das linke war so zugeschwollen, dass er damit bestimmt nichts sehen konnte. Mit dem nächsten Schritt riss Jan die Haustür auf, sprang ins Freie und war aus dem Treppenhaus verschwunden. Victor allerdings auch. Jan traute seinen Ohren kaum. „Warte!“, hörte er Victor hinter sich rufen. Er hatte die Verfolgung aufgenommen. Für Jan ging es um Leben und Tod. An sein Fahrrad verschwendete er nicht einen Gedanken, er rannte um sein Leben. Zumindest versuchte er es, aber seine Beine bestanden noch immer aus Wackelpudding. „Warte!“, brüllte Victor wieder und wieder, nicht mehr weit hinter Jan. Verbissen versuchte Jan schnell vorwärtszukommen, aber seine Beine wollten ihm einfach nicht gehorchen.
    Am Ende hörte er nicht nur Victors Rufen gleich hinter sich, sondern auch seinen Atem. Und dann war es vorbei. Das ist mein Ende, konnte Jan gerade noch denken, bevor Victor seinen Arm packte und ihn umklammert hielt. Jan versuchte verzweifelt sich loszureißen, aber Victor war zu stark. Doch kampflos wollte Jan sich nicht ergeben, er versuchte zu treten und schlug einige Male kräftig zu, ohne zu sehen, ob es Victor etwas ausmachte.
    â€žHey, hört auf mit dem Scheiß!“, brüllte plötzlich eine der rauchenden Mütter vom Spielplatz zu den beiden Jungen herüber. Victor war für einen kurzen Moment abgelenkt und ließ Jans Arm los. Doch anstatt die Chance zu nutzen, passierte etwas Eigenartiges, eine Art Explosion in Jan. Er blieb stehen und drehte sich zu Victor um. Sein Gesicht sah im hellen Tageslicht noch schrecklicher aus.
    â€žWar das dein Vater?“ Jans Stimme zitterte leicht, aber er hielt seinen Blick stur auf Victors zerschlagenes Gesicht gerichtet.
    â€žWoher ... woher ...“ Jan konnte es nicht fassen, Victor stotterte schon wieder. Und überhaupt sah er plötzlich gar nicht mehr aus wie einer, in dessen Hosentasche sich eine Prügelliste befand. Mal abgesehen von seinem Breigesicht. „Ich habe neulich bei dir angerufen und dabei deinen Vater ... also ich vermute, dass es dein Vater war, am Telefon gehört.“ „Ach ...“ Am Ende der Straße entdeckte Jan ein paar Typen aus Victors Gang und starrte erschrocken in ihre Richtung. Mit Victor – so lädiert wie der war – konnte er es noch aufnehmen,

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