Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mottentanz

Mottentanz

Titel: Mottentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Weingarten
Vom Netzwerk:
das wahre Leben nicht nur schwer und schrecklich, sondern auch wunderbar ist. Offenbar bin ich die Ahnungslose gewesen. Aber jetzt begreife ich allmählich, und zwar wegen dieses verrückten Wunders, das ich kaum verstehen kann.
    Eine Minute vergeht, dann noch eine. Und ich starre gespannt auf die Tür. Mein Magen krampft sich zusammen, und mir wird etwas klar, das so albern ist, dass ich laut auflachen
muss. Ich vermisse ihn. Sean ist seit gerade mal vier Minuten im Rasthof und ich vermisse ihn. Ich lache wieder. Ich werde ihm das sagen, wenn er wiederkommt. Er wird es großartig finden und ebenfalls lachen!
    Und dann fahren wir nach Big Sur, wo ich womöglich, nein, sicherlich die Spur finden werde, die mich zu Nina führt. Und dann wird mein Leben perfekt sein. Absolut vollendet.
    Ich beobachte die Tür. Vier Typen mit McDonalds-Tüten kommen heraus. Die Frau mit dem schreienden Kind verlässt den Rasthof mit einem mit Ketchup beschmierten T-Shirt und einem Stapel Servietten. Und dann kommt Sean durch die Tür; er ist so schön, so unglaublich schön. Ich weiß noch, wie ich ihn im Mothership zum ersten Mal sah. Hätte mir damals jemand gesagt, was er mir nur vier Tage später bedeuten würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Wie hätte ich mir das vorstellen sollen? Wie es auch nur ansatzweise begreifen?
    Als er näher kommt, fängt mein Herz wie wild an zu klopfen. Ich lächle voller Vorfreude auf den Moment, in dem er die Tür öffnet und ich ihn wieder berühren darf. Er ist jetzt so nah am Auto, dass ich sein Gesicht deutlich erkennen kann. Er starrt auf das Autofenster, auf mich. Aber er lächelt nicht. Er hat einen merkwürdigen Gesichtsausdruck, den ich nicht einordnen kann.
    Er läuft an der Fahrerseite vorbei vorne um das Auto herum. Ich kurbele das Fenster herunter. »Hey, was ist los?« Mein Herz hämmert. Hat er seinen Geldbeutel verloren? Er antwortet nicht und geht bis zur Beifahrertür. Ich strecke die Hand aus und lege sie auf seinen Arm. »Ist alles okay?«

    Sean sagt nichts. Er nimmt sanft meine Hand und legt sie wieder ins Auto. Er öffnet die Tür, macht meinen Gurt los und nimmt mich fest in den Arm. Seine Haut riecht warm. »Oh Ellie«, sagt er. Er lehnt sich zurück. Nimmt meine Hände in seine. Dann hebt er meine rechte Hand an seinen Mund und küsst sie. Danach meine linke Hand. Er sieht aus, als würde er gleich weinen. Mein Herz hämmert jetzt wie wild. Das Adrenalin rast durch meinen Körper.
    »Ellie«, sagt Sean. »Ich muss dir etwas sagen.«
    Ich schaue zu ihm hoch. »Okay?« Ein schrecklicher Gedanke durchzuckt mich. Er hat eine Freundin. Oh Gott, Amanda hatte recht. Ich beginne, mich wegzudrehen. »Ellie, bitte schau mich an«, sagt er. »Bitte.« Ich starre in seine Augen.
    »Meine Familie kennt einen Privatdetektiv. Mein Vater hat ihn vor Jahren mal engagiert, wegen einer Sache mit seiner Firma.« Er macht eine Pause. Holt tief Luft. »Der Typ ist einsame Spitze. Er war früher beim FBI und hat überall Kontakte. Er kann jeden Menschen finden, der sich auf diesem Planeten aufhält.«
    »Äh …«
    »Als ich dich kennenlernte und erfuhr, dass Nina verschwunden ist, dachte ich, vielleicht kann ich dir ja dabei helfen, sie zu finden. Ich habe den Typen angerufen, als wir auf dem Weg nach Nebraska zum ersten Mal angehalten haben.«
    Ich nicke.
    »Ich wollte dir keine falschen Hoffnungen machen, weil ich nicht wusste, ob der Typ was herausfinden würde, deshalb habe ich bisher nichts davon gesagt.«

    Ich nicke wieder.
    »Jedenfalls, gestern bei dem Konzert, als du mit dem Typen getanzt hast, bin ich nach draußen und habe ihn angerufen.« Es sieht aus, als liefen Seans Augen gleich über. »Er hatte ein paar Informationen für mich.«
    Mein Herz hämmert und hämmert so laut, dass ich Sean kaum noch hören kann.
    »Als ich heute Morgen sagte, wir sollten vielleicht aufhören, nach ihr zu suchen, wollte ich…« Seans Stimme bricht. »Es war, weil ich mit ihm gesprochen hatte und die Sachen, die er wusste, nicht gut klangen.«
    »Hat er sie gefunden?«, höre ich meine Stimme fragen. Ich klinge so leise, als sei ich ganz weit weg von mir. »Ja?«
    »Ellie«, sagt er. Er schaut zu Boden. Dann wieder zu mir. Er öffnet den Mund, seine Lippen bewegen sich. Aber merkwürdigerweise höre ich nichts. Es ist, als sei die Welt auf einmal stumm geworden. Er bewegt seine Hände. Er nickt. Aber ich höre nur das Schlagen meines eigenen Herzens, als spiele jemand in mir Schlagzeug. Es

Weitere Kostenlose Bücher