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Motiv Angst

Motiv Angst

Titel: Motiv Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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eingehen. Warum auch? Dann würde Herr Böker das Ganze wieder zu ihrem persönlichen Problem machen – und das war es ganz gewiss nicht. Dieses Thema ging alle etwas an.
    â€žWeil ich als Lehrerin vor die Hunde gehe, wenn das die nächsten Jahre so weitergeht, Herr Böker. Und das will und kann ich nicht zulassen. Der Alltag an den Schulen wird immer rauer und härter und meiner Meinung nach wird es immer wichtiger, rasch und angemessen zu reagieren. Und deshalb sollten wir uns entsprechend weiterbilden – für unsere Schüler, aber auch für uns als Lehrer. Ich will nicht länger die Augen zumachen und so tun, als ob ich nichts bemerken würde. Aber dann muss mir bitte auch einer beibringen, wie ich angemessen reagieren kann und soll!“
    Sie hatte sich richtig in Fahrt geredet und musste regelrecht nach Luft schnappen. Aber gleichzeitig fühlte sie sich unglaublich befreit. Endlich hatte sie das ausgesprochen, was sie schon seit Monaten wie eine Zentnerlast mit sich herumschleppte. Herr Böker nahm wieder die Broschüre in die Hände, ohne jedoch einen Blick darauf zu werfen, stattdessen schaute er Frau Bender an und nickte ihr zu.
    â€žSie haben Recht, liebe Kollegin, Sie haben Recht. Es wird Zeit, dass wir etwas tun.“
    Man muss schon genau hinschauen, um zu begreifen, warum so viele Lehrer wegschauen. Die sind diesen Kindern einfach nicht gewachsen. Grundsätzlich ist es so, dass in der Lehrer-ausbildung keine Instrumentarien vermittelt werden, die sie in die Lage versetzten, bei Gewalttaten und insbesondere Mobbing handlungsfähig zu werden
.
    Es obliegt also dem persönlichen Geschick, der Feinfühligkeit oder dem persönlichen Interesse der Lehrkraft, sich hier weiterzubilden. Dazu nötig ist die persönliche Bereitschaft und das Engagement. Es hat also sehr viel mit der Persönlichkeit des Lehrers zu tun, ob überhaupt etwas bewirkt werden kann. Das Klassenverhalten ist ein Spiegel des Lehrerverhaltens und daran kann sie/er gemessen werden. Das darf man bei diesem Thema auch absolut nicht unbeachtet lassen. Schüler bringen von Haus aus immer weniger soziale Kompetenz mit. Sie sind in der Selbstfindung und müssen sich durch Abgrenzung und Einordnung in einer Rangfolge definieren. Das ist naturgegeben und völlig normal. Nicht normal sind die Mittel, die oft gewählt werden. Die sind stark geprägt von Erfahrungen aus dem Elternhaus und aus den Medien. Würdevoller, respektvoller Umgang miteinander ist ein Lernziel und da sind nicht nur die LehrerInnen gefordert
.
    Rektorin an einer Grundschule

E RLEICHTERT
    Am nächsten Morgen verschlief Jan. Seine Mutter hatte den Wecker nicht gehört und sein Vater war am Abend zuvor doch noch nicht von seiner Geschäftsreise zurückgekehrt. Jule war stinksauer, sie hasste es, zu spät zu kommen.
    â€žWarum hast du denn den Wecker nicht gehört?“, schnauzte sie ihre Mutter gerade an, als Jan in die Küche gehetzt kam.
    Die versuchte sich zu verteidigen.
    â€žIch habe die ganze Nacht kein Auge zugemacht, weil ...“, aber Jule fiel ihr barsch ins Wort. „Wenn du den Wecker nicht gehört hast, kannst du wohl kaum behaupten, dass du die ganze Nacht kein Auge zugetan hast.“ Jule war richtig in Fahrt.
    â€žMir kam es aber so vor, okay?“, entgegnete sie ärgerlich.
    Sie nahm das Telefon in die Hand und versuchte in der Schule anzurufen.
    â€žWas hast du vor?“ Jans Mutter überhörte den frechen Tonfall in Jules Stimme und antwortete: „Ich rufe in der Schule an und sage dort Bescheid, dass ihr später kommt.“
    â€žNicht nötig, Mama“, mischte sich Jan ein. „Ich schaffe das noch.“ Er gab ihr einen schnellen Kuss auf die Wange, schnappte seine Schultasche, sagte zu Jule: „Sei nicht immer so frech zu Mama“, zwinkerte ihr zu und rannte zur Haustür hinaus.
    â€žAber ... du hast doch noch nicht gefrühstückt“, rief ihm seine Mutter völlig verdattert hinterher. Doch das hörte Jan schon nicht mehr. Er lief den ganzen Weg zur Schule und war ziemlich außer Atem und schweißnass, als er das graue Gebäude erreicht hatte. Trotzdem fühlte er sich so gut und frei wie seit Langem nicht mehr. Jan überquerte im Laufschritt den Schulhof und die Aula und hetzte dann den Gang, der zu seinem Klassenzimmer führte, entlang. Vor der Tür blieb er einen Moment stehen und versuchte seinen

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