Mount Dragon - Labor des Todes
Edwin. Wir sprechen hier von einem Markt mit einem jährlichen Volumen von fünfzehn Milliarden Dollar, und ich würde es nur äußerst ungern sehen, wenn die Japaner unser Außenhandelsdefizit um diese Summe erhöhen würden. Außerdem möchte ich nicht GeneDyne in Boston dichtmachen müssen, nur weil Edwin Bannister vom Globe der Öffentlichkeit zu früh mitgeteilt hat, an welchen Viren wir gerade arbeiten.«
»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Bannister und schluckte. Manchmal mußte man eben etwas für sich behalten können. »Gut«, sagte Scopes. »Das Virus heißt Influenza.«
»Wie bitte?«
Scopes' Grinsen wurde breiter. »Sie haben richtig gehört. Wir arbeiten an Grippeviren. Und das sind die einzigen Viren, mit denen wir uns in Mount Dragon momentan beschäftigen. Levines sogenanntes Weltuntergangsvirus ist ein ganz banales Grippevirus, sonst nichts.« Scopes lehnte sich in seinen Sessel zurück und sah den Journalisten triumphierend an. Bannister spürte, wie ihm seine Geschichte zwischen den Fingern zerrann und in ihm ein verzweifeltes Gefühl der Leere hinterließ. »Das ist alles? Simple Grippeviren?«
»Richtig. Darauf gebe ich Ihnen mein feierliches Ehrenwort. Schließlich möchte ich, daß Sie mit gutem Gewissen schreiben können, mit was für Viren GeneDyne in Wirklichkeit experimentiert.«
»Aber warum forschen Sie ausgerechnet an Grippeviren?«
»Liegt das denn nicht auf der Hand?« fragte Scopes erstaunt. »Grippebedingte Arbeitsausfälle kosten die Wirtschaft Jahr für Jahr Unsummen. Da lohnt es sich, einen Impfstoff zu entwickeln, der die Grippe für immer besiegen wird. Er ist nicht zu vergleichen mit dem Zeug, das man jährlich gespritzt bekommt und das in der Hälfte der Fälle sowieso nicht hilft. Nach unserer Impfung wäre man für immer gegen Grippe immun.«
»Mein Gott, das wäre ja phantastisch«, sagte Bannister. »Denken Sie nur, wie es sich auf unsere Aktienkurse auswirken würde, wenn wir Erfolg hätten. Unsere Aktionäre würden reich werden, besonders wenn man bedenkt, wie die Kurse dank unseres Freundes Levine in letzter Zeit gesunken sind. Vielleicht nicht über Nacht, aber bestimmt in ein paar Monaten, wenn wir die Entdeckung verkünden und mit den klinischen Tests beginnen, könnte man mit GeneDyne-Aktien viel Geld machen.« Scopes lächelte verschwörerisch und senkte die Stimme, bis sie kaum mehr als ein Flüstern war. »Und wir werden es schaffen, verlassen Sie sich drauf.« Dann griff er nach dem Kassettenrecorder und stellte ihn wieder an.
Bannister sagte nichts. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich die Zahl fünfzehn Milliarden vorzustellen. »Wir werden in allernächster Zukunft massive rechtliche Schritte gegen Dr. Levine und seine verleumderischen Behauptungen unternehmen«, fuhr Scopes fort. »Ihre Zeitung hat bisher stets fair über unsere Klagen gegen Dr. Levine und die Harvard-Universität berichtet, und deshalb will ich Ihnen ein paar Neuigkeiten verraten. Die Universität hat Levines Stiftung die finanzielle Unterstützung gestrichen. Noch scheut man sich, es öffentlich zu verkünden, aber lange wird es sich wohl nicht mehr verheimlichen lassen. Ich dachte, Sie würden es gerne vor allen anderen wissen. Sobald dieser Schritt publik wird, werden wir natürlich die Klage gegen Harvard sofort fallenlassen.«
»Ich verstehe«, sagte Bannister und dachte angestrengt nach. Vielleicht läßt sich aus dieser Unterredung ja doch noch eine passable Story machen.
»An der Fakultät berät man gegenwärtig, ob man Dr. Levine nicht obendrein die Professur entziehen sollte. In den Verträgen der Universität gibt es nämlich eine Klausel, die besagt, daß einem der Lehrauftrag wegen >moralischer Verwerflichkeit aberkannt werden kann.« Scopes lachte leise. »Dieser Passus stammt sicher aus dem vorigen Jahrhundert, aber Levine wird er den Garaus machen, das verspreche ich Ihnen.«
»Verstehe.«
»Wir wissen zwar nicht, wie er es gemacht hat, aber ein paar Körnchen Wahrheit in seinen ansonsten vollkommen aus der Luft gegriffenen Anschuldigungen deuten daraufhin, daß sich Levine auf illegale und mit seinem Berufsethos nicht zu vereinbarende Art und Weise vertrauliche Informationen über GeneDyne beschafft hat.« Scopes legte Bannister einen weiteren Schnellhefter hin. »Darin finden Sie alle uns bekannten Einzelheiten dazu, und ich bin mir sicher, daß Sie mit ein paar Recherchen Ihrerseits noch viel mehr aufdecken könnten. Auch hier gilt übrigens,
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