Mount Dragon - Labor des Todes
die Öffentlichkeit ihn von selbst durchschaut, aber das ist leider bisher noch nicht eingetreten. Bloß weil er Professor in Harvard ist, genießt er eine Glaubwürdigkeit, die durch nichts gerechtfertigt ist.« Scopes schüttelte den Kopf. »Ich kenne Dr. Levine nun schon über zwanzig Jahre und war früher sogar mit ihm befreundet. Es tut mir aufrichtig weh, wenn ich mit ansehen muß, was aus ihm geworden ist. Da erzählt er überall diese rührende Geschichte von seinem Vater, und dann stellt sich heraus, daß der Mann in Wirklichkeit ein SS-Offizier war. Gut, ich werfe es niemandem vor, wenn er das Andenken seines Vaters verteidigt, aber warum mußte Levine mit einer so plumpen Lüge hausieren gehen? Das zeigt doch überdeutlich, daß er es mit der Wahrheit alles andere als genau nimmt, solange es ihm zum Vorteil gereicht. Und es zeigt darüber hinaus, daß man genau überprüfen muß, was er sagt. Die Presse hat das bisher leider nicht getan. Bis auf den Globe natürlich, dank Ihrer kritischen Einstellung.«
»Wir veröffentlichen nie etwas, ohne vorher gewissenhaft die Fakten nachrecherchiert zu haben.«
»Das weiß ich, und ich schätze es sehr. Das dürften auch viele andere Leute in Boston tun, zumal GeneDyne einer der größten Arbeitgeber im Staat ist.«
Bannister legte den Kopf ein wenig schief und hörte weiter zu. »Wie dem auch sei, Edwin, ich kann nicht einfach tatenlos dasitzen und diese unsäglichen Angriffe über mich ergehen lassen. Aber wenn ich mich wehren will, brauche ich Ihre Hilfe.«
»Aber Brent, Sie wissen doch genau, daß ich Ihnen nicht helfen kann«, protestierte Bannister.
»Natürlich weiß ich das«, sagte Scopes mit einer abwehrenden Handbewegung. »Trotzdem würde ich Ihnen gerne schildern, in was für einer Situation ich mich befinde. Wir arbeiten in unserem Labor in Mount Dragon an einem streng geheimen Projekt, das nicht deshalb geheim ist, weil es sich dabei um ein besonders gefährliches Experiment handelt, sondern weil wir befürchten müssen, daß die Konkurrenz uns ausspioniert. In unserer Branche gewinnt nur der, der etwas als erster auf den Markt bringt, alle anderen gehen leer aus und müssen auch noch horrende Kosten für Forschung und Entwicklung in den Wind schreiben. Aber das ist Ihnen ja längst bekannt.« Bannister nickte. »Edwin, Sie sind ein Mensch, auf dessen Meinung ich großen Wert lege. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, daß wir in Mount Dragon keine Experimente machen, die in puncto Gefährlichkeit über das übliche Maß hinausgehen. Wir betreiben dort ein Labor der Sicherheitsstufe fünf und müssen uns, was die Sicherheit unserer Anlagen angeht, vor keiner anderen Pharmafirma auf der ganzen Welt verstecken. Das kann ich Ihnen sogar schwarz auf weiß geben. Bitte, überzeugen Sie sich selbst.« Er holte einen Schnellhefter aus seiner Aktentasche und legte ihn vor Bannister auf den Tisch.
»In diesem Hefter sind sämtliche Sicherheitsberichte der Firma GeneDyne. Normalerweise sind das vertrauliche Informationen, die strengstens unter Verschluß gehalten werden, aber ich möchte trotzdem, daß Sie sie einsehen können. Sie müssen mir nur versprechen, niemandem zu sagen, daß Sie sie von mir bekommen haben.«
Bannister warf einen Blick auf die Dokumente, ohne sie zu berühren. »Danke, Brent. Aber nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich nach wie vor glaube, daß Sie in Mount Dragon mit gefährlichen Viren arbeiten. Dr. Levine behauptet sogar...«
»Ich weiß«, kicherte Scopes. »Es geht um das Weltuntergangsvirus.« Er beugte sich vertraulich vor. »Genau aus diesem Grund habe ich Sie ja hierhergebeten. Würden Sie gerne wissen, worum es sich bei diesem angeblich so grauenvollen und über alle Maßen gefährlichen Virus handelt, von dem Dr. Levine behauptet, es könne die gesamte Menschheit ausrotten?« Bannister nickte. Nur durch jahrelange Berufserfahrung gelang es ihm, seine Neugier zu verbergen.
Scopes blickte ihn mit einem verschmitzten Grinsen an. »Aber das bleibt unter uns, Edwin, ist das klar?«
»Ich würde doch lieber erst wissen...«, fing Bannister an. Scopes beugte sich abermals vor und schaltete den Kassettenrecorder ab. »Es gibt eine japanische Firma, die gerade an einem ähnlichen Projekt arbeitet. Bei den Erregern, um die es sich hier dreht, ist sie uns sogar eine Nasenlänge voraus. Wenn die ihre Strukturen vor uns entschlüsseln, dann haben wir verloren. Wie ich schon sagte: In dieser Branche kann es nur einen Sieger geben,
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